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Religionsunterricht 66

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Ein Religionsprofessor, selbst ir der Pfarre und in einer studentischen Organisation (dort führend, engagiert, nimmt zu einer Fragt Stellung, die in der Mitte der Bemühungen um eine Realpräsenz dei Kirche in der Welt stehen müßte.

Es geht um die Abstimmung vor Religionsunterricht als Dargebot vor Wissen und von Seelsorge an den Schülern. Vor allem diese scheint da und dort nicht in Ordnung zu sein Dieses Thema und die Themengestaltung sind so provokativ, daß wii einen Dialog erwarten dürfen: Abei lediglich unter pastoralen Aspekten.

Der Herausgeber

Religion ist Bindung an Gott, Verbindung mit Gott, Religion ist blutvolles Leben. Unsere Schulen kennen aber in erster Linie nur Wissensvermittlung, womöglich in dei am wenigsten befriedigenden Weis« des Vortrages eines Lehrers und des „braven“ Mitschreibens der Zuhörei und der rein phonetischen Wiedergabe des Gehörten zur Zeit dei „Wiederholungen“, sprich Prüfungen. So gerät in der Mühle dei Schulverwaltung und des Schulbetriebes aber auch die Religion leider allzuoft auf das Geleise der bloßen Wissensvermittlung. Gedacht wäre eine solche Vermittlung des Glaubensgutes für überzeugte Christen, die unsere Schüler aber nur selten sind; vielleicht gar nicht sein können, da sie in der Zeit des Besuches der Höheren Schule mitten im weltanschaulichen Um- und Aufbruch ihres jungen Lebens stehen, weshalb ihnen fertige Antworten grundsätzlich verdächtig sind.

Vielleicht sträuben sich die Schüler unbewußt dagegen, daß Religion wie Geographie oder Naturgeschichte behandelt wird, daß in der ersten Stunde die Ölvorkommen in Venezuela gelehrt werden und in der zweiten nach fünf Minuten Essen und Plaudern die Krankenölung oder der Josephinismus -Und nach weiteren, fünf Minuten Pause das Lanzettfischchen.

Religiöses Wissen ist nicht immer auch religiöses Leben, wiewohl es für heranwachsende intellektuelle Christen selbstverständliche Pflicht wäre, ihren Glauben auch wissensmäßig zu vertiefen. Interesse für Theologie, religiöses Wissen und christliche Philosophie bekunden aber auch weltanschauliche Gegner, um sich das Rüstzeug zum geistigen Kampf zu besorgen.

Vielleicht sträuben sich die Schüler ferner gegen eine Religion, zu deren Verkünder sie in einem direkten schuldisziplinären Abhängigkeitsverhältnis stehen. In den Jahren des pubertären Umbruchs ist der Jugend jede gesetzte Autorität suspekt, ob gerechtfertigt oder nicht. Wenn nun schon in den profanen Fachem dieses Abhängigkeitsverhältnis als unvermeidlich hingenommen wird, erregt es doch im religiösen Bereich eohte Verärgerung.

Auf der einen Seite im „fbrum internum“, im Bereich seelischer Hilfe, charakterlicher Beratung und sittlicher Stütze ein begnadeter Seelsorger zu sein und zugleich an denselben Menschen im „forum externum“, im Bereich der Wissensarbeit, strenge Pflichterfüllung mit Benotung zu erzwingen, ist beinahe mehr als die größten Persönlichkeiten zu leisten imstande sind. So stehen dem Schüler zwei Extrem-

typen als Religionslehrer gegenüber, deren Darstellung freilich an dieser Stelle überzeichnet werden soll:

Auf der einen Seite der Seelsorger, der seine Schäfchen aus dem verflochtenen Dornengestrüpp jugendlicher Seitensprünge herausholen will, der die Not unserer Zeit und unserer Jugend kennt, dem das Seelenheil seiner ihm anvertrauten Schüler mehr bedeutet als die „papierene Gerechtigkeit“ der Schulnoten; er wird für die Gutwilligen ein „sehr gut“, für alle übrigen ein „gut“ bereit haben.

Auf der anderen Seite der Schulfuchs, der wohl auch Not und Elend unserer Jugend kennt, zumindest unterschwellig, für den aber Arbeit, Pflicht, Studium, Prüfung, Wiederholungen primäre Zeugnisse seelsorglicher Mühe beziehungsweise Erfolge sind; er wird sich nicht scheuen, die Notenskala von „sehr gut“ bis „genügend“, im Extremfall bis „nicht genügend“ auszuwerten.

Niemand anderer als ein Schüler kann so schlecht die Grenzen zwischen Güte und Schwäche erkennen. Wenn schon schwache Persönlichkeiten in profanen Fächern das Bild des Lehrers, des Erwachsenen, ins Lächerliche verzerren, so ist die Person eines unfähigen Lehrers im Religionsunterricht geradezu tödlich für die Bildung einer religiös orientierten Weltanschauung. Nirgends ist die Gefahr, daß vom Gegenstand auf das Leben geschlossen wird, so groß als hier. Schwacher Religionslehrer = schwache Religion!

Da gibt es keine Ausrede auf Güte, Verzeihen, Barmherzigkeit oder gar „guter Hirte“. Im Gegenteil; solche Vorspiegelungen wirken blasphemisch. Sie werden von völlig Verfehlten Vorstellungen geholt, Christus, der gute Hirte, ist kein Vorbild für Schwache und keine Ausrede für pädagogische Unfähigkeit.

Ein berüchtigtes Beispiel aus der Praxis: Ein Religionsprofessor kommt in einer Schulklasse nicht durch, „opfert seinen Unterricht auf“, sagt wörtlich: „Ich bin Christus, kreuzigt mich“, und die Schüler bewerfen ihn unter Hurrageschrei mit Papierknödelchen.

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