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Sorgen von morgen

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Verbilligung der Erzeugung trotz ständig ansteigender Betriebsmittelkosten, Verbesserung der Weinqualität auf breiter Basis und Sicherung und Auswertung des Weinabsatzes sind — neben vielen kleineren — die vordringlichen Sorgen des österreichischen Weinbaues.

Eine Verbilligung der Erzeugung muß schon zur Hebung des Arbeitseinkommens der meist kleinen, fast ausschließlich mit Familienmitgliedern arbeitenden Weinbaubetriebe angestrebt werden. Aber auch die scharfe Konkurrenz der großen südlichen Weinbauländer, die unter günstigeren natürlichen Erzeugungsvoraussetzungen, meist aber auch mit geringerem sozialem Standard und primitiveren Lebensansprüchen Wein produzieren, konfrontieren unseren Weinbau mit dem Preisproblem. Die Erzeugungskosten in Spanien, Italien, Südfrankreich und Jugoslawien können mit der Hälfte und zum Teil auch weniger der österreichischen angenommen werden.

Eine Senkung unserer Erzeugungskosten um die Hälfte ist aber nicht möglich. Trotzdem versucht der österreichische Weinbau seit Jahren, arbeitssparende Kulturmethoden einzuführen — vor allem durch den Übergang von den sehr handarbeitsaufwendigen Pfahlkulturen auf die mechanisierbaren Drahtanlagen. Durch züchterische Verbesserung des Rebenmaterials im Zusammenwirken mit intensiverer Düngung und Schädlingsbekämpfung werden die Ernten regelmäßiger und größer und die Weinqualitäten verbessert.

Aber die Mechanisierung des Weinbaues hat Grenzen. Viele Arbeiten müssen händisch verrichtet werden und erfordern noch dazu hohe fachliche Kenntnisse. Ein großer Teil der Weingärten, vor allem die besten Qualitätslagen, liegen in steilem Gelände, das den Einsatz von Maschinen erschwert. Darüber ist sich der österreichische Weinbau klar. Er kapituliert aber nicht vor diesen Schwierigkeiten, er kennt auch seine Stärke.

Man kann billigen südlichen Massenwein nicht ohne weiteres auf eine Stufe mit einem Glas gepflegten heimischen Weines stellen. Der gute Wein aber kann auch in diesen Ländern nicht billig erzeugt werden und tostet auch dort ein Vielfaches der Massenweine. Ein steigender sozialer Standard wird auch eine Hebung der Gestehungskosten in diesen Ländern nach sich ziehen.

Die Verbesserung der Weinqualität ist eine weitere Aufgabe unseres Weinbaues. Sie wird durch Verbesserung des Sortensatzes, züchterische Bearbeitung der Sorten, größere Sorgfalt bei der Lese und Verarbeitung der Weintrauben sowie durch fachgemäße Behandlung der Weine erreicht Die zunehmend verbesserte technische Ausstattung der Winzergenossenschaften, der Erzeugerkellereien und des Weinhandels, aber auch die bessere fachliche Ausbildung des Nachwuchses berechtigen schon jetzt zur Hoffnung, daß jene hohe Qualitätsstufe, die heute schon von einem beachtlichen Teil der österreichischen Weinerzeugung erreicht ist und keinen internationalen Vergleich zu scheuen braucht, über kurz oder lang von allen Betrieben erreicht wird. Auch das neue österreichische Weingesetz wird zur Förderung naturhafter, leichter, bekömmlicher Weine mit geordneten Qualitäts- und Herkunftsbezeichnungen beitragen. In diesem Gesetz ist auch vieles im Sinn der EWG-Weingesetzgebung geregelt.

Aber auch der beste Wein muß von jemandem gekauft und getrunken werden. Daher ist der Blick der heimischen Weinerzeugung immer mit besonderer Aufmerksamkeit auf den Weinmarkt gerichtet. Die österreichische Weinmesse in Krems soll wieder einmal ein Fenster zum Konsumenten auftun.

Derzeit halten sich in Österreich die Produktion und der Konsum mit 1,5 Millionen Hektoliter ungefähr die Waage. Ungefähr 20 Liter Wein pro Kopf verbraucht der Österreicher gegenüber 60 Liter in der Schweiz, 90 Liter in Spanien und etwa 150 Liter in Frankreich. Man kann also vom Wein aus nicht sagen, die Österreicher neigen zum Alkoholismus. Wer würde die Schweizer mit einem dreifachen Weinkonsum nicht für ein nüchternes Volk halten?

Durch die gesetzlichen Maßnahmen, regelmäßigere und reichere Ernten zur Hebung der Produktivität zu erzielen, steigen naturgemäß auch bei gleichbleibender Anbaufläche die Weinerträge. In besonders guten Erntejahren, wie dies die Jahre 1958 und 1963 waren, wurden zwei Millionen Hektoliter Wein geerntet.

Solche Ernten werden in Hinkunft häufiger sein. Der Weinbau wird also für sein Erzeugnis mehr als bisher werben müssen. Er wird sich aber auch bemühen, leichtere Weine auf den Markt zu bringen, welche die fruchtige Eigenart des Traubengetränkes deutlicher erkennen lassen und von denen ohne Bedenken mehr konsumiert werden kann.

Österreich soll ein Land des Kulturkreises des Weins bleiben. Der Wein hat alle Voraussetzungen, Volksgetränk zu sein, er hat aber auch — wie sonst nichts anderes — die hohe Eignung, das Getränk der festlichen Tafel zu sein.

350 Weinproben werden also in den nächsten Tagen in Krems die Erzeugung vor 70.000 österreichischen Weinbaubetrieben repräsentieren. Stolz auf ihr Erzeugnis, hoffen die Aussteller, mit dieser Veranstaltung der österreichischen Wirtschaft zu dienen.

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