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Zeitgenosse

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Dlplomatenschioksal ist es, immer wieder abberufen zu werden, wenn man gerade erst an einem Ort warm geworden ist, Verbindungen abreißen zu lassen, Freunde zurückzulassen und vielleicht nie wieder zurückzukehren in ein Haus, das einem fünf, manchmal zehn Jahre Arbeitsplatz und Heiimatersatz in der Fremde geworden ist. Da dürfte es den Legationssekretären der Sowjets nicht anders gehen ätls den Botschaf tsräten eines westlichen Kleinstaates. Und auch die „Uditori“, die Attaohes der päpstlichen Nuntiaturen, sind diesem Berufsschicksal ausgeliefert.

Wenn dann aber einer von ihnen immer wieder zurückkehrt an den Schauplatz eines Dezenniums beruflicher Aufbauarbeit — dann scheint dies doch nicht nur für die Anhänglichkeit des Betroffenen zu sprechen,sondern auch für die Atmosphäre des Ortes. Dann beweist dies, daß er hier Freunde gefunden hat, deren Freundschaft über die Zeiten, der Abwesenheit hinweg weiterdauert und daß auch diese den einst Fremden längst zu den Ihren zählen.

Cesare Zacchi ist einer dieser Diplomaten. Zehn Jahre hindurch, unter den Nuntien Dellepiane und Rossi, wirkte er in der Wiener The-resianumgasse. Dann berief ihn der Papst auf einen neuen Posten — 15 Jahre vertrat der längst zum gelernten Wiener gewordene Italiener den Heiligen Stuhl in Kuba, im Staat Fidel Castros, der eine kommunistische Herrschaft in dem so ganz anders gearteten karibischen Raum aufrichtete und trotz grundsätzlich atheistischer Basis doch der Kirche gegenüber eine wesentlich andere Haltung einnimmt als seine Genossen in Osteuropa.

Msgr. Zacdhi, als Nuntius zum Erabisohof von Maura ernannt, ist auch heute noch in der Wiener Nuntiatur so gut wie daheim, wo inzwischen ein neuer Hausherr an Stelle des letzten Ohefs seiner Zeit eingezogen ist. Zacohi hat in all diesen Jahren keine Gelegenheit versäumt, Wien zu besuchen. Drei Jahre in Österreich haben ihm auch einen Kreis von Freunden in der neuen Welt gebracht, die, wo immer sie ihn treffen, den Kontakt nicht abreißen lassen. Die Bischöfe, Politiker, Funktionäre, die in der Mitte der siebziger Jahre in Österreich wirken, sind ihm nicht weniger bekannt als jene aus seiner „amtlichen“ Tätigkeit in Wien,

Nun ist Zacchi schon vor mehr als einem Jahr in die Zentrale einberufen worden, mit dem Auftrag, die Päpstliche Diplomatenakademie mit neuem Geist au erfüllen, dem vatikanischen Nachwuchs für den Auswärtigen Dienst alle jene Kenntnisse und Künste beizubringen, die eben in der Diplomatie, speziell in der kirchlichen, unerläßlich sind.

Manches mag dabei einfließen, was Cesare Zacohi aus seiner Wiener Praxis mit eingebracht hat, hier an der Schwelle zum Osten, im kleinen neutralen Land, das vielleicht doch nicht nur als Umsteigstation seine Bedeutung hat. Für ihn jedenfalls bot es in diesen Wochen eine Kneippkur, um sich fit zu halten, obwohl die Jahre scheinbar spurlos an ihm vorbeigegangen sind. Und die Möglichkeit, sein Deutsch wieder aufzufrischen, wie er bescheiden vermerkt, das zwar den italienischen Akzent nicht verleugnen kann, aber sonst grammatikalisch und syntaktisch einwandfrei ist.

Die Tage in Wien dienten auch dazu, die österreichische „Konkurrenz“, die Diplomatisohe Akademie, in der unmittelbaren Nachbarschaft der Nuntiatur zu besuchen und sich zu informieren, wie sie strukturiert ist und arbeitet. Daß er sie lobte, schien nicht nur diplomatische Höflichkeit zu sein. Nun wäre nur sein Wunsch, unter seinen Schülern in Rom — zur Zeit sind es 33 aus 15 Nationen — auch einen Österreicher zählen zu können. Bisher war noch keiner verfugbar.fg

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