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Sieg für den Tourismus?

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Schulbeginn Ende Jänner, eine Woche Osterferien, Semesterschluß: 25. Juni, sechs Wochen Sommerferien, zweites Semester ab Mitte August, eine Woche Herbstferien (25. 10. bis 2. 11.), Schuischluß: 22. Dezember, fünf Wochen Winterferien.

So lautet der wohl weitreichendste Vorschlag für eine Neueinteilung des Schuljahres und der Ferien, vorgebracht in dem jüngst erschienenen und zahlreiche Reformen im Schulbereich anregenden Bändchen „Im Zentrum das Kind“ (von dem steirischen Hauptschullehrer Hartwig Stark im Eigenverlag herausgegeben).

Was vorige Woche Bildungspolitiker, Vertreter von Interessenverbänden, Eltern, Schülern und Lehrern in Wien zu einer „Ferien-Enquete“ im Unterrichtsministerium versammelte, war aber in erster Linie die vom oberösterreichischen Landesschulratspräsidenten Karl Albert Eckmayr eingeleitete Diskussion, ob die Semesterferien in ihrer gegenwärtigen Form sinnvoll seien (vgl. FURCHE Nr. 8/1981, S. 4).

Bekanntlich wird der Erholungswert dieser einen Ferienwoche anfangs Februar als gering erachtet, anderseits ist ein „Verkehrsinfarkt“ zu dieser Zeit fast unvermeidbar.

Verkehrspolitiker erblicken nun das Heil in einer stärkeren Staffelung der Semesterferien nach Bundesländern, wobei aber die vordringlich notwendige Trennung der größten Bundesländer Wien und Niederösterreich in der Praxis fast unmöglich ist.

Eckmayr, der sich mehr von pädagogischen Gedanken leiten ließ, plädierte dagegen für ein Anhängen der Semesterferienwoche an die Weihnachtsferien und einen Semesterschluß vor Weihnachten, um erstens eine längere Erholungseinheit zu schaffen und zweitens den derzeitigen „Jänner-Streß“ abzubauen.

Im Jänner gilt es nämlich für die gerade erst aus den Weihnachtsferien gekommenen Schüler, sofort auf Hochtouren zu kommen und entscheidende Prüfungen für das Halbjahreszeugnis zu bestehen - dies alles vor dem Hintergrund von Skikursen, die etliche Schüler wieder aus dem Lernprozeß reißen, aber durch Abwesenheit von Lehrkräften auch Stunden ausfallen lassen, deren Stoff dann im Eilzugstempo nachgeholt werden muß.

Semesterferien nach Weihnachten würden aber, um halbwegs gleichlange Semester zu bekommen, nach dem Eckmayr-Vorschlag auf ein Schuljahr von Mitte August bis Mitte Juni hinauslaufen, und an den Sommerferien

wollen weder Unterrichtsminister Fred Sinowatz noch SPÖ-Schulsprecher Hermann Schnell rütteln.

Außerdem, so argumentieren Gegner des Eckmayr-Plans, dürfte in etlichen Familien kaum Weihnachtsstimmung aufkommen, wenn der Sprößling gerade mit einem schlechten Zeugnis - pardon, einer unerfreulichen „Schulnachricht“ - hereingeplatzt ist.

Bei einer Umfrage des Mittelschüler- Kartell-Verbandes (MKV) unter Schulsprechern sprachen sich 86 Prozent gegen eine Zusammenlegung von Weihnachts- und Semesterferien aus (bei einer etwas anders formulierten Frage waren immerhin 20,5 Prozent dafür), aber 78 Prozent bestätigten, daß zwischen Weihnachten und den Semesterferien starker Streß auftritt.

Von Eltern bekommt man einerseits oft zu hören, daß die Sommerferien ruhig ein oder zwei Wochen kürzer sein könnten, anderseits aber, daß die Wetterlage zum Skifahren im Februar viel günstiger sei als nach Dreikönig. Einhelliger Unmut besteht darüber, daß die Fremdenverkehrsbetriebe in allen schulfreien Zeiten mit den Preisen gewaltig in die Höhe gehen.

Am Ende der Enquete zeichnete sich nur eine stärkere Staffelung, aber keine weitere Änderung ab. Damit dürften Tourismus (durch weniger „Verkehrsinfarkt“) bzw. Fremdenverkehr (durch ein paar weitere Tage mit Hochsaisonpreisen) die einzigen Sieger bleiben.

Auf der Strecke blieb der Schularztvertreter Walter Swoboda mit seinem Hinweis, eine Ferienwoche sei zu kurz zur Erholung, auf der Strecke blieb der Glaube, im Unterrichtsministerium .stünden pädagogische Gründe im Vordergrund.

Gegen Weihnachten als Semesterschluß (es war früher schon einmal Trimesterschluß) sprechen höchstens psychologische Gründe: Eltern könnten sich komisch dabei Vorkommen, ihre gerade mit schlechten Noten versehenen Kinder mit Geschenken zu „belohnen“.

Aber selbst, wenn man das einsieht, warum macht man dann die Semesterferien nicht wenigstens erholsam und verlängert sie auf zwei Wochen?

Es dürfte doch kein Problem sein, dafür entweder die Sommerferien um eine Woche zu kürzen oder die Weihnachtsferien schon am 2. Jänner zu beenden.

Im Interesse der Schulkinder sollte ‘in Sachen Ferien das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. *

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