6816420-1973_11_17.jpg
Digital In Arbeit

Stahlhochbauten schlüsselfertig

Werbung
Werbung
Werbung

Bereits im 19. Jahrhundert hat der Stahl im Bauwesen Eingang gefunden. Wenn früher Stahl im Bauwesen fast nur zur Herstellung von Nägeln und Schrauben Verwendung fand, so begann man in Frankreich um 1820 Stahlkonstruktioinen herzustellen. Die ersten Versuche dieser Art hatten jedoch wenig Erfolg, und erst in der zweiten Jahrhunderthälfte, als die Chemiker die Zusammenhänge zwischen der Zusammensetzung und den Eigenschaften des Stahls genauer erforschen konnten, erweiterte sich der Anwendungsbereich. Die entscheidende Rolle bei der Anwendung von Stahl im Bauwesen spielte die Stahlgewinnung nach dem Bessemerverfahren seit 1856 sowie die Herstellungsmöglich-keit von Trägern im Walzprozeß seit 1862. Mit den industriellen Verfahren der Produktion von Profilstahl in den verschiedensten Dimensionen wurde der Grundstein für den Stahlhochbau gelegt.

Seither ist mehr als ein Jahrhundert vergangen, in dem der Stahlhochbau markante Meilensteine der Geschichte des Bauwesens setzte: Paxtons Kristallpalast aus Stahl und Glas für die Londoner Weltausstellung 1851 und der Eiffelturm zum gleichen Anlaß 1889 in Paris (vom Eiffelturm lieferte Waagner-Bird kürzlich eine hundert Meter hohe genaue Nachbildung an einen amerikanischen Vergnügungspark). In den USA erhoben sich Wolkenkratzer hoch über die Dächer der umliegenden Häuser, und aus dem Industriebau war die Stahlkonstruktion nicht mehr wegzudenken.

Manches änderte sich in dieser Zeit. Die typischen Nieten wichen der Schweißtechnik, das Klopfen der Niethämmer an den Baustellen den funkensprühenden Schweißgeräten.

Aber seit den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts stagnierte der Stahlbau in Europa.

Heute allerdings hat der Stahlhochbau nicht nur die Phase der Stagnation überwunden, er befindet sich in unverkennbarem Aufschwung. Allein bei Waagner-Birö stieg der jährliche Ausstoß im Stahlbau im vergangenen Jahr um etwa 30 Prozent. Für den leichten Stahlbau — Hallen, Dachkonstruktionen, Bürogebäude und ähnliches — verdoppelte sich der Ausstoß sogar.

Mit der wachsenden Bedeutung des Stahlhochbaus geht auch eine Änderung der Baumethoden einher. Das Schweißgerät an der Baustelle wird seltener, die moderne Verbindung von Stahlteilen im Hochbau ist die Schraube. Diese Entwicklung hängt vor allem mit der Tendenz zusammen, so viel Arbeitsgänge wie möglich an die Produktionsstätte zu verlegen und die Montage an der Baustelle zu vereinfachen. In der Fabrik kann der Produktionsvorgang und die Vorbereitung der Bauteile bis ins Detail wesentlich rationeller und unter Zuhilfenahme moderner Methoden der Automatisierung gestaltet werden. Darüber hinaus kann auf diese Weise die eigentliche Bauzeit wesentlich verkürzt werden.

Überlegungen dieser Art und intensive Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf diesem Gebiet führten bei Waagner-Birö dazu, daß im Grazer Werk eine der modernsten Anlagen des Stahlbaus entstand. Herz der Anlage sind eine elektrohydraulisch gesteuerte ProfiLträger-Bohrmaschine, eine vollautomatische Brennschneidemaschine und eine preßluftfreie Schleuderstrahlmaschine. Den Transport besorgt ein Magnetlaufkran mit einer Spannweite von 22 Metern. Es lohnt sich, diese Maschinen ein wenig näher zu betrachten, die in ihrer Konfiguration einzigartig in Österreich sind.

Mit der numerisch gesteuerten Bohrmaschine können Walzprofile aller gängigen Abmessungen verarbeitet werden.

In der Fertigungsgenauigkeit ergeben sich Abweichungen, die unter 0,5 Millimeter liegen.

Die Lochstreifensteuerung der Maschinen verlagert einen wesentlichen Teil der Arbeit von der Produk-tionshalle in das Produktionsbüro und in die Arbeitsvorbereitung. Jedes Detail des Arbeitsvorganges muß, in einzelne Arbeitsbefehle aufgegliedert, auf dem Lochstreifen enthalten sein. Da der Stahlhochbau nur in geringem Maße Wiederholteile kennt, ist der Aufwand für das Programmieren der einzelnen Werkstücke nicht unbeträchtlich. Trotzdem sind die Vorteile beachtlich. Gegenüber dem schwierigen händischen Anreißen der großen Werkstücke kann durch die maschinelle Bearbeitung bis zu 90 Prozent kostbarer Arbeitszeit von Spezialarbeitern eingespart werden.

Auch die Sandstrahlung geschieht automatisch. Je nach der gewünschten Oberflächenbeschaffenheit laufen die Werkstücke mit verschiedener Geschwindigkeit durch die Strahlanlage.

Die steigende Bedeutung des Stahlhochbaus und des Stahlskelettbaus wird durch eine ganze Reihe von Aufträgen unterstrichen, die Waagner-Birö ausführt. Die Dach-konstruktionen für zahlreiche Sportstätten, wie des Dianabades und des Stadthallenbades in Wien sowie des Radstadions, fiel dem Stahlbau zu.

Die weitere Entwicklung des Stahlskelettbaus in Österreich hat große Chancen, zumal man bei Waagner-Birö mit den leistungsfähigen Produktionsanlagen auch eine moderne Konzeption des Marketing verbindet. Als Generalunternehmer bietet man Stahlskelettbauten „schlüsselfertig“ an. Der Vorteil liegt in der wesentlich rascheren Bauausführung und der Möglichkeit, die Leistungen der einzelnen am Bau beteiligten Firmen zeitlich aufeinander abzustimmen. Die einzelnen Baukomponenten passen gut zusammen, die Firmen haben Erfahrung mit dieser Bauweise und kennen die Erfordernisse dieser Konstruktion. Mehrere Schulgebäude in der Steiermark und das neue Bürogebäude der steirischen Landesregierung und der Steiermärkischen Sparkasse in Graz profitieren bereits von dieser Konzeption.

„Bei Waagner-Birö hat sich zwar die traditionelle Gruppierung Stahl-, Kessel- und Maschinenbau in den vergangenen 120 Jahren nicht verändert, aber die Produkte der einzelnen Abteilungen zeigen heute ein ganz anderes Bild. In einem modernen Industriestaat wie Österreich könne man einfach nicht mehr wie früher Stein auf Stein schichten“, meint Vorstandsdirektor Dr. Heckel. Eine moderne Industriebauweise Ist unumgänglich nötig. Dabei ist der heimische Umsatz, der im Hochbau abgewickelt wird, nicht unbeträchtlich, nämlich rund 33 Milliarden Schilling — und dieser Umsatz wird sich in den nächsten 25 Jahren verdoppeln: Das Althergebrachte war gut, das Neue muß jedoch um einiges besser sein. Bei Waagner-Birö trägt man dieser Forderung Rechnung, denn in der Investitionsgüterbranche kann ein Unternehmen nur mit intensiver Forschung und Dynamik der Herausforderung des Marktes begegnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung