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Was brauchen Sie an Privilegien ?

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Immer dann, wenn eine Extrawurst bekannt wird, diskutiert man öffentlich die Frage, ob Politiker nicht auf dieses oder jenes Privileg verzichten sollten. Die FURCHE drehte den Spieß um. Hannes Schopf fragte fünf Parlamentarier: Welche Sonderrechte soll denn eigentlich ein Politiker haben?

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Immer dann, wenn eine Extrawurst bekannt wird, diskutiert man öffentlich die Frage, ob Politiker nicht auf dieses oder jenes Privileg verzichten sollten. Die FURCHE drehte den Spieß um. Hannes Schopf fragte fünf Parlamentarier: Welche Sonderrechte soll denn eigentlich ein Politiker haben?

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SCHWIMMER: Sonderrechte keine, vielleicht aber wie andere Berufe Rechte, die notwendig sind, um die Aufgaben zu erfüllen.

FURCHE: Zum Beispiel?

SCHWIMMER: Zum Beispiel, daß man Aufwendungen, die man nicht für sich selbst tätigt, sondern um eine Funktion auszuüben, auch abgegolten bekommt, wie das in einer Firma mit Kilometergeldern für dienstliche Fahrten üblich ist, wie anderen eine Netzkarte zur Verfügung gestellt wird, weil sie für die Firma viel herumfahren müssen. Dafür gibt es für den Abgeordneten zum Beispiel das Spesenpauschale. Man kann darüber streiten, ob das pauschaliert sein soll. Ich hätte nichts dagegen, das auch zu verrechnen.

FURCHE: Und eine Frage, die konkret Sie betrifft — der Doppelbezug?

SCHWIMMER: Das ist eine Frage der Gleichbehandlung unter den Politikern selbst. Ich halte es für gut, daß ein Abgeordneter einen Zivilberuf hat und diesen auch ausübt. Das tue ich. Und nur für einen Beruf, den ich auch ausübe, bekomme ich ein Gehalt.

FURCHE: Und Politiker, die Beamte und freigestellt sind?

SCHWIMMER: Ich kenne viele Kollegen in allen Fraktionen, die über ihre berufliche Freistellung nicht glücklich sind. Ich weiß aber auch um die Probleme, die eine Berufsausübung mit sich brächte. Ich halte das für ein fast unlösbares Problem, aber kein Privileg.

FURCHE: Ist aber der Bezug damit gerechtfertigt?

SCHWIMMER: Das ist eine Frage der Gleichberechtigung. Andere können ihren Zivilberuf nicht mehr ausüben, der Beamte darf das gesetzlich nicht.

HEINDL: Da ich mir umfassend gar nicht bewußt bin, welche Privilegien ich angeblich habe, fällt mir gar nicht ein, worauf ich verzichten sollte.

FURCHE: Zum Beispiel auf die günstige steuerliche Behandlung des Einkommens?

HEINDL: Ich brauche das nicht, muß ich dazu sagen, ich weiß nur nicht, ob es nicht sogar Fälle gibt, die mit Belegen für ihre Ausgaben besser fahren würden. Andere fahren vielleicht so wieder besser. Das Problem ist, daß es viele Aufwendungen gibt, die sehr schwer zu belegen sind — das muß man wissen. Sie bekommen eben keinen Beleg, wenn Sie auf einem Ball für zwei Eintrittskarten zu-je 200 Schilling 2000 spenden.

FURCHE: Und Doppelbzüge sind kein Problem?

HEINDL: Bei den Beamten gehört das überdacht. Ich weiß von vielen Kollegen, daß sie gerne arbeiten würden. Es müßte ein Weg gefunden werden, dies unter gewissen Bedingungen zu ermöglichen, dann würde die Diskussion verstummen.

HEINZINGER: Der Politiker braucht ein Recht gesichert: das Recht der freien Meinungsäußerung.

FURCHE: Sonst nichts?

HEINZINGER: Sonderrechte haben meistens bestimmte Entwicklungsgeschichten. Fast in allen Bereichen hat man sich oft an solche Dinge gewöhnt: sind sie einmal da, bleiben sie. Politiker verhalten sich da wie die übrige Bevölkerung. Wenn man das alles durchforstet, müßten Politiker damit beginnen.

FURCHE: An Doppelbezüge hat man sich gewöhnt— ■ HEINZINGER: An Doppelbelastung und Bezug: Ich persönlich bin Privatangestellter und habe meinen Beruf immer ausgeübt. Bei Selbständigen kann durch die Abwesenheit sogar ein Einkommensverlust entstehen. Und im öffentlichen Dienst haben wir die Sondersituation, daß diese zweite Arbeit verboten ist. Das halte ich für falsch. Es ist ein Weg zu suchen, daß Leute mit zwei Bezügen auch ein Mindestmaß arbeiten können und dürfen.

HAIDER: Grundsätzlich keine, das ist meine persönliche Uberzeugung. Sonderrechte nur in dem Bereich, wo es um die Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie geht: Wenn man will, kann man die Immunität als Sonderrecht erachten, das notwendig ist.

FURCHE: Und die gegenwärtige Regelung bei der Besteuerung von Politikerbezügen?

HAIDER: Für mich ist es ein Prinzip, daß sich der Abgeordnete wie jeder andere der Besteuerung zu unterwerfen hat. Alle Sondertatbestände im Steuerrecht, die auf Kosten der Allgemeinheit gehen, sind mir suspekt.

FURCHE: Und Doppelbezüge?

HAIDER: ...gehören radikal beseitigt.

FURCHE: Im Zusammenhang mit der ÖBB-Diskussion hat auch die FPÖ den Eisenbahnern ihre Freifahrt vorgehalten, obwohl sie zur Belegschaft zählen. Sie als Politiker fahren auch gratis Eisenbahn.

HAIDER: Es soll hier kein Tabu geben, um nicht auch über diese Frage zu reden.

SCHRANZ: Als einziges Sonderrecht würde ich die berufliche Immunität im Parlament für unbedingt notwendig halten. Ansonsten sollte ein Politiker, vor allem finanziell, überhaupt keine Privilegien haben.

FURCHE: Schließt das auch die geltende Regelung für die steuerliche Behandlung von Politikerbezügen mit ein?

SCHRANZ: Es gibt zum Bezug ein 25prozentiges Spesenpauschale— für die Steuerfreiheit sozusagen. Ich gebe weit mehr aus, als das ausmacht. Ich würde das nicht als Privileg betrachten, denn das gibt es für viele Berufsgruppen: für Journalisten, für Fernsehjournalisten, für Künstler und andere. Für mich persönlich wäre es viel besser, nicht diese Pauschalierung zu haben, sondern an Hand meiner Rechnungen beweisen zu können, daß ich viel mehr ausgebe.

FURCHE: Und wie ist das mit dem Doppelbezug? Das betrifft Sie ja auch persönlich.

SCHRANZ: Ich bin Sozialversicherungsangestellter und habe dort eine Aufgabe im Rahmen der Geschäftseinteilung meiner-Anstalt. Da kumuliere ich die Arbeitszeiten. Ich komme etwa auf eine doppelt so hohe Arbeitszeit wie ein normaler Arbeitnehmer, muß aber andrerseits einräumen, daß ich in der Dienstzeit sehr flexibel sein kann. Ich gehe beispielsweise manchmal am Samstag ins Büro, um dort etwas zu arbeiten. Oder ich nehme mir übers Wochenende Arbeit mit nach Hause. Oder ich geh' vor oder nach einer Parlamentssitzung noch ins Büro. Aber ich meine, daß ich d^a nicht für eine Arbeit zwei Bezüge habe, sondern für zwei verschiedene Arbeiten. Das ist meine subjektive Situation.

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