Kardinal König, Netzwerker beim Konzil

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Die Nebel lichten sich: Zehn Jahre nach dem Tod von Kardinal König wird auch seine Rolle beim Zweiten Vatikanischen Konzil aufgearbeitet und einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Man hatte zwar längst vermutet - auch aus den Andeutungen, die der Kardinal zu Lebzeiten fallen ließ -, dass Königs Rolle beim Konzil eine eminente war, aber in den großen Büchern übers II. Vatikanum, kommen Namen wie der des Kölner Kardinals Josef Frings, seines Utrechter Amtskollegen Bernard Alfrink oder des Münchners Julius Döpfner meist prominenter vor als des Wiener Erzbischofs. Das mag auch der zum Understatement neigenden persönlichen Bescheidenheit Franz Königs geschuldet sein, welche die Nachfahren auch vor eine gewisse Detektivarbeit stellt. Der Salzburger Kirchenhistoriker Dietmar Winkler bezeichnet Königs Wirken auf dem Konzil als das eines "Netzwerkers" - und das trifft dessen Rolle vermutlich auf den Punkt.

Es ist der bei Styria Premium seit zwei Jahren aufgelegten "Kardinal König Bibliothek" zu verdanken, dass die Kenntnislücke über des Kardinals tatsächliches Wirken beim II. Vatikanum mehr und mehr geschlossen wird. Drei Wegbegleiter des Kardinals - engste Mitarbeiterin bis zuletzt und nun Leiterin des Kardinal-König-Archivs, Annemarie Fenzl, der einstige König-Sekretär und heute emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl und ein weiterer Kardinals-Sekretär und der spätere Neutestamentler in Luzern, Walter Kirchschläger -zeichnen als Herausgeber der fünf Bände verantwortlich.

Brücken zu Patriarch Athenagoras

Dem in Salzburg lehrenden Ostkirchenexperten Dietmar Winker ist im vierten Band der Reihe "Wann kommt die Einheit? Ökumene als Programm und Herausforderung" die spannende Darstellung des ökumenischen Aufbruchs in der katholischen Kirche zu verdanken. Wenn man bedenkt, dass noch 1954, bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Evanston die katholischen Beobachter nicht teilnehmen konnten, weil ihnen der Erzbischof von Chicago das Betreten der in seiner Diözese gelegenen Stadt verboten hatte, so ist zu ermessen, wie rasant sich die Öffnung der katholischen Kirche zur Ökumene binnen eines Jahrzehnts vollzog.

Das Werden des Konzilsdokuments zur Ökumene, "Unitatis Redintegratio", das dann im November 1964 von den Konzilsvätern beschlossen wurde, liest sich in diesem Buch wie ein Krimi.

Auch das Agieren von Kardinal König kommt gebührend zur Geltung. Wenig bekannt ist, dass König durch persönliche und private Initiativen die Brücken zum Ökumenischen Patriarchen Athenagoras, dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxie aufbaute; die Begegnung von Paul VI. mit Athenagoras in Jerusalem Anfang 1964 und die gegenseitige Aufhebung der Exkommunikationen von Rom und Konstantinopel im November 1965 wären ohne dieses Engagement kaum möglich gewesen. Auch die Gründung der Stiftung Pro Oriente in Wien und die dort Anfang der 70er-Jahre erreichte theologische Einigung mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen werden ebenso gewürdigt wie Königs Kontakte zu den Protestanten.

Die Bibel ist "wahr". Und sie "irrt".

Im ersten Moment wirkt das Werden der Offenbarungskonstitution "Dei Verbum", die im November 1965 vom Konzil beschlossen wurde, weitaus sperriger. Doch gelingt es Walter Kirchschläger im Band "Ob die Bibel irren kann? Das Gottesprojekt Bibel" die Entwicklungen und vor allem das Über -den-Schatten-Springen innerhalb der katholischen Kirche nachvollziehbar und plastisch zu machen.

Auch diese Vorgänge waren spannend - in allen Nuancen des Wortsinns: Zum einen galt es, den Stillstand, dem die Bibelwissenschaft und -interpretation in der katholischen Kirche mehr als hundert Jahre ausgesetzt war, zu überwinden -auch dies in geradezu atemberaubendem Tempo -und andererseits Methoden der Geschichtswissenschaft und Sprachkritik, ohne die moderne Exegese undenkbar ist, nachhaltig zu verankern.

Auch da kann Kirchschläger die Spuren, die Kardinal König in dieser Auseinandersetzung auf dem Konzil hinerlassen hat, freilegen. Hier musste die konservative Seite ebenfalls überzeugt werden (in der Nachkonzilszeit wurde das wieder viel schwieriger ). Kirchschläger gelingt es jedenfalls, die Spannung zwischen der Glaubensgewissheit, dass die Bibel "wahr" ist und gleichzeitig auch "irrt", auf den Punkt zu bringen. Dass Kardinal König bei der hier nötigen Überzeugungsarbeit auf dem Konzil auch "didaktisch" geradezu brillant agiert, kann man der Lektüre des Buches entnehmen. Man freut sich so auf die beiden letzten Bände der Reihe, die noch ausständig sind.

Wann kommt die Einheit? Ökumene als Programm und Herausforderung. (Kardinal König Bibliothek Band 4), Von Dietmar Winkler, Styria Premium 2014.150 Seiten geb., € 16,99 Ob die Bibel irren kann? Das Gottesprojekt Bibel. (Kardinal König Bibliothek Band 5),. Von Walter Kirchschläger, Styria Premium 2014.180 Seiten geb., € 16,99

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