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Umkehr und neuer Anfang

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Sechstes Österreichtreffen der Charismatischen Gemeindeerneuerung vom 6. bis zum 9. Juni in Linz: Zusammenkunft von Fanatikern oder Hoffnung für eine erneuerte Kirche?

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Sechstes Österreichtreffen der Charismatischen Gemeindeerneuerung vom 6. bis zum 9. Juni in Linz: Zusammenkunft von Fanatikern oder Hoffnung für eine erneuerte Kirche?

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Wie kann man diesem Ereignis angemessen Rechnung tragen? Läßt es sich mit nüchternen Fakten kennzeichnen? Wohl kaum, aber fangen wir damit an: 3.000 bis 3.500 Teilnehmer kamen in der Linzer Sporthalle zusammen, darunter viele Priester, geistliche Schwestern. Laien aller Altersgruppen. Man sieht auffallend viele Jugendliche. Beim Abschlußgottesdienst im Linzer Dom dürften sogar 4.000 Menschen mitgefeiert haben.

Klingende Namen gab es unter den Referenten: Kardinal Leon-Joseph Suenens, der letzte noch lebende der vier Konzilsmoderatoren des Zweiten Vaticanums; Pater Raniero Cantalamessa, der die Exerzitien für Papst Johannes Paul II. hält; Weihbischof Florian Kuntner, Referent der österreichischen Bischofskonferenz für die Erneuerungsbewegungen, Heribert Mühlen, Dogmatiker aus Paderborn und Delegierter des Einheitssekretariats für den Dialog mit den Pfingstkirchen...

Oder kennzeichnet man diese Tage besser durch das Tagungsthema „Baut meine Kirche wieder auf?”. Mit diesem Anliegen beschäftigte sich Mühlen auch in seinem Hauptreferat. In ihm, wie auch in anderen Ausführungen kam ein Grundanliegen immer wieder zum Ausdruck: die Suche nach Einheit. Sie ist ja das große Zeichen der Gegenwart Gottes in seiner Kirche. Dankbar vernahm man den Ruf nach Einheit unter den Erneuerungsbewegungen, die ja vom selben Heiligen Geist getragen sind.

Aufgerufen wurde aber auch zu einem immer wiederkehrenden Bemühen, diese Erneuerung in den Dienst der gesamten Kirche zu stellen und sich nicht in Privatzirkeln zu verzetteln. Zur Einheit zwischen den Generationen und Geschlechtern, zwischen Glauben und Alltagsleben, zwischen Aktion und Kontemplation sowie zwischen Transzendenz und Politik rief auch Bischof Kuntner auf, als er seinen Traum von einer Kirche der Zukunft entfaltete.

Aber selbst wenn man auf all dies hinweist, ist Wesentliches am Geschehen dieser drei Tage unerwähnt geblieben. Dem Eigentlichen kommt man näher, wenn man die Atmosphäre des Treffens zu beschreiben versucht. Da war zunächst die klare und eindeutige Sprache: Uber den Glauben wurde nicht diskutiert, er wurde bezeugt. Die Worte der Schrift wurden nicht wissenschaftlich seziert, sondern als Wort Gottes für hier und jetzt verstanden. Uber die Beichte wurde nicht theoreti-siert, sondern es wurde gebeichtet, und zwar in großen Scharen.

An einem Ende der Halle waren zwei Sektoren für Beichtgespräche freigehalten worden. Und dann konnte man beim Bußgottesdienst am Freitag beobachten, wie Hunderte sich zur Beichte bei 30 bis 40 Priestern anstellten: ein bewegendes Bild.

Und damit kommen wir dem Kern des Geschehens noch näher. Das, was an den Menschen in Linz geschah, war das eigentlich Entscheidende. Da hörte ich, wie ein Mädchen hinter mir ihre Nachbarin, die sie vorher nicht gekannt hatte, bat, für sie zu beten, weil sie Schwierigkeiten habe, sich mit jemandem zu versöhnen. Da kniete Bischof Kuntner beim Bußakt vor dem Kardinal nieder und ließ sich von ihm die Hände zum Zeichen der Versöhnung auflegen. Da machten mir die Worte eines jugoslawischen Priesters bei einer Betrachtung über das Gebet klar, welche neuen Wege mein Gebet nehmen müßte. Da entstand durch die vielfache persönliche Betroffenheit ein Klima der Offenheit und der Freude.

Feste mit Gesang

Umkehr und neuer Anfang wurden als Kennzeichen einer lebendigen Kirche erfahren. Und für beides gab es viel Raum während dieser drei Tage in Linz, die auch durch „ungewöhnüche” Meßfeiern gekennzeichnet waren: Nicht Pflichtübungen wurden abgespult, sondern Feste gefeiert, mit viel Gesang. Welch großen Schatz an Liedern hat der Heilige Geist der Kirche doch in den letzten Jahren geschenkt! Wunderschöne Texte und ins Ohr gehende Melodien. Sie werden dieses Fest in vielen noch lange nachklingen lassen.

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