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Ein Baukünstler des österreichischen Spätbarocks

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Mit der erfolgten Entdeckung der Baupläne der Innsbrucker Hofburg in der „Albertina“, durch Professor Dr. R. Granidhstädten-Czerva, diesem verdienstvollen Forscher auf dem Gebiete Tiroler Heimatkunde, wird auch das Gedenken an den Schöpfer dieses edlen monumentalen Werkes österreichischer Baukunst erneuert. Der Erbauer der Innsbrucker Hofburg war Konstantin Johann Walter, der wie so manche große Baumeister früherer Zeiten, in denen es noch keinen seelenlosen Militarismus gab, dem Soldatenstande angehörte. Es kann daran erinnert werden, daß die Verbindung von Mathematik. Physik und Bauwesen mit der Kriegskunst bis ins Altertum zurückreicht.

Archimedes war nichts anderes, als der Pionierchef der Festung Syrakus, bei deren Verteidigung er bekanntlich den Tod fand. Später waren ein Leonardo da Vinci, Michelangelo, Cellini oder Bratmnte zugleich weltbekannte Künstler, aber auch hervorragende Kriegsingenieure. Auch Albrecht Dürer, einer der Schöpfer der neueren Befestigungskunt, verband Kunst und Krieg zu seltsamer Harmonie. Diese Linie setzte sich bis in nahe Vergangenheit fort, in denen sich Ingenieuroffiziere als Schöpfer von Bauten — es seien der Bahnhof in Przemysl. die Kirche in Trebinje, der Dom in Debrezin, das Kommandogebäude und die Polizeidirektion in Preßburg, das Geographische Institut und das Kriegsministerium in Wien unter anderen genannt — einen geachteten Namen erwarben.

K. J. Walter wurde 1720 geboren und begann seine militärische Laufbahn im altösterreichischen Ingenieurkorps. 1738 nahm er als Kadett am Türkenkrieg teil, lernte dann im österreichischen Erbfolgekrieg halb Europa kennen, hatte 1755 Anteil an der Befestigung von Wien und zog 1756 in den Siebenjährigen Krieg. In der Schlacht bei Kolin war dem der Armee Daun zugeteilten Ingenieur-Hauptmann Walter die Aufgabe übertragen, die zur Entscheidung bestimmten Reserven an den rechten Schlacbtflüge! heranzuführen Während der Schlacht bei Breslau ermöglichte er durch geschickt durchgeführte Brückenschläge über die Lohe die geplanten Truppenbewegungen Bei Dresden erstürmte er eine Redoute und focht auch bei Torgau. Die Erhebung durch Maria Theresia in den Adelsstand mit dem Prädikate „Edler von Pfeilsberg“ war der verdiente Lohn für seine stets ausgezeichneten Dienste. Walter von Pfeilsberg starb als Oberst in Wien im Jahre 1781.

1765 an der Fortifikation Tirols arbeitend, erhielt Walter als Oberstleutnant den Auftrag zum Neubau der kaiserlichen Burg in Innsbruck, die unter, seiner Hand im Zopfstil bis 1773 vollendet wurde. Nach seinen Plänen wurden auch andere Zivilbauten aufgeführt. Wenn heute — 165 Jahre nach dem Tode — Walter von Pfeilsberg der Vergessenheit entrissen wird und als der Schöpfer eines Kleinodes österreichischer Baukunst wieder vor uns gestellt wird, dann ist dies eine gerechte Ehrung für einen Kulturschöpfer im Soldatenkleide, wie sie das altösterreichische Heer auf den verschiedensten Gebieten in so großer Zahl hervorgebracht hat.

Das ehemalige Ingenieurkorps steht hier an bevorzugtem Platze. Auf den Schulbänken der Ingenieurakademie saßen nicht bloß zukünftige ausgezeichnete Generale und Militärtechniker, sondern auch Männer, die abseits vom Waffenlärm zu dauernder Berühmtheit gelangt sind: die Botschafter und Gesandten Bruck, Dubsky, Galizyn, Steigentesch, die Statthalter Koller, Mamula. Tomassich, der Dichter Anastasius Grün, der Maler Thoren, der Gründer des „Carl-Theaters“ Carl Bernbrunn, der Schöpfer der nichteuklidischen Geometrie Bolyai, die Kartographen Albach, Fallon, Hauslab, Christoph Müller, Soriot, Steeb, letzterer Präsident der „Geographischen Gesellschaft“ und Miterbauer der Hochquellenwasserleitung, der Wiener Oberbaudirektor Kudriaffsky und der Leiter des Hofbauamtes Weiß-Schleußenburg, die Numismatiker de Trau* und Maretich, die Sprengtechniker Philipp Hess und Rziha, der Rektor der Technischen Hochschule in Wien Platzer, der Generaldirektor der Nordbahn Jeitteles, die Großindustriellen Ringhoffer, Pittel, Porr, ferner die Schöpfer zahlreicher Friedensbrücken, Straßen, Eisenbahnen, Kanal- und Hafenanlagen. Vier Ingenieurofliziere erwarben sich die „Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft“, zwei unter ihnen wurden Mitglieder der Akademie der Wissenschaften in Wien, nach mehrerer sind Wiener Straßen benannt, und der Math'-matiker Bolyai wurde in Ungarn auf einer Briefmarke verewigt.

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