Bibleman rettet das Buch

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Die Bibel als Actionvideo; Moses als Rapper; die ägyptischen Plagen, kulinarisch aufbereitet: Die Beteiligung am ökumenischen Schulwettbewerb zum Thema "Bibel in Kultur und Gesellschaft" war sensationell. Die Kreativität der Schüler nicht minder.

Szene 1: Eine Bibel auf einem Tisch. Dazu eine tiefe Stimme vor anschwellender Musik: Es ist Anfang des dritten Jahrtausends nach Christus. Die ganze Welt wird von Bösewichtern und Ganoven beherrscht. Sie haben sich vorgenommen, das Christentum auszulöschen und alle Bibeln der Welt zu vernichten. Nur einer Prinzessin gelingt es, ihre Bibel zu verstecken. Doch die Ganoven spüren die Prinzessin auf und entführen sie. Nun kann nur noch ihr Geliebter, Frauenheld Fürst Mani von Felsenheim, sie retten. Und - Bibleman! Schnitt.

"Als ich meine Schüler letztes Jahr gefragt habe, ob sie am Schülerwettbewerb zum Jahr der Bibel teilnehmen möchten, haben sie sofort gesagt: Ja klar! Wir drehen ein Video!" erzählt Monika Faes, Religionslehrerin der Klasse 4b an der Hauptschule 1 in Schladming: "Etwas ratlos habe ich sie gefragt: Ja wie denn? Da haben sie mir versichert: Kein Problem, Frau Lehrer. Wir kümmern uns um die technischen Details!'" Und so geschah's.

Bible wars - the movie

Die Prinzessin zog ein weißes Ballkleid an, zwei langmähnige Hauptschüler setzten mafiöse Sonnenbrillen auf. Unter Regie und Kameraführung ihres Klassenkameraden Christoph Prugger braucht Bibleman im Film Bible wars - the movie neun spannende Minuten, um die Prinzessin, die Bibel und die Welt im Allgemeinen zu retten. Ein bisschen Seifenoper, ein bisschen Märchen und viel Action. Der Clou an der Sache: Die Dialoge bestehen ausschließlich aus Bibelversen, hauptsächlich aus dem Alten Testament. "Da habe ich schon ein bisschen geholfen" gibt Monika Faes zu. "Aber den Rest haben sie ganz allein gemacht. Manche Szene haben wir zwei Stunden lang gedreht, bis unser Regisseur zufrieden war!"

Da sage noch einer, Bibel in der Schule sei ein vorprogrammierter Flop. Der bundesweite ökumenische Schülerwettbewerb "Bibel in Kultur und Gesellschaft" straft solche Annahmen Lügen: 170 Projektarbeiten von Schulklassen und Schülergruppen aus ganz Österreich sind mittlerweile beim Veranstalter, der Österreichischen Bibelgesellschaft und dem Österreichischen Katholischen Bibelwerk, eingetroffen. Anlass des Wettbewerbs war das "Jahr der Bibel 2003". Die Schirmherrschaft haben das Bildungsministerium und der Ökumenische Rat der Kirchen übernommen. Dessen Vorsitzende, Oberin Christine Gleixner, zeigt sich erfreut über das Echo: "Die Beteiligung hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Es ist eine große Chance, dass die Bibel nicht nur verengt im Sinne der exegetischen Vermittlung gesehen wird, sondern die ganze schöpferische Breite zur Geltung gekommen ist. Die erhoffte Nachhaltigkeit des Jahr der Bibel' ist durch den Wettbewerb sichergestellt."

Und so liegt nun beispielsweise in der Volksschule Waidhofen an der Thaya in jeder dritten und vierten Klasse eine handgefertigte Bibel auf dem Tisch, und in der Bundesfachschule für wirtschaftliche Berufe in Pinkafeld können Eltern und Lehrer bald einen ganzen bunten Schöpfungszyklus bewundern. Die elf Jury-Mitglieder des Wettbewerbs unter Vorsitz von Karl Essmann vom Religionspädagogischen Institut Wien sind voll des Lobes für die hohe Qualität der eingesandten Arbeiten.

Auffallend sind die vielen Multimediabeiträge - ein Beweis, dass neue Medien das Buch der Bücher keineswegs abgelöst haben. Im Gegenteil: Junge Biblemen und -women, die Retter und Retterinnen der Bibel im dritten Jahrtausend, lieben DVD und CD-Rom.

Moses - gerappt

Darf es vielleicht als Kostprobe der Mosesrap aus dem Bundesgymnasium Bludenz sein, performed auf Video von fünf coolen Rapperinnen der Klasse 5c?

Es war am Montagmittag, ich glaub' so gegen drei / Ich saß auf einer Wiese und hatte Spaß dabei / Im Radio spielte 'n Song von Guns and Roses / Da hörte ich 'ne Stimme, sie nannte mich Moses / Doch das Radio war es nicht, nein, das spielte nur 'nen Tusch / Da merkte ich, der Sound kam aus 'nem brennenden Busch / Was dann geschah, zog mir die Schuhe aus / Denn aus dem brennenden Busch sprach Gott zu mir heraus / Er meinte zu mir: "Hey Moses, hast du Zeit?" / Ich sach: "Ein paar Minuten, aber nicht die Ewigkeit." / Doch scheinbar war ihm das egal , denn er gab mir zu verstehn / Ich soll jetzt sofort rüber nach Ägypten gehen / Der Premier dort macht ihm Ärger, hat's Asylrecht verschwitzt / lässt Gottes Leute schuften, während er auf Dollarn sitzt.

"Mir war wichtig, die aktuellen Bezüge der Erzählung vom Auszug aus Ägypten herauszuarbeiten", erklärt Religionslehrer Thomas Juen. Und damit der Rap auch richtig groovt, hat er seine Kollegen aus den Fächern Instrumentalmusik und Bildnerischer Erziehung um Unterstützung gebeten. Mit ihrer Hilfe wurde aus dem alten Text des Buches Exodus ein schräges Musikvideo vor einer gelben Leinwand-Wüste, inklusive Kamelen und Pharao.

Geschmack der 10 Plagen

Nicht nur bei einem Rap liefert das alte Buch Exodus Stoff für neue Ideen. Auch die zehn Plagen, mit denen Gott den Forderungen seines Gesandten Moses bei den Ägyptern Nachdruck verleiht, regen die Phantasie an - oder, um es mit den "Mosesrapperinnen" zu sagen: "Hey, mach dich doch mal locker", sagte Gott mir mit Entzückung. / "Ich selber habe Mittel gegen Rassenunterdrückung."

Vermutlich würde kaum jemand diese Mittel ausgerechnet mit einem Kochbuch assoziieren. Schließlich sind Steckmücken, Geschwüre und Heuschrecken nicht sonderlich appetitanregend. Aber: "Wir machen die Plagen geschmackvoll", sagt Bernhard (15) aus dem Wiener Schottengymnasium, und dabei grinst er verschmitzt wie ein erfahrener Marketingfachmann. Schließlich müsse man sich abheben vom durchschnittlichen Kochbuch-Angebot auf dem Markt, erläutern zustimmend seine vier Kollegen aus der Oberstufe des evangelischen Religionsunterrichts.

Und so vereint ihr Kochbuch mit dem Titel "Tasting the Plagues oder 10 (Koch-)Plagen für Feinschmecker" unter anderem Rezepte zum Thema Blut (Blunzen mit Sauerkraut), Frösche (Froschschenkel mit Kräutern) und Geschwüre (Eitrige mit Buckel, übersetzt für alle Nichtwiener: Käsekrainer). Nur die letzte der zehn Plagen, bekanntlich der Tod der Erstgeburt, bereitete den jungen Hobbyköchen moralisch etwas Kopfzerbrechen. Die Lösung: Ein mit Rum flambiertes Baby-Nahrungs-Gläschen. Exklusiv für Furche-Leser verraten die Biblemen auch ihren erklärten kulinarischen Geheimtipp: die Viehseuche (Hirschsteaks im Heiligen Hubertusmantel). Mit viel Witz und ihrem enormem Einsatz weit über die Unterrichtszeit hinaus haben die Burschen auch ihren Religionslehrer Harald Kluge beeindruckt: "Neben der ernsthaften Seite des Ganzen - der existenziellen Auseinandersetzung mit der Frage, wie Gott diese Plagen zulassen kann - wollte ich einen lustvollen Umgang mit der Bibel vermitteln."

Dieses Konzept ist aufgegangen - nicht nur im Wiener Schottengymnasium, sondern in ganz Österreich. Und die Gewinnerin des Wettbewerbs steht auf jeden Fall jetzt schon fest: die Bibel.

Das Kochbuch "Tasting the Plagues" ist erhältlich unter: pfarramt@reformiertestadtkirche.at

Alle prämierten Arbeiten sind zu finden im Web unter:

www.jahrderbibel.at

Auskünfte und Kontakte: Österreichische Bibelgesellschaft,

Tel. (01) 523 82 40

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