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• Das Ziel und der Weg

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Es heißt, daß der Vatikan mit anderen Zeitmaßstäben arbeite, als man es sonst in der schnelilebigen Welt gewohnt sei. Zumindest wird dies immer als Erklärung oder Entschuldigung angeführt, wenn Rom auf gewisse äußere Veränderungen in der Welt nicht so schnell reagiert, als man dies gern sehen möchte. Das betrifft unter anderem auch die Diözesangrenzen. Auch wir Österreicher können mit einem Beispiel des vatikanischen Zeitmaßes in dieser Hinsicht aufwarten. Zwischen der Landnahme des Burgenlandes im Jahr 1920 und der Errichtung der Diözese Eisenstadt lagen mehr als 40 Jahre. Bis dahin hatte das Burgenland formal-juristisch immer zu ungarischen Diözesen gehört.

Die Polen sind da etwas ungeduldiger, sie wollen ihre Westgebiete, die vormaligen deutschen Ostgebiete, durch Änderungen der diözesanen Grenzen auch vom Vatikan bestätigt sehen. Solange aber kein Friedensvertrag vorliegt (wer weiß, ob je einer kommen wird), kann der Vatikan solche Änderungen nicht vornehmen, ohne die Deutschen zu „überfahren“. Bisher übten die Seelsorge in diesen Gebieten bischöfliche Generalvikare aus, die von Kardinal Wyszynski ernannt worden waren, dem der Vatikan nach 1945 die Seelsorge in diesem Gebiet übertragen hatte. Nun wurde am vergangenen Samstag insofern eine Neuordnung durchgeführt, als die bisher als Generalvikare Wyszynskis fungierenden Bischöfe zu Apostolischen Administratoren ernannt wurden. Sie sind nunmehr direkt Rom unterstellt, haben alle Rechte, aber noch nicht den Titel eines residierenden Bischofs. Es kann sein, daß diese Lösung für die Polen zu wenig ist, daß sie sich mehr erhofften, ja daß sie in Erwartung einer endgültigen Regelung jede Zwischenlösung überhaupt ablehnen. Aber gerade die Polen sind ein Volk, das in seiner Geschichte durch Geduld und Zähigkeit sehr vieles erreicht hat.

Wohin der Weg führt, sind sich wohl alle klar, die Polen, der Vatikan und gewiß auch die Deutschen selbst. Daß man manche Ziele nicht mit einem Schritt erreichen kann, sollten gerade die Polen wissen. Mit dem Erzbischof von Krakau, Msgr. Woytyla, haben .sie jetzt einen zweiten Kardinal erhalten. Viele hatten unter den neuen Kardinälen auch den Breslauer Erzbischof Kominek erwartet. Gewiß wird wieder einmal ein Breslauer Erzbischof Kardinal werden. Wer das Ziel kennt, soll nicht ungeduldig sein, wenn sich der Weg auch zieht.

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