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Obwohl die Weingartenfläche nur knapp ein Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Österreich einnimmt, ist die Wertschöpfung des Weinbaues doch bedeutend. Sie beträgt im großen Ertrags- und Preisdurchschnitt für die österreichische Weinhauerschaft etwa eineinhalb Milliarden Schilling und ist damit für viele Betriebe ein wesentlicher Bestandteil der Betriebseinnahmen. Volkswirtschaftlich gesehen, ist das um so bedeutsamer, da die Weinrebe vielfach auf Flächen kultiviert wird, die anders landwirtschaftlich kaum nutzbar sind. Seit jeher war der Weinbau bis in die jüngste Zeit, als es noch keine Möglichkeit der Mechanisierung im Weinbau gab, eine der arbeitsintensivsten landwirtschaftlichen Kulturen. So kam es, daß in den Weinbaugebieten die Bevölkerungsdichte relativ groß ist. Es kommt dadurch zu einer Betriebsstruktur, in der die Klein- und Kleinstbetriebe überwiegen. Auf Grund der letzten land- und forstwirtschaftlichen Betriebszählung gibt es in Österreich etwa 80.000 Betriebe, die Weinbau betreiben. Allerdings ist in einem großen Teil davon der Weinbau nur ein Nebenbetriebszweig. Wenn man die reinen Weinbaubetriebe und die Weinbauackerbetriebe bei den weiteren Betrachtungen herausgreift, dann handelt es sich dabei um etwa 25.000 Betriebe, die den . Großteil ihrer Einnahmen aus dem :,Weinbau erzielen. .Es sind dies immerhin ..rund acht Prozent aller landwirtschaftlichen “'Betriebe in Österreich. . mB9S

Der österreichische Weinbau steht nun vor einer der schwersten Aufgaben, die er je zu lösen hatte. Es gilt, die österreichischen Weinbaubetriebe darauf vorzubereiten, daß sie in einer größeren europäischen Wirtschaftsgemeinschaft konkurrenz- und lebensfähig werden. Dde Schwierigkeit dieser Aufgabe läßt sich daran ermessen, daß bei einer Assoziierung an die EWG-Länder der österreichische Weinbau mit den größten Weinbauländern der Welt in direkte Konkurrenz treten muß. In der EWG beträgt die gesamte Weinernte zwischen 120 und 150 Millionen Hektoliter. Die Durchschnittsweinernten in Österreich liegen dagegen bei nur 1,2 bis 1,5 Millionen Hektoliter, also etwa ein Prozent des EWG-Durchschnittes. Aus diesem Größenvergleich läßt sich erkennen, mit welch bedeutenden Konkurren- , ten der österreichische Weinhauer, der sich strukturell in einer ungünstigeren Ausgangsposition befindet, sich auseinandersetzen muß.

Um den Bestand des österreichischen Weinbaues künftig zu sichern, gibt es daher nur die eine Möglichkeit, unsere Produktion so zu gestalten, daß sie etwas spezifisch österreichisches ist, das in anderen Ländern nicht nachgeahmt werden kann. Dank der klimatischen Voraussetzungen sind wir in der Lage, Weine von hoher Qualität zu erzeugen, die zu den Spitzenweinen der Welt zählen. Allerdings ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen, daß in den Weingärten durch eine möglichst rasche und lOOpro-zentige Umstellung auf Qualitätssorten der Grundstein dazu gelegt wird. Die Förderung arbeitet schon seit Jahren an der Verwirklichung dieses Zieles, und es konnten auch bereits große Erfolge erzielt werden. Der österreichische Weinbau hat sich schon wiederholt auf internationaler Ebene, wie bei den Grünen Wochen in Berlin, bei den internationalen Weinkosten in Laibach, Budapest und Preßburg und zuallerletzt bei der europäischen Zentrallandwirtschafts-messe in Verona, mit seiner Qualität hervorragend behaupten können.

Auch die österreichische Weinmesse, die in diesen Tagen wieder in Krems abgehalten wird, soll dazu beitragen, den österreichischen Wein dem In- und Ausland vorzustellen. Diese Weinmesse soll daher künftig in jedem Frühjahr zum festen Ausstellungsprogramm in Österreich zählen.

Allerdings ist zur Erreichung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe noch beträehtliche Arbeit zu leisten. Wenn wir in der Qualität schon vieles erreicht haben, so muß unser Bemühen mit unverminderter Zähigkeit fortgesetzt werden, damit auch die letzten Schwächen noch beseitigt werden. Neben der Förderung der Qualität müssen auch die Produktionskosten in unserem Weinbau gesenkt und damit dem südeuropäischen Niveau angepaßt werden. Auch in dieser Frage wurden insbesondere im letzten Jahrzehnt große Fortschritte erzielt. Wer in den fünfziger Jahren durch unsere Weinbaugebiete gefahren ist, hat damals ausschließlich arbeitsintensive Pfahlkulturen gesehen. Es hat noch keinen Traktor im Weingarten gegeben. Heute, nach 13 Jahren, ist bereits ein Drittel der gesamten Weingartenfläche — in einzelnen Bezirken bereits weit mehr als die Hälfte aller Weingärten — auf arbeitssparende Erziehungssysteme umgestellt worden. Diese Umstellung auf die Hochkultur hat die Weinhauerschaft bedeutende finanzielle und arbeitsmäßige Opfer gekostet. Die Umstellungsarbeit war und ist jedoch notwendig, denn die Hochkultur erlaubt einerseits die Vollmechanisierung der Bodenbearbeitung und der Schädlingsbekämpfung im Weinbau und senkt anderseits durch das Wegfallen von bedeutenden Teilen der Stockpflege den Arbeitsaufwand auf etwa ein Drittel gegenüber der Pfahlkultur.

Die Einführung der Hochkultur hat jedoch auch neue Probleme gebracht, die dringend gelöst werden müssen. Die Mechanisierung setzt nämlich Zufahrtswege und größere Flächen voraus. Daher wird es die Aufgabe der Weinbauförderungsstellen in den kommenden Jahren sein, durch Kommassierung und Güterwegebau die Voraussetzungen für eine vollmechanisierte Hochkultur zu schaffen.

Qualität und möglichst rationelle Erzeugungsmethoden sind aber nur die Vorbereitungsmaßnahmen auf dem Produktionssektor. Mindestens gleichbedeutend ist die Erhaltung und der Ausbau unserer Absatzmärkte. Hier wird es die Aufgabe der gesamten österreichischen Hauerschaft sein, durch Intensivierung von Werbung, Marktforschung und Absatzplanung einerseits den heimischen Markt noch fester an sich zu binden und anderseits auch alle Exportchancen wahrzunehmen. Eine hervorragende Bedeutung in der Erfüllung dieser Aufgabe wird hier den österreichischen Winzergenossenschaften zukommen. Für viele Kleinbetriebe ist heute bereits die Vermarktung der Traubenproduktion unrentabel geworden. Künftig wird sich noch ein wesentlich höherer Prozentsatz der Weinproduzenten der genossenschaftlichen Ver-wertungs- und Absatzform bedienen. Wenn wir die Entwicklung des Faßraumes bei den Winzergenossenschaften betrachten, dann sehen wir ganz deutlich den Trend zur Genossenschaft. Während im Jahre 1937 nur 25.000 Hektoliter genossenschaftlicher Fassungsraum zur Verfügung stand, hat sich dieser im Jahre 1950 auf 80.000 Hektoliter, 1954 auf 190.000 Hektoliter, 1958 auf 240.000 Hektoliter und 1960 auf 350.000 Hektoliter erhöht. Bis heute hat diese Entwicklung schon weitere Fortschritte gemacht.

Dies aus der Fülle der Probleme, die derzeit den österreichischen Weinbau bewegen. Es soll damit aber jedem Freund des österreichischen Weinbaues gezeigt werden, daß sich der Weinbau auch heute elastisch den Erfordernissen der künftigen Entwicklung anpaßt, daß der österreichische Weinbau heute wie immer seinen festen Platz in der österreichischen Volkswirtschaft einnimmt und ihn auch künftig behaupten wird können.

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