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Furche Nr. 17/28. April 1982

Im Jänner 1979 begann ihr Kolumnistinnen-Dasein für die Furche: 21 Jahre verfasste Elisabeth Orth ihre geschriebene Kleinkunst unter dem Kolumnentitel "Nur so am Rande". Mehr als zwei Jahrzehnte gehörte die vom damaligen Feuilleton-Chef György Sebestyén engagierte Burgschauspielerin zum "Urgestein" dieser Zeitung. Orth hielt über die Kolumne auch Kontakt zur Familie: Gerade in den letzten Lebensjahren sei die Verbindung zur Mutter Paula Wessely auch über diese Texte gelaufen. Nach Wesselys Tod im Mai 2000 beendete Orth ihr Kolumnenschreiben. Mit dem Vater - Attila Hörbiger ( 1987) - verkehrte die Orth ebenfalls via Furche:

Ich putze gerade meine Fenster mit. dem "Neuen Deutschland". Die Zeitung blieb über von unserer Burg-Tournee in die ddr im vergangenen Herbst und ich erinnere mich, daß ich bei der Abfahrt im Bus an Dich dachte und ganz schnell gebetet habe, daß ich Dich gesund wiedersehen möge.

Es stehen mir wieder einige Tourneen und der Sommer mit seinen Reisen bevor und wir werden uns auch danach gesund wiedersehen. Ich werd' langsam beten, weil's mehrere Reisen sind.

Du hattest dieser Tage Geburtstag und es ist gut, daß es kein "runder" war, die lassen einen immer so dümmlich an Fortsetzungen denken. Fensterputzen hilft gegen Gedanken und verhindert sie nicht, Fensterputzen ist also gut, jetzt, wenn ich an Dich denken will.

Laß die Glasscheibe unseres großen räumlichen Getrenntseins also ruhig zwischen uns spiegeln, dahinter bleibt mir immer Dein Gesicht gegenwärtig, das sich für mich nie verändert hat, das in sich ruhend liebevoll und voll des Lachens geblieben ist, so wie es mir in meinen Kindertagen zum ersten Mal hinter den allerersten Scheiben des Erkennens erschienen ist.

Es war schon Liebe auf den ersten Blick zwischen uns, nicht wahr? Emanzipiert voneinander haben wir uns dann pünktlich zur Zeit meiner ersten Rendezvous, und dann - komm ich drauf - haben wir über längere Jahre hinweg wenig miteinander geredet, wohl, weil wir eh gewußt haben, daß wir miteinander besser das Schweigen betreiben.

Ich weiß, daß Du Dir Sorgen gemacht hast um mich und nichts gesagt hast, weil ich ja erwachsen war und ich hab mir um Dich Sorgen gemacht und auch nichts gesagt, weil wir ja beide erwachsen waren. Ich habe Dein Haar weißer und ganz weiß werden sehen und Du meines die Farben wechseln.

Monatelang hörte ich Deine Stimme nur durchs Telephon. Lange Zeit sind wir schon miteinander auf der Welt. Und gern, nicht wahr? Manchmal hatten wir nur Zeit für eine kurze Liebeserklärung und keine für Problematisches. Sehr gescheit von uns beiden, finde ich.

Bleib' noch lange, bitte. Sonst beschlagen sich meine Scheiben, weil es so unaussprechbar kalt geworden sein wird.

Nächste Woche: die furche 1983 zum Tod von Friedrich Heer.

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