Bruder in karger Zeit

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Kaum öffentlich bemerkt hat Rom auch den - bereits im Mai eingereichten - Rücktritt von St. Pöltens Weihbischof Heinrich Fasching angenommen. Hommage an einen Mitbruder, der für viele in der Kirche ein treuer Diener war.

Was ist es, was Heinrich Fasching schon als Priester, dann ab 1993 als St. Pöltner Weihbischof besonders ausgezeichnet hat?

Der Menschen wegen

Als Wahlspruch nahm er: "Propter nos homines". Das Wort stammt aus dem alten Credo. "Propter nos homines" ist das Wort Gottes vom Himmel herabgekommen, ist Mensch geworden und hat unter uns gewohnt, um zu heilen, zu erlösen. Ich glaube, dass es Heinrich Fasching immer um dieses "der- Menschen-wegen" gegangen ist. Weiß er doch als guter Kirchenrechtler, dass in der Kirche "das Heil der Seelen, immer das oberstes Gesetz sein muss". Dass also der Mensch über dem Gesetz steht. Das erinnert an das Wort des Herrn, dass der Sabbat für den Menschen da ist und nicht umgekehrt. (Mk 2, 27) Wie oft mag Heinrich Fasching in seinen Entscheidungen im Ordinariat, auch im Diözesangericht vor dem Dilemma gestanden haben, was dem Menschen nun mehr nützt, die Strenge des Gesetzes oder ein Ausweg in Barmherzigkeit - ek oikonomia, wie es uns die Ostkirche vorlebt.

In seiner Dankansprache nach der Bischofsweihe hat Heinrich Fasching seinen Wahlspruch erklärt: "Wenn Er, der von Ewigkeit her beim Vater war, diese Herrlichkeit propter nos homines' so gering geachtet hat, dass er sie mit der Armut des Stalles von Bethlehem, mit dem harten Holz von Golgota vertauscht hat, dann muss unser Herr von einer ganz großen Liebe zu uns Menschen beseelt sein! Nach Gottes Bild und Gleichnis ist der Sohn Gottes Mensch geworden und hat so die menschliche Würde noch wunderbarer erneuert. Hierin liegt der tiefe Grund aller Menschwürde und aller Menschenrechte." Um den Menschen ist es Heinrich Fasching immer gegangen, um seine Würde, seine Rechte, wo immer sie bedroht wurden.

Verwirklicher des Konzils

Ein Zweites, das Bischof Fasching ausgezeichnet hat, war die konsequente Verwirklichung des Konzils.

Und was hat Heinrich Fasching vom Konzil her wohl am meisten bewegt? Die bischöfliche Kollegialität, wie er nach der Weihe betonte. Kollegialität aber ist Ausfluss der Communio-Ekklesiologie, zu der die Kirche im Konzil wieder zurückfand. Eine Communio nicht nur im Bischofskollegium, sondern die schon grundgelegt ist in der Gleichheit aller durch die Taufe. Im nachsynodalen Schreiben "Pastores gregis" (2003) legt der Papst dem Bischof gerade eine Spiritualität nahe, die im Einklang mit allen Getauften gelebt wird, da sie ja zusammen mit ihm, dem Bischof, Kinder des einen Vaters im Himmel und der einen Mutter auf Erden, der heiligen Kirche sind. Ja der Bischof habe "als erster die Aufgabe, sich zum Förderer und Animator einer Spiritualität der Gemeinschaft zu machen", soll doch die Kirche selbst zu einem Haus und zur Schule der Gemeinschaft werden. Bischof Fasching hat sich zu dieser Animation immer herausgefordert gefühlt, besonders wo Spaltungen und Risse in der Diözese drohten. Er wusste, dass man die notwendige Einheit nie durch Disziplin erreichen kann, sondern nur im Dialog, durch den Einsatz der ganzen Persönlichkeit und aus einer inneren Spiritualität heraus.

Zwei für den Bischof unerlässliche Grundhaltungen habe ich aus dem Papstschreiben herausgelesen, die mich an Heinrich Fasching besonders erinnern: das notwendige Hören auf das Wort, bevor es verkündet wird, und dann die Bekräftigung der Predigt des Wortes durch das Beispiel.

Hörer des Wortes

Die Versammlung der Bischofssynode im Oktober 2001, die der Papst nun zusammenfasste, hat auf einige Mittel hingewiesen, die notwendig sind, das geistliche Leben eines Bischofs zu nähren. Dazu gehört an erster Stelle das Hören auf das Wort Gottes. Wörtlich schreibt der Papst: "Deshalb muss der Bischof, noch bevor er Vermittler des Wortes ist, zusammen mit seinen Priestern und wie jeder Gläubige, ja wie die Kirche selbst, Hörer des Wortes sein. Er muss gleichsam innerhalb' des Wortes sein, um sich von ihm wie von einem Mutterschoß behüten und nähren zu lassen." Ich möchte dieses Wort mehrfach unterstreichen. Ich denke, dass viele Spannungen in der Kirche insgesamt und in einer Diözese fruchtbar werden könnten und viel mehr Gemeinsamkeit entstünde, wenn wir alle, Bischöfe, Priester und andere Mitverantwortliche die Betrachtung und Auslegung der Schrift zur Grundlage unseres geistlichen Lebens und unserer Verkündigung machten. Und dass wir all unser Tun jeweils am Evangelium messen und auch von ihm her korrigieren lassen.

Dann aber wird die Glaubwürdigkeit unserer Verkündigung vom Beispiel unseres Lebens abhängen. "Würde der Bischofs, der mit einer im Namen Jesu Christi ausgeübten Autorität das in der Gemeinde gehört Wort lehrt, selber nicht leben, was er lehrt, gäbe er der Gemeinde eine widersprüchliche Botschaft," sagt der Papst. Ja "das Lebenszeugnis wird für den Bischof gleichsam ein neuer Ausweis von Autorität. So tritt an die Seite der Autorität das Ansehen. Beides ist nötig. Denn aus dem einen ersteht die objektive Forderung, dass die Gläubigen an der authentischen Lehre festhalten; der zweite Aspekt erleichtert es ihnen, Vertrauen in die Botschaft zu setzen."

Zeugnis in schwieriger Zeit

Ich komme nochmals auf Heinrich Faschings Worte nach der Weihe zurück. Er hat gesagt, in der Nachfolge unseres Meisters sich zu bemühen, "propter homines", immer für die Menschen da zu sein, sei ein sehr hoch gestecktes Ziel, "gilt es doch, in den Spuren Jesu zu gehen, dessen Entäußerung uns verpflichtendes Beispiel ist - angefangen von seinem Kommen im Stall über die Fußwaschung bis hin zur vollendeten Hingabe am Kreuz." Fasching wusste, dass sein Weg nicht leicht sein wird, aber er konnte nicht ahnen, was diese Nachfolge Jesu ihm in der Diözese schließlich alles bringen wird. Er ist in diesen Jahren für sehr viele zum Diener geworden und hat vielleicht doch unter der Kargheit sichtbaren Erfolges gelitten. Der Schein trügt. Er hat die Alltagsarbeit der Diözese in erstaunlicher Geduld und Treue weitergeführt und ausgebaut. Für viele ist er Not wendende Ansprechperson gewesen in ihren Sorgen, Problemen, manchmal auch Enttäuschungen. Er hat sich wirklich in Bescheidenheit - um beim Bild der Fußwaschung zu bleiben - vor viele hingekniet, um ihnen Bruderdienste zu leisten.

Der Autor ist Weihbischof in Wien. Der Text ist die gekürzte Fassung der Predigt, die Bischof Krätzl am 26. Oktober 2003 in St. Pölten zum 10-jährigen Bischofsjubiläum von Heinrich Fasching gehalten hat.

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