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Schott allein genügt nicht

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Das seit März für die deutschsprachigen Bistümer vorgeschriebene Römische Missale sowie die darauf beruhenden deutschen Ausgaben — wie Schott u. a. — haben längst Eingang'gefunden, nach anfänglichem Widerstand ist hier eine Periode der Ruhe eingetreten. Vielleicht hat dazu ebenfalls der Umstand beigetragen, daß der Papst in einem Handschreiben an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz anläßlich der Überreichung des deutschen Meßbuches lobend hervorhebt, „mit welcher Gründlichkeit, aber auch Sachkenntnis berufene Kräfte sich ihrer verantwortungsvollen Aufgabe gewidmet haben“. Das besagt aber keineswegs, daß man zur praktischen Verwendung keine Hinführung oder Handreichung braucht, noch auch, daß diese deutsche Ausgabe keine Kritik zuließe. Gerade dieses Gebetsbuch verlangt besonders von den Priestern und ihren Liturgieräten, die mit der Vorbereitung der Eucharistiefeier betreut sind, eine intensive Einübung, die übrigens schon in der von Rom veröffentlichten „Allgemeinen Einführung in das Meßbuch“ (AEM) zur Verfügung steht; ferner sind die bereits vorhandenen und noch folgenden Werkbücher eine unentbehrliche Hilfe, vor allem aber gilt dies für das grundlegende Werk von Emil Joseph Lengeling, „Die neue Ordnung der Eucharistiefeier“, das sich in letzter Zeit als ausgezeichnete Hinführung bewährt hat. Dieses Werk stammt aus dem Jahre 1970 und hat seitdem vier Ausgaben erlebt.

Inzwischen aber haben zwei führende katholische Verlage gemeinsam das Buch „Gemeinde im Herrenmahl“ herausgebracht, wo mehr als 40 anerkannte Liturgiker des deutschen Sprachraums (sechs aus Österreich) zu Grundsatzfragen und den wichtigsten Einzelaspekten der Liturgiegestaltung Stellung nehmen und gelegentlich auch Kritik üben, obwohl einige von ihnen an der Reform der Liturgie bzw. ihrer deutschen Formgebung beteiligt waren.

Dieses Sammelwerk, dessen zweite Auflage in Vorbereitung ist, kann nur wärmstens empfohlen werden. Es besticht durch die Ausarbeitung eines vorher genauestens konzipierten und allumfassenden Planes, nach welchem die liturgische Feier in ihrem ganzen Anfbau und nach geschichtlichen und liturgiepastoralen Gesichtspunkten analysiert und so einleuchtend erklärt wird, daß niemand, der die Liturgie vorzubereiten hat, auf diesen Kommentar verzichten sollte. Selten ist mir eine so themengerechte, durchkomponierte und auch durchgehaltene Festschrift untergekommen. Sie nimmt auch zu heiklen Fragen Stellung, etwa zur Tatsache, daß das sogenannte Missale Romanum Tridentinum außer Kraft gesetzt wurde, tut dies aber in sachlicher, verständnisvoller und ausgewogener Weise.

Hier kann nur auf einige Themenkreise und wichtigere Einzelprobleme hingewiesen werden, etwa die wertvollen Erörterungen Bischof H. Aufderbecks über die Gestaltung des priesterlosen Gottesdienstes, welche Lösung nicht nur in der DDR gang und gäbe ist, sondern infolge des Priestermangels ebenso-im Westen an Aktualität zunehmen wird. Auch die Kindermesse, welcher die kirchliche Obrigkeit in den letzten Jahren erhöhte Aufmerksamkeit widmet, kommt ausführlich zur Sprache.

Mehrere Beiträge befassen sich mit dem Hochgebet und folgen dem Grundsatz: Es ist ein Irrweg, wenn das Sprechen von wesentlichen Teilen oder des ganzen Eucharistiegebetes der Gemeinde zusammen mit dem Priester zugewiesen wird. Über die bekannte Doxologie „per ipsum, et cum ipso, et in ipso“ konnte der Großmeister der Liturgiereform, J. A. Jungmann, noch kurz vor seinem Tod die besonders einleuchtenden Erklärungen als seine letzte literarische Arbeit beisteuern. Übrigens haben die Herausgeber auch Jungmanns ersten Entwurf zur Neugestaltung der Liturgie aus dem Jahre 1949 (!) hier zum erstenmal veröffentlicht.

Was die liturgischen Realien betrifft, seien zwei Beiträge erwähnt. J. H. Emminghaus (Wien) gelangt in seinen Darlegungen über das Kirchengebäude zu dem Schluß, daß wir von einer neuen Stilsicherheit in der Dispositon des Kirchenraums weit entfernt sind. Besondere Aufmerksamkeit verdient Fr. Merkels Beitrag über Evangelische Reflexe auf die Neue Ordnung der Eucharistiefeier, aus dem hervorgeht, daß diese Neuordnung für die evangelische Reformbewegung kaum von Bedeutung ist, wohl aber von dieser Seite die wichtigsten Momente innerhalb der katholischen Entwicklung voll anerkannt werden. Somit wäre hier ein ökumenischer Konsens erreicht, der für die Art und den “An der' innerkatholischen Auseinandersetzung richtungsweisend sein möge.

GEMEINDE IM HERRENMAHL. Zur Praxis der Meßfeier. Herausgegeben von Theodor M aasl-Ew er d und Klemens Richter, Benziger, Einsiedeln-Zürich und Herder, Freiburg-Wien, 399 Seiten, öS 338.80.

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