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Petrusamt und Familie

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Die Weltsynode der Bischöfe gab Gelegenheit zu Begegnungen nicht nur der Bischöfe untereinander. Am Rande der Versammlung fanden Symposien und Vorträge zu kirchlichen, theologischen und erzieherischen Fragen von heute statt. So kam die Katholische Akademie in Bayern, angeführt von Kardinal Josef Ratzinger, nach Rom, um sich an Ort und Stelle über „Wesen und Auftrag des Petrusamtes” Gedanken zu machen. Wenige Tage nach dem 80. Geburtstag Papst Pauls VI. kam diesem Thema besondere Bedeutung zu. Befaßten sich der orthodoxe Metropolit Da- maskinos Papandreou und der reformierte Theologe Jean-Jacques Von Allmen mit der Bedeutung des Petrusamtes aus der Sicht der getrennten christlichen Kirchen und der Möglichkeiten, eine gemeinsame Basis wiederzufinden, so gingen Professor de Vries SJ von der päpstlichen Universität Gregoriana und Professor Giuseppe Alberigo aus Bologna vom kirchengeschichtlichen Bemühen des Papsttums um die Einheit aus, nachdem exegetische Fragen - Petrusamt und Petrusgestalt in der Sicht der Urkirche - von Professor Paul Hoffmann und Dr. Franz Mussner behandelt worden waren.

Die gegenwärtige Diskussion um das Petrusamt, die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil aufgeflammt ist, analysierte Professor Walter Kasper: Die Entwicklung des ersten und des zweiten Jahrtausends, die das Petrusamt als Dienst an der Einheit und der Freiheit im Glauben verstanden haben, könnte ein Weg ins dritte Jahrtausend, ein Weg zu größerer ökumenischer Einheit und christlicher Freiheit sein. Einheit und Freiheit, die, wie Kardinal Ratzinger sagte, durch jene Nachfolger des Apostels Petrus garantiert werden, die ihr Amt als Auftrag des Gehorsams am Worte Gottes auffaßten. Es sei aber auch ein kritisches Überprüfen von Seiten aller christlichen Kirchen erforderlich, gerade deshalb, weil der Neue Bund doch neben das Prinzip der Gemeinschaft auch das Prinzip der persönlichen Verantwortung gestellt habe.

Wenn auch die Geschichte zeigt, wie unterschiedlich das höchste kirchliche Amt verstanden wurde, so besteht doch eine deutliche Kontinuität zwi schen der Gestalt des heutigen Papsttums und der Sonderstellung des Apostels Petrus in der Urkirche. Äuf die große Bedeutung des Petrusamtes weist ja auch das Konzil hin, das den Nachfolger Petri als das „immerwährende sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielfalt von Bischöfen und Gläubigen” definiert. Die nachkonziliare Kirche sieht die Aufgabe des Papsttums vorrangig als Dienst an der Einheit in der Liebe und in der Wahrheit.

Mit einem der Hauptpunkte der synodalen Diskussionen, der Aufgabe der christlichen Familie als Bildungsinstanz, befaßten sich in einer weiteren Vortragsreihe des Instituts für Internationale Zusammenarbeit der Universitäten der Kölner Kardinal Josef Höffner und der Rektor der Universität München, Professor Nikolaus Lobkowicz. Kardinal Höffner betonte vor allem die Bedeutung der Familie in einer Welt, in der laizistische und a- theistische Bewegungen in die Welt der öffentlichen Erziehung Eingang gefunden und die außerfamiliäre religiöse Bildung weitgehend verdrängt haben.

„Unsere Gesellschaft”, sagte Professor Lobkowicz, „krankt an einer moralischen Krise, weil sie seit der Aufklärung und der Französischen Revolution einem leidenschaftlichen Befreiungspathos verfallen ist.” Man müsse sich diesem in eigenartiger Weise gegen alles Traditionelle haßerfüllten Emanzipationsprinzip entgegenstemmen, jene Institutionen wiederentdecken, die ihm entgegenwirken und damit den sittlichen Abbauprozeß unserer Gesellschaft aufhalten. Die Familie stelle eine keiner weiteren Reflexion und Rechtfertigung bedürfende unkünstliche Gemeinschaft dar, die Bildungsgut durch das Zusammensein einander nahestehender Menschen vermittle. Sie präge den Menschen in einem Alter, in dem der Grundstock der menschlichen Interpretation der Erfahrung gelegt werde. Allerdings nur dann, wenn die Eltern sich selbst eine entsprechende Bildung angeeignet haben, die weniger in Detailwissen, als in bestimmten Grundvorstellungen und Grundhaltungen bestehe und spontan und echt gelebt werden müsse.

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