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Phosphorlager und Prinzenlächeln
Auf keinem Gebiete des öffentlichen Lebens hat die moderne Technik größere Wandlungen geschaffen, als in der Diplomatie. War zur Jahrhundertwende der routinemäßige Verkehr zwischen Regierungen noch größtenteils auf Botschafterberichte und endlose Chiffretelegramme eingestellt, begegnen sich heute, im Zeitalter des Flugzeuges und Fernsehens, nicht nur Außenminister, sondern auch Regierungschefs und Staatsoberhäupter immer häufiger zu persönlicher Aussprache. Die interkontinentalen Reisen Nixons und des japanischen Kaisers sind die jüngsten Beispiele dafür.
Diese „Beflügelung“ der diplomatischen Tätigkeit verwirklichte in Spanien der junge Außenminister Lopez Bravo. War sein Vorgänger, Don Fernando Oastiella, eher der Prototyp des gründlichen Professors, der Spaniens Interessen durch völkerrechtliche Debatten zu fördern suchte — wie im Gibraltarkonflikt —, so ist Lopez Bravo ein internationaler Staatsmann, dessen hervorstechender Charakterzug Beweglichkeit und Elastizität ist. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit überraschte er die Welt durch eine Zusammenkunft mit sowjetischen Führern auf dem Moskauer Flugplatz, improvisiert gelegentlich eines Fluges nach den Philippinen. Seither hat er beinahe alle Staaten Südamerikas persönlich besucht, was eine sichtliche Stärkung der gefühlsmäßigen Bindungen innerhalb der hispanischen Welt zur Folge hatte. Kürzlich kehrte nun Lopez Bravo von einer Afrikareise zurück, bei der es ihm gelang, das freundliche Verhältnis zu den Maghreb-Staaten trotz der schwebenden Spannungen zu pflegen. Diese Spannungen beziehen sich hauptsächlich auf den afrikanischen Besitz, Rio de Oro, die spanische Sahara, deren spärlich bevölkerte Wüste große Phosphorlager birgt. Spanien hat dem Kolonialausschuß der Vereinten Nationen eine Volksabstimmung angeboten, was dort auch gebilligt wurde. Seither versuchen die arabischen Nachbarstaaten durch Einschleusen beduinischer Nomadenstämme über die unbewachten Grenzen die zukünftige Volksabstimmung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Lopez Bravos Bemühungen ist es zu danken, daß diese Versuche bisher keine größeren Zusammenstöße zeitigten und die „Sahara-Frage“ vielleicht durch ein Abkommen für gemeinsame Ausbeutung der Phosphorlager ihre Lösung findet.
Die vor einiger Zeit erfolgte Reise des spanischen Prinzenpaares nach Japan wies auf weitere Horizonte. Seit der großen Wendung in der amerikanischen Politik in Bez^g auf Rotchina tritt Japan immer mehr ais eigenwillige Weltmacht in den Vordergrund, deren Gewicht im Kräftespiel Ost-West in die Waage fällt. Die harte Dollar-Regelung hat zwischen Japan und unserem Kontinent eine gewisse Interessengemeinschaft geschaffen, die letzthin durch die Europareise Kaiser Hirohitos veranschaulicht wurde. Spaniens amerikanische Handelsinteressen laufen in manchen Beziehungen parallel mit den japanischen, so in der Bekämpfung der Abschnürungs-maßnahmen durch das neue Zollgesetz. Die Besserung der Beziehungen zu Rußland ist ein weiteres Bestreben, das beiden Regierungen gemeinsam ist.
Die Fernostreise des spanischen Prinzenpaares, Don Juan Carlos und Sofia, war der protokollarische Rahmen für diese neue „Apertura“ der spanischen Außenpolitik. Die kosmopolitische Gewandtheit des jungen Paares waren Gewähr dafür, daß Spaniens Ansehen im Fernen Osten durch diese diplomatischen Begegnungen nur gewinnen kann. Wobei die gastfreundliche Aufnahme des zukünftigen spanischen Königspaares in den maßgebenden Hauptstädten — nach London, Paris, Washington nun Tokio — ihre psychologische Rückwirkung auch auf die spanLche Innenpolitik nicht verfehlt hat.
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