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Trimester an der Mittelschule

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Für das kommende Schuljahr hat das Bundesministerium für Unterricht für alle Mittelschulen und eine Reihe anderer mittlerer Lehranstalten (Bildungsanstalten für Lehrer und Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen und Arbeitslehrerinnen; Handelsakademien und Kaufmännische Wirtschaftsschulen) die versuchsweise Einteilung des Schuljahres in Trimester statt wie bisher in Semester verfügt. Pflichtschulen und Hochschulen wurden einstweilen in diese Maßnahme nicht miteinbezogen. Damit ist eine der Empfehlungen, welche die Konferenz der Landesschulinspektoren für Mittelschulen im April 1951 an das Bundesministerium für Unterricht gerichtet hat, vorläufig als Versuch verwirklicht worden *.

Nach dem Muster der Hochschulen war das Schuljahr an allen österreichischen Schulen bisher in zwei zeitlich etwa gleich lange Halbjahre (Semester) geteilt, deren erstes am zweiten Samstag im Februar endete. An den Mittelschulen und den ihnen verwandten Lehranstalten teilte sich wieder jedes Halbjahr in zwei Zensurperioden. Das Ende der ersten Zensurperiode fiel in die zweite Hälfte des November, das der dritten in die zweite Hälfte April. Die Zensurergebnisse wurden in den beiden Zensurkonfe-

* Siehe hier den Artikel „Lebensnahe Mittelschule“ von Sektionschef Dr. Johann Vogelsang in der „Furche“ vom 21. April 1951.

renzen festgehalten und den Eltern in der Regel nur mündlich bei den allgemeinen Elternsprechtagen mitgeteilt. Die Ergebnisse der Klassifikationskonferenzen am Ende des ersten Halbjahres und am Jahresschluß hingegen wurden in Zeugnissen (Halbjahresausweis, Jahreszeugnis) schriftlich niedergelegt.

Es hat sich nun gezeigt, daß diese vier zeitlich ungefähr gleich langen Quartale für den Unterricht keineswegs gleich gut ausgewertet werden konnten. Der erste Zensurabschnitt (September bis Ende November) war erfahrungsgemäß der fruchtbarste. Er war durch keine längeren Ferien unterbrochen, und die Schüler waren in diesem Zeitabschnitt nach der Erholung der Sommerferien am leistungsfähigsten. Als höchst ungünstig erwies sich hingegen das zweite Quartal, das von Ende November bis Semesterschluß reichte, die zehntägigen Weihnachtsferien bildeten hier eine lange und empfindliche Unterbrechung. Dazu kam, daß sich auch die vier vor dem Beginn der Weihnachtsferien liegenden Wochen nicht mehr so fruchtbar gestalten ließen wie die erste Zensurperiode. Die Ursache war einerseits eine verständliche Entspannung nach der Leistungssteigerung, die zur ersten Zensurkonferenz führte, andererseits warfen die bevorstehenden Weihnachtsferien bereits ihre Schatten voraus. Noch ungünstiger lagen die Ver-

hältnisse in der Zeit.von Anfang Jänner bis Semesterschluß, die günstigstenfalls knappe fünf Wochen umfaßte. Nach den Weihnachtsferien braucht es erfahrungsgemäß einige Tage, bis alle Schüler wieder zu geregelter Tätigkeit zurückgefunden haben. Die Häufung von Prüfungen und Schularbeiten war in diesem Zeitabschnitt kaum vermeidbar. Bei Klassen, die — witterungsbedingt — im Jänner überdies noch auf Schikurs gingen, traten nicht selten Schwierigkeiten mit dem Halbjahresschluß auf. Ähnlich ungünstige Verhältnisse ergaben sich im dritten Quartal, das von Mitte Februar bis Ende April dauerte, durch die zehntägigen Osterferien. Fiel das Osterfest auf einen frühen Termin, so führten die zwei oder drei Wochen nach Ostern unmittelbar zur zweiten Zensurkonferenz hin, die für manchen Schüler immerhin schon Entscheidungen brachte. Fiel das Osterfest aber etwa in die M\Jte des Monats April, so war die zweite Zensurkonferenz von der vor Ostern geleisteten Unterrichtsarbeit überhaupt losgelöst und die Zensurergebnisse mußten praktisch schort Anfang April (das ist anderthalb Monate nach Semesterschluß) feststehen. Auch das letzte Viertel des Schuljahres war mannigfachen Beeinträchtigungen des normalen Unterrichtsbetriebes unterworfen. Mehrere gesetzliche Feiertage fallen in diesen Zeitabschnitt. Der Jahreszeit entsprechend, wird in den Monaten Mai und Juni je ein ganztägiger Wandertag abgehalten. Für Lehrwanderungen (Geographie, Naturgeschichte) und Schullandheimwochen bieten die Vorsommermonate die günstigsten Voraussetzungen. Besonders nachteilig wirkte sich die Kürze des letzten Quartals auf die achten Klassen aus, deren Reifeprüfung für einen frühen Termin angesetzt war; für sie dauerte der letzte Zensurabschnitt oft nur zwei bis drei Wochen.

Fast alle diese Schwierigkeiten lassen sich durch eine Dreiteilung des Schuljahres recht einfach beheben. Sie ergibt sich ganz von selbst durch die großen kirchlichen und zugleich staatlichen Feste Weihnachten und Ostern,

die auch bisher schon mit längeren Schulferien verbunden waren. (Daß das Osterfest variabel ist, spielt dabei keine ausschlaggebende Rolle.) Das erste Trimester endet — mit Rücksicht auf das Weihnachtsfest — bereits in der ersten Dezemberhälfte, das zweite in der Woche vor dem Palmsonntag. Der Halbjahresausweis, der ohnehin keinerlei Berechtigungen verlieh, entfällt, über die Ergebnisse der Beurteilungskonferenzen am Ende des ersten und zweiten Trimesters wird ein für beide Trimester verwendbarer Ausweis ausgestellt, am Ende des Schuljahres wie bisher das Jahreszeugnis.

Die Vorteile der Neuregelung im Hinblick auf die oben dargelegten Schwierigkeiten sind evident: Der erste, fruchtbarste Abschnitt des Schuljahres wird bis gegen Weihnachten hin verlängert. Der zweite Abschnitt (Weihnachten bis Ostern) ist, abgesehen von den Schikursen, völlig störungsfrei, da sowohl der Semesterschluß wie die bisher durch die Osterferien verursachte Unterbrechung wegfallen. Die nicht vermeidbaren Störungen im letzten Schuljahrsdrittel werden durch die Verlängerung dieses Abschnitts nicht so stark spürbar sein. So bewirkt die Trimestereinteilung eine ökonomischere Ausnützung der Unterrichtszeit und beseitigt überflüssige Belastungen, denen Schüler, Eltern und die Schule selbst ausgesetzt waren.

Die Neueinführung erhält aber auch noch einen tieferen pädagogischen Sinn. Indem sie die Notwendigkeit des Prüfens und Klassifizierens auf ein vertretbares Maß beschränkt und dadurch die ökonomischere Ausnützung der Unterrichtszeit ermöglicht, greift sie sehr bedeutsam in die Entwicklung unserer Mittelschule zur Erziehungsschule hin ein. Noch befindet sich die Neuregelung im Stadium des Versuches. Die sachlichen Argumente indessen, die für sie sprechen, sind so zwingend, daß an dem Ergebnis, wenigstens soweit es die mittleren Lehranstalten betrifft, kaum gezweifelt werden kann.

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