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Dialog

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Es bleibt beim Gespräch, es bleibt beim Dialog, die Tür bleibt offen! Ja, das Gespräch mit der Welt wird in seinen Grenzen, den weitesten, die nur überhaupt denkbar sind, erst recht abgesteckt, der Papst selbst stellt seinen Fuß in die offene Tür, daß niemand sie zuschlagen kann!

Das ist der stärkste Eindruck, den die erste Enzyklika Papst Pauls VI. beim Lesen erweckt. Wer den Weg des neuen Papstes verfolgte, für den ist der Inhalt dieser Enzyklika nicht überraschend, vielleicht aber für jene, die im frühen Tod des Johannes-Papstes ein „Werk der Vorsehung” erblicken wollten und die nun meinten, daß das Gespräch, das jener aus der Überfülle seines großen Herzens begonnen hatte, nun wieder einem Monolog weichen würde, daß die Tür Seiner Kirche, die Gott diesen Mann auf stoßen hieß, wieder sachte geschlossen werde, damit kein böser Wind von draußen etwa Zugluft in die Kirche bringe und den Staub der Jahrhunderte vom ewigen Antlitz der Kirche wegblasen könnte. Es bleibt beim Gespräch, beim Dialog, es bleibt bei der offenen Tür, es bleibt bei der „Ecclesia semper refor- manda”, beim „ungeduldigen Bedürfnis nach Erneuerung” wie der Papst sagt.

Von diesem Gespräch ist niemand ausgeschlossen, der sich nicht selbst ausschließt. „Für den, der die Wahrheit liebt”, sagt der Papst, „ist dit Diskussion immer möglich”. Auch der Atheismus ist von diesem Gespräch nicht ausgeschlossen. Ja, der Papst spricht, einen Gedanken Johannes’ weiterführend, die Hoffnung aus, daß sich zwischen den atheistischen Bewegungen und der Kirche eines Tages ein positiver Dialog anbahnen werde, der über die bitteren Klagen der Gegenwart hinausgeht. Daß der Papst in seiner Enzyklika die gottesleugnerischen und die Kirche verfolgenden ideologischen Systeme verurteilt, Systeme, wie er sagt, die oft identisch sind mit ökonomischen, sozialen und politischen Regierungsformen, unter denen besonders der Kommunismus hervorzuheben ist, kann nur jene Illusionisten überraschen, die hofften oder befürchteten, vielleicht aber auch jene, die wider besseres Wissen der Kirche unterstellen, sie würde sich mit dem Kommunismus arrangieren, und die meinten, auch die Kirche würde, wie sie selbst, in Kategorien der politischen Opportunität denken und handeln. Die Kirche hat den gottesleugnerischen und die Kirche verfolgenden Kommunismus verurteilt, wie sie seinerzeit den Kapitalismus und den Liberalismus verurteilt hat. Vom Gespräch aber, sagt der Papst, ist von vornherein niemand ausgeschlossen, der sich zu den genannten Systemen bekennt (gemeint ist der Kommunismus) und diese Regierungsformen bejaht.

Gespräche aber kann man nur führen, wenn die Freiheit im Urteilen und Handeln vorhanden ist. Sie können aber auch sinnvoll nur geführt werden in einer Sprache, die der andere versteht. Und sie können schließlich nur in Frieden geführt werden. Daher der Wunsch das Papstes, daß der Dialog der Sache des Friedens unter den Menschen dienen möge. Daher auch sein Angebot, sich bei gegebener Gelegenheit einzuschalten, um streitenden Parteien zu einem ehrenvollen und brüderlichen Ausgleich zu verhelfen. Zu diesem Gespräch im Dienst der Wahrheit, der Brüderlichkeit und des Friedens hat Paul VI. die Katholiken aufgerufen.

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