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Wie Luzern

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Die diesjährige Fremdenverkehrs- pleite trifft das klassische Urlaubs- laind Tirol naturgemäß besonders haipt. Die Rückganigsraten sind regional unterschiediKli, in manchen Orten geradezu dramatisdi. So waren zum Beispiel im Juni ln Lienz, Ma- trei in Osttird und Virgen Rückgänge bis zu 50 Prozent zu verzeichnen. Ein Gasthaus der mittleren Kategorie in Obertiiliadi registrierte in diesem Vorsaisonmonat genau 62 Uber- nachtimgen in seinen 24 Betten. „Weniger als sonst oft im November, wenn ein paar Vertreter oder Monteure im Dorf waren“, kommentierten die Besitzer.

Die Hochsaison verlief nichl! viel besser. Für ganz Tirol berechnet, betrug die Nächtigungsabnahme im Juni 26 Prozent, im Juli dürfte sie um die 20 Prcfflent liegen. So ging in Innsbruck die Frequenz gegenüber dem gleichen Vorjahresmönat um 18 Prozent zurück, in Mairhofen um 19, in Seefeld und Söttden um 20, in Kitzibühel um 40 und in St. Anton am Arlberg sogar um über 50 Prozent zurück.

Unter den Fremdenverkehrsstra- tegen ist begreiflicherweise das große Rätselraten ausgebrochen. Hoteliers und örtliche Manager geben vor aUem der hohen Besteuerung und der Sdiiilingaufwertung die Haupt- schdd, die Experten sprechen hm- gegen von einer ,Jmportierten Pleite“, und professionelle Kritiker sehen auch allerlei Mängel vor den eigenen Türen. Die Argumente von den zu hohen Steuern sowie von den internationalen Einflüssen sind keineswegs von der Hand zu weisen. Die landläufigen Unzulänglichkeiten wiederum wirken sich unter so harten Konkurrenzbedingungen verhängnisvoll aus.

Der kritikfreudige „Tiroler Ar- beitsbund“ (TAB) befaßte sich dieser Tage mit touristischen Problemen in der Landeshauptstadt. Ganeinderat Wiiii Steidl forderte die Schaffung eines gemeinderätlichen Fremden- verkehrsausschussea zur Koordination aller mit dem Fremdenverkehr befaßten Gremien. Innsbrucks Tourismus braucht neue Impulse, hieß es. Gerade in den Sommermonaten werde in der Olympiastadt zuwenig geboten. Das feudale Kongreßhaus sei nicht ausgelastet, das Landestheater gesperrt, cs gebe prakfech kein Nachtleben und das epidemische Kaffeehaussterben werd« auch das „Tagleben“ bald zum Erliegen bringen. Die liteimische Hotellerie werde vcHi Großikonzemen bedrängt, die es sich aua steuerlidien Überlegungen leisten können, unwirtsdiaftlich zu arbeiten. Der TAB regte die Erstellung einer Fremdenverkehrsstudie für Innsbruck an und empfahl als Beispiel ,J5as touristische Leitbild der Stadt Luzern“. Auch die Gründung eines lokalen Fremdenver- kehpsfonds tait Unterstützung heimischer Betriebe wurde kolportiert und die Überlegung aufgeworfen, ob ge-

wisse kommunale Steuern (Vergnügungssteuer, Getränkesteuer) unbedingt voll ausgenützt werden müßten cxier ob nicht besser eine Umwegrentabilität anziustreben sei. Man verlangte außerdem eine gezielte Werbung: „Ea muß nicht nur

Deutschland sein.“ Von den 80 Prozent ausländischen Gästen in Österreich kommen 60 bis 70 Prozent aus der BRD. „Was tut man für die so austrophiien Franzosen?“ Schließlich erging noch die Mahnung zur Erhaltung einer noch einigermaßen attraktiven Umwelt. „Zwischen dem Ruhrgebiet und dem Inntal soUte immerhin noch ein merklicher Unterschied bestehen! Wenn der Verbauungstrend im bisherigen Maß weitergeht, wird man künftige Pro-

spekite mit d«n Slogan .Innsbruck am Innkanal und an der Autobahn’ betiteln müssen.“

Soweit Innsbrucks rechte Opposition. So wertvoll etoe konstruktive Kritik und neue Vorsdiiäge sein können, im Augeniblick helfen nur So- fortmaßnahmen. Diese erwarteten sich die Tiroler Touristenfcreise ursprünglich vom Fr emdenverkehrs- gipfel Anfang August Doch Minister Staribacher kam bekanntlich mit leeren Händen nach Innsbruck. Außer Zinsstundungen, einer Vereinfachung der Steuer- und Lohnverrechnung und einer Verstärkung der Inlands- weibung war dabei nichts herausgekommen. Auch die Fremdenverkehrsgremien des Landes wollen der neuen Situation mit verstärkten

Weibemaßnahmen begegnen. So läuft derzeit die Sonderaktion: „Der Kenner fährt im Herbst“.

Die Tiroler Hoteliers dürften je-

doch mit Recht daran zweifeln, daß diese Kenner eine Näditigungsbilanz entscheidend beeinflussen könnten.

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