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Schranken gegen Investoren

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Internationale Investoren hat die Kaufwut gepackt. Die Aufkäufer aus Übersee treffen aber in Europa auf nationale Schutzkonstruktionen, die hemmungsloses „Fressen“ verhindern.

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Internationale Investoren hat die Kaufwut gepackt. Die Aufkäufer aus Übersee treffen aber in Europa auf nationale Schutzkonstruktionen, die hemmungsloses „Fressen“ verhindern.

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Fusionen und Übernahmen, also der Handel mit Unternehmensteilen oder auch ganzen Konzernen, beherrschen in letzter Zeit die Wirtschaftsspalten der Medien. Ausgehend von Staaten mit traditionell starken und liberalen Aktienmärkten, wie die USA und Großbritannien, griff die Fusions-, Übernahme- und Beteiligungswelle (wenn auch nicht in diesem dramatischen Ausmaß) auch auf Kontinentaleuropa und Skandinavien über. Auf der Suche nach gewinnträchtigen Veranlagungen stoßen jedoch die internationalen Investoren in Europa auf gewisse Schranken. Denn in zahlreichen europäi-

sehen Ländern existieren, trotz beginnender Liberalisierungsmaßnahmen, zum Teil noch recht massive protektionistische Regelungen gegenüber ausländischen Investoren. (FURCHE 33/1989).

In den skandinavischen Ländern findet man gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsobergrenzen, die den-Besitz von Aktien an heimischen Gesellschaften seitens ausländischer Aktionäre beschränken. Darüber hinaus existiert eine Aktiengattung, die den Erwerb durch Ausländer ausschließt. Spezielle Eigentumskonstruktionen beziehungsweise Aktienstrukturen bilden protektionistische Interessens-verbände und schützen so heimische Unternehmen vor ausländischer Kontrolle und unerwünschten Übernahmen.

Protektionistische Regelungen am Aktienmarkt sind jedoch auch in anderen europäischen Ländern vorzufinden - so zum Beispiel die Prioritätsaktien in den Niederlanden, die von einer Stiftung gehalten werden und ihren Inhabern erweiterte Befugnisse bieten, und die Stimmrechtsaktien in der Schweiz, wobei sich das Stimmrecht nach der Anzahl der Aktien und nicht nach dem Nominalwert bemißt und dadurch Namensaktien (diese haben ein geringeres Nominale und können nur von Schweizern erworben werden) mit einem überproportionalen Stimmrecht ausgestattet sind.

Die Investitionsbarrieren sind jedoch - zumindest in den skandinavischen Ländern - im Abbau begriffen: Beteiligungsobergrenzen werden schrittweise erhöht, es gibt zahlreiche Sondergenehmigungen und so weiter. Auch aktive Maßnahmen, wie die Schaffung von Aktienmärkten für kleinere und mittlere Unternehmen, tragen zur Belebung der heimischen Aktienmärkte in- und außerhalb der Börsen bei (auf den Hauptmärkten der Börsen sind nur größere Unternehmen mit entsprechender Kapitalausstattung - die Regelungen sind von Land zu Land unterschiedlich - zugelassen).

Der internationale Aktienboom hat seit 1985 auch allmählich auf die Wiener Börse übergegriffen. Allerdings setzt eine Belebung des österreichischen Aktienmarktes voraus, daß die vorwiegend im festen Besitz von Banken und Familien befindlichen österreichischen

Aktiengesellschaften dem Publikum die Möglichkeit einräumen, größere Teile ihres Gesellschaftskapitals zu erwerben. Dies bringt, da Österreich keinen traditionell protektionistischen Aktienmarkt besitzt, die Gefahr mit sich, daß immer mehr österreichische Unternehmen vom Ausland beherrscht und außerdem - wie in England und den USA bereits an der Tagesordnung - Übernahmen in Zukunft auch gegen den Willen der Gesellschaft ermöglicht werden („merger mania“ auf österreichisch). Dabei müßten bereits bestehende satzungsmäßige Möglichkeiten (wie zum Beispiel stimmrechtslose Vorzugsaktien und so weiter) genützt beziehungsweise neue Instrumente geschaffen werden. Gleichzeitig soll jedoch der Aktienmarkt zwecks Anregung der Eigenkapitalfinanzierung (die österreichischen Unternehmen finanzieren vorwiegend mit Fremdkapital) aktiviert werden. Maßnahmen dazu wären zum Beispiel die Schaffung von Aktienmärkten für kleinere Unternehmen (mit geringeren Zulassungserfordernissen für die Börsennotierung), die Erhöhung des Streubesitzes durch Festlegung einer Mindestak-tionärszahl nach skandinavischem Muster beziehungsweise eines entsprechend hohen Publikumanteils bei der Börsennotierung, die „kleine Aktiengesellschaften“ als neue Rechtsform mit erweiterten satzungsmäßigen Gestaltungsmöglichkeiten, die Gründung von Anlegervereinen oder Holdings zwecks mittelbarer Beteiligung von Unternehmen, die keine Aktiengesellschaften sind, an den Börsegeschäften, und anderes mehr.

Erste Ansätze zur Aktivierung des österreichischen Aktienmarktes wird das neue Börsegesetz, welches weitgehendst den Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft ange-

paßt wurde, bringen. Die geplante Verschärfung der Prospekt- und sonstigen Publizitätsvorschriften ist ein Beitrag zur Erhöhung der Transparenz des Aktienmarktes und dient der Verstärkung des Anlegerschutzes.

Natürlich können und sollen -gerade auch im Hinblick auf eine Integration Österreichs in den europäischen-Binnenmarkt - keine neuen protektionistischen Schutzwälle gegenüber ausländischem Kapital errichtet werden. Es geht vielmehr darum, der Wirtschaft

Möglichkeiten einzuräumen, den im Rahmen der Liberalisierungswelle entstehenden neuen Bedingungen am Kapitalmarkt besser begegnen zu können. Dabei dürfen Liberalisierungsmaßnahmen und Maßnahmen gegen zu hohen Fremdeinfluß kein Nullsummenspiel werden, sondern müssen einander ergänzen.

Der Autor ist Referent im Referat Industrie-und Technologiepolitik der Arbeiterkammer Wien.

1) Ein ausführlicher Artikel des Autors erschien in der Zeitschrift „Informationen über multinationale Konzerne“ mit dem Titel „Fusionen und Übernahmen“, Arbeiterkammer Wien (Hrsg.), Wien 1989.

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