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Auf Dauer zu wenige Kinder

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„Wollen sie noch ein Rind?", wurden die Österreicherinnen gefragt. Das Ergebnis der Erhebung bepstätigt die anhaltende Tendenz zu einer Kinderzahl, die langfristig einen Bevölkerungsrückgang bringt.

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„Wollen sie noch ein Rind?", wurden die Österreicherinnen gefragt. Das Ergebnis der Erhebung bepstätigt die anhaltende Tendenz zu einer Kinderzahl, die langfristig einen Bevölkerungsrückgang bringt.

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Im Rahmen der Mikrozensus-Er-hebungen wurden im Jahr 1991 auch Fragen nach dem Kinderwunsch gestellt. Zu diesem Thema wurden weibliche Personen im Alter von 15 bis 40 Jahren befragt, während Fragen nach der tatsächlichen Kinderzahl an alle über 15jährigen Frauen gerichtet wurden.

Im selben Haushalt wie alle interviewten Frauen (verheiratete, ledige, geschiedene, verwitwete) leben im Durchschnitt 0,8 Kinder (übrigens eine eigenartige Ausdrucksweise für den Umstand, daß auf je zehn Frauen durchschnittlich acht Kinder kommen).

Welche Merkmale weisen nun Frauen auf, die mit relativ vielen Kindern im Haushalt zusammenleben? Es sind erwartungsgemäß vor allem die verheirateten (auf 100 verheiratete Frauen kommen 116 Kinder). Unter den verheirateten haben wiederum folgende Altersklassen die meisten Kinder zu Hause: die 30-bis 35jährigen (173 Kinder), die 35- bis 40jährigen (185) und die 40- bis 45jährigen (165).

Weiters zeigen die Daten, daß die „kinderreichen" Frauen eher Ausländerinnen (Türkinnen: 180 Kinder, Ex-Jugoslawinnen: 91) sind als Österreicherinnen (77). Sie haben, was ihr Bildungsniveau anbelangt, eher eine Lehre gemacht oder eine mittlere Schule besucht (85), als eine höhere Ausbildung genossen (68). Sie sind eher im Westen (Tirol: 94, Vorarlberg: 100) als im Osten des Landes (Wien: 53, Niederösterreich: 79) beheimatet.

Interessant ist weiters ein historischer Rückblick auf die Kinderfreudigkeit in Österreich. Sie läßt sich aus der Zahl von Kindern ablesen, die Frauen unterschiedlicher Altersklassen in ihrem Leben insgesamt bekommen haben. Frauen, die vor 1906 geboren sind, haben mit 176 Kin- ~~ dem (auf 100 Frauen) die niedrigsten Werte aller Frauen mit abgeschlossener Fertilität zu verzeichnen. Das steht wohl in Beziehung zu den großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der zwanziger und dreißiger Jahre. 27,6 Prozent dieser Frauen sind überhaupt kinderlos geblieben.

Relativ hohe Werte findet man hingegen bei den heute 75- bis 85jährigen Frauen: Auf 100 von ihnen kommen im Durchschnitt zwischen 191 und 199 Kinder. Sie haben für die hohen Geburtenzahlen im „Dritten Reich" gesorgt. Danach folgt wieder ein Einbruch: Die schlechten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg dürften schuld daran sein, daß die nächste Altersklasse, die zwischen 1921 und 1925 Geborenen (sie sind heute über 70) weniger Kinder, nämlich 184 bekommen haben. Die troßte Fertilität trifft man bei den in en dreißiger Jahren geborenen Frauen an: 238 bzw. 233 Kinder auf 100 Frauen. Das war der Babyboom der fünfziger und frühen sechziger-Jahre. Von da an sind die Zahlen rückläufig und liegen unter dem für die Aufrechterhaltung eines gleichbleibenden Niveaus der Bevölkerung notwendigen Wert von 210. Bei den heute 35-bis 40 jährigen liegt der Wert bei 182, bei den 30- bis 35jährigen bei nur 155. Nun stimmt selbstverständlich der Einwand, daß es sich bei diesen Kinderzahlen nicht notwendigerweise um endgültige Werte handelt. Immerhin sind diese Frauen ja noch im gebärfähigen Alter. Wollen sie also noch Kinder haben?

Die Befragungsergebnisse zeigen, daß dies im allgemeinen nicht der Fall ist: Jedenfalls erklären 88 Prozent der 35-bis 40jährigen, sie wollten keine Kinder mehr. Im Durchschnitt wünschen sich 100 von ihnen insgesamt nur 16 Kinder. Bei den 30- bis 35jährigen liegen die Werte zwar höher (38), sie reichen aber auch nicht um die Zahl ihrer schon geborenen Kinder auf den schon erwähnten Wert von 210 zu ergänzen.

Selbstverständlich hängt der Kinderwunsch von der Zahl der bereits geborenen Kinder ab: 100 kinderlose

Frauen wünschen sich durchschnittlich 150 Kinder. Bei den Frauen, die schon ein Kind haben, sinkt der entsprechende Wert auf 88 und auf 20 bei Frauen mit zwei Kindern.

Fallend ist der Kinderwunsch auch mit zunehmendem Alter: Von den 20- bis 25jährigen wollen 16

Prozent keine Kinder mehr haben, bei den 30- bis 35jährigen sind es schon 68 Prozent. Zählt man alles zusammen, so ergeben Kinderzähl und Kinderwunsch jedenfalls mit 186 Kindern auf 100 Frauen einen Wert, der nicht für den vollständigen Ersatz der Jahrgänge reicht.

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