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Wissenschaft in China
16 Hochschulinstitute in fünf verschiedenen Städten der Volksrepublik China besuchte eine österreichische Wissenschaftler-Delegation im Frühjahr. Nun berichtete Rektor Professor Franz Seitelberger von den Eindrük- ken dieser Reise, mit besonderem Augenmerk auf die Organisation von Forschung und Wissenschaft im modernen China.
Vor allem die Veränderungen, die seit Teng Hsiao Pings Machtergreifung im Herbst vorigen Jahres auf diesen Gebieten vor sich gegangen sind, sollten anhand von Beispielen beleuchtet werden. Eine Neuorganisation des Hochschulwesens, etwa die Wiedereinführung von sachbezogenen Prüfungen, die im Zuge der Kulturrevolution ganz abgeschafft worden waren, um rein ideologischen Kriterien zu weichen, hatte sich bereits zur Zeit des Besuches im Frühjahr abzuzeichnen begonnen. Vieles, was damals erst in nuce und teilweise auch nur an den Gesichtsausdrücken der in Diapositiven festgehaltenen Prodekane und sonstigen leitenden Wissenschafter zu bemerken war, ist inzwischen konkreter geworden.
Die chinesische Wissenschaft hat von Alters her ein äußerst hohes Niveau, nicht nur Papier und Schießpulver, auch Letterndruck und Kompaß kannte China lange vor dem Abendland. Dennoch konnte die Wissenschaft in China nicht so geschichtsmächtig werden wie bei uns, und seit dem 16. Jahrhundert importierte China die modernen Techniken. Möglicherweise ist einer der Gründe für diese Entwicklung darin zu suchen, daß China ein konsequent instrumen- talistisches Wissenschaftskonzept vertritt und zwar bis in die heutige Zeit Heute wird die ständige Konfrontation von Wissenschaft und Praxis aus zwei Gründen beibehalten: erstens wegen der praktischen Erfordernisse, die der Aufbau Chinas bedingt, zweitens wegen des Erziehungszieles eines politisch gefestigten, sozialistischen Menschen.
Daher besteht ein sehr enger Kontakt zwischen Lehre, Forschung und Produktion. Dies wird sogar am Dreierplan deutlich, nach dem die Mitarbeiter der chinesischen Akademie der Wissenschaft eingesetzt sind: ein Dritr tel arbeitet am jeweiligen Institut, ein Drittel extern (etwa an landwirtschaftlichen Forschungsaufträgen), und ein weiteres Drittel ist direkt an der Produktion beteiligt
In einer vergleichenden Einschätzung stellte Seitelberger die Vor- und Nachteile der totalen Planung, die in China als „dezentralisierte Zentralisation“ zu charakterisieren wäre, zusammen: Was Emährungsbasis, Lebensstandard, Verkehr, ärztliche Versorgung und technische Dienste betrifft, wurden enorme Leistungen erzielt Auch die ideologie-unverdächtige Mathematik und die Akupunktur haben hohes Niveau, letztere wird mit modernen Methoden, die wesentlichen Wissenschaftsansprüchen genügen, betrieben, vom Tierversuch bis zu biochemischen Begleituntersuchungen. Bei Großuntemehmungen, wie technischen Bauten oder auch groß angelegten epidemiologischen Studien, bescheinigte er China ebenfalls hohes Organisationsniveau.
Ins Hintertreffen gerät Chinas Wissenschaft wenn man den Anteil von Wissenschaft und Forschung am Gesamtleben betrachtet - mit nur einem Prozent Studenten liegt er zu niedrig; manche Sparten, wie etwa die Soziologie, fehlen völlig.
Besonders problematisch aber ist der zu schmale Raum für Kreativität, der durch die Konzentration auf Anwendungsfragen entsteht. China, das sich als Großmacht versteht, brauchte ein größeres InnovationspotentiaL Seitelberger gab sich hier optimistisch: der Freiraum für Grundlagenforschung wächst seit Maos Tod beständig.
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