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Überwintern in Wien
Bekanntlich leben in Wien zahlreiche UNO-Beamte (IAEA und UNIDO), die als Devisenausländer bedeutende private Vorteile genießen und in vielen Fällen einen Rattenschwanz österreichischer Freunde an diesen Vorteilen teilhaben lassen. Im Zollfreigeschäft für IAEA-Personal im ehemaligen Grand-Hotel wird der Whisky und vieles, vieles andere bedeutend billiger verkauft als selbst im Duty-Free-Shop auf dem Flughafen, und das in solchen Mengen, daß der „Personalunterstützungsfonds", den die Diplomaten und Angestellten der internationalen Behörde mit einem Beitrag von zwei Schilling pro gekaufter Flasche bestreiten, bereits vor zwei Jahren auf 2,8 Millionen Schilling angeschwollen war.
Bekanntlich leben in Wien zahlreiche UNO-Beamte (IAEA und UNIDO), die als Devisenausländer bedeutende private Vorteile genießen und in vielen Fällen einen Rattenschwanz österreichischer Freunde an diesen Vorteilen teilhaben lassen. Im Zollfreigeschäft für IAEA-Personal im ehemaligen Grand-Hotel wird der Whisky und vieles, vieles andere bedeutend billiger verkauft als selbst im Duty-Free-Shop auf dem Flughafen, und das in solchen Mengen, daß der „Personalunterstützungsfonds", den die Diplomaten und Angestellten der internationalen Behörde mit einem Beitrag von zwei Schilling pro gekaufter Flasche bestreiten, bereits vor zwei Jahren auf 2,8 Millionen Schilling angeschwollen war.
Doch wenn Dr. Nelson Iriniz Cas&s mit den Vorwürfen in seinem Buch „Korruption in der UNO" (Econ) recht hat, ist die Weitergahe von zollfreiem Whisky an österreichische Bekannte ein sehr kleines Übel, verglichen mit dem von der in Wien angesiedelten International Atomic Energy Agency organisierten Machtgebrauch, der Casäs zufolge darauf hinausläuft, die Atomenergie zum Monopolgeschäft der Großen zum Schaden der Kleinen zu machen. Der uruguayische Diplomat war Gesandter seines Heimatlandes in Dänemark, Hongkong, Schweden, der CSSR, aber auch in Österreich, und Teilnehmer vieler internationaler Konferenzen, bevor er sich als Schriftsteller und Lehrbeauftragter an der Wiener Universität (an der er 1958 promovierte) niederließ. Der IAEA ist in seinem zornigen Buch, das allerdings den großen Mangel hat, daß ungezählte Affären angedeutet, aber kaum je Namen genannt werden, nur ein kurzes Kapitel gewidmet. Der Inhalt ist jedoch schwerwiegend.
Casds deutet an, daß viele Experten der UNO, denen die Regierungen ihre bestgehüteten Geheimnisse offenbaren müssen, wenn sie UNO-Hilfe wollen, in vielen Fällen traditionelle Hilfeleistungen befürworten, technische Unterstützung zur Entwicklung von Nuklearenergie jedoch ablehnen: „Einige UNO-Beamte (Caids drückt sich bei aller Aggressivität immer mit diplomatischer Vorsicht aus, Anmerkung der Redaktion) wollen verhindern, daß die Welt die Atomkraft industriell ausheute, um den Verbrennungsmotor und das Erdöl nicht zu benochtcili-gen — Industrien, die steh beide in den Händen von Trusts befinden." USA und USSR befinden sich, Casäs zufolge, im besten Einvernehmen, wenn sie die Entwicklung der Atomenergie in den Entwicklung sgebieten bremsen, „damit sich diese Länder nicht der diplomatischen und strategischen Bevormundung durch das State Department, die Wallstreet, das Pentagon oder den Kreml entziehen können". Die IAEA, von Amerikanern und Briten in Zusammenarbeit mit den Sowjets gesteuert, habe „bewiesen.
daß sie an einer Verwendung von Atomenergie zur Industrialisierung der unterentwickelten Welt nicht interessiert ist".
Daher wird gekleckert, nicht geklotzt: Jedes Land erhält dauernd ein bißchen atomare Entwicklungshilfe, keines genug. 1968 keine sieben iWiUioncn Schilling für ganz Lateinamerika, Beträge zwischen weniger als einer halben Million und wenig über einer Million Schillinp für den Sudan, Tunesien, Ghana, den Korvgo, die Philippinen, Vietnam, Burma, die Türkei. Wobei die Commonwealth-Länder im Rahmen des Wenigen mit Vorzugsbeträgen in der Liste stehen. Da die Atomtechnik den gesamten industriellen Bereich forciert, wird, so Casäs, der Atomsperrvertrag die industrielle Entwicklung der nichtatomaren Länder aufhalten. Wobei viele Länder noch Immer nicht über die genaue Abmachung in der Atomfrage orientiert seien. Casäs bezeichnet die Politik der „Atomkraft für den Frieden" als zynische Politik, denn sie bedeutet: Wenn das Land eigene Uranvorkommen besitzt, muß es die Rohstoffe billig exportieren, um dann in aller Zukunft angereichertes Uran zu hohen Preisen einzuführen. Eines Tages werden auch die großen Erdölgesellschaften in dieses Geschäft einsteigen — und domit den Atom-Parias weitere Konkurrenzvorteile voraushaben. Casds bringt die Korruptton des Apparats mit der politischen Machtausbildung in diesem Kapitel kaum in Verbind-unfl, läßt aber durchblicken, was die Beamten der IAEA und ähnlicher Organisationen zu gefügigen Werkzeugen macht. Von den 13,7 Millionen Dollar des lAEA-Bu/igets für 1969 wurden sechs Millionen für Personalkosten aufgewendet, die Mitgliedsstaaten bekamen 2,3 Millionen an technischer Hilfe in Form der Leistungen von 172 Technikern, Material für 520.000 Dollar und 413 Stipendien für Ausbildungskurse, Forschun.gsarbeit und Studienreisen. Zu den Mitgliedsbeiträgen der Länder kommen noch die Kosten für den Unterhalt ihrer bei der IAEA delegierten Diplomaten. Die Position eines Beamten ist allerdings oft noch interessanter, denn Beamte der IAEA oder anderen UNO-Organisationen sind jedem Einfluß ihrer Heimatländer entzogen und üben ihre Macht in einem Bereich aus, der Transparenz nicht kennt. Viele UNO-Beamten werden gegen den Wille ihrer Herkunftsländer berufen. Fallweise können Delegierte, wenn die Machtverhältnisse in ihrer Heimat sich ändern und die Heimberufung droht, wenn sie brav sind, einfach als Beamte überwintern. Į Und das gibt dann in Wien kein schlechtes Leben: die Delegierten der
Entwicklungsländer bei der IAEA verdienen im Monat umgerechnet zwischen 37.000 und 62.000 Schilling, dazu kommen die Lebenshaltungs. kosten, Sekretär, Stenotypistin, Chauffeur, Repräsentation. Casds: „Vom frühen Morgen an füllt sich die Mahlerstraße (der Sitz der IAEA) mit den neuesten Wagenmodellen, die den Beamten und Delegierten der Organisation gehören." Und „ihre Frauen, Freundinnen und Chauffeure kaufen in einem Magazin, wo sie viele Sachen zu einem Drittel oder Viertel des in den Wiener Geschäften üblichen Preises bekommen …’
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