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Alles, was in einer Ehe passieren kann, passiert den Hutchinsons.

Ein Jahr im Leben der Familie Hutchinson beschreibt Valerie Wilson Wesley, die Erschafferin der schwarzen Detektivin Tamara Hayle, in ihrem neuen Roman "Es wird alles anders bleiben". Es wird alles anders bleiben und nicht werden! Wie sollte es auch, wo die Geschichte doch an einem Freitag, dem 13., beginnt. Mitten in einer heißen Nacht, nachdem sie sich zugegebenermaßen wie üblich auf die Nerven gegangen sind, sucht Hutch seine Sachen zusammen und erklärt: "Ich muss einfach weg, Eva". Die einzige Begründung, die er nach einem zehnjährigen, und, wie wir erfahren, doch eher glücklichen Eheleben geben kann: "Es herrscht keine Freude zwischen uns." Na sowas!

Hutch hat einen Sohn aus erster Ehe und Eva eine Tochter, die sie bis zu ihrer Ehe mit Hutch allein großgezogen hat. Den Grundtenor der Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern, und auch der Großfamile, erfahren wir als positiv. Sie sind einander zugetan, aber der Umgang miteinander ist durchaus nicht unproblematisch.

Ganz anders als in Tucholskys berühmtem Gedicht vom happy end ("Die Ehe war zum größten Teile verbrühte Milch und Langeweile") erzählt die Autorin hier von einer Ehe mit Höhen und Tiefen, deren größtes Tief sich aber letztendlich als Chance für alle entpuppt.

Die Autorin lässt die handelnden Personen in allen Kapiteln paarweise auftreten, ein Kunstgriff, durch den es ihr einerseits gelingt, die Beziehungen sehr differenziert und aus der jeweiligen Sicht dieser Personen darzustellen und mit dem sie andererseits ihre Leser zwingt, diszipliniert zu lesen, so man sich für das, was sie uns erzählen will, interessiert. Was sie beschreibt, sind eigenwillige Menschen und ihre Gefühle. Liebe, Leidenschaft, Wut - nichts kommt zu kurz, auch nicht die Erotik:

"Es war, als wären sie weggebeamt worden, so schien es ihr, als sie später darüber nachdachte. ... Sie hatte keine Erinnerung daran, wie sie sich ausgezogen hatte und zu ihm unter die kühlen Laken geschlüpft war. ... Seine offensichtliche Erregung war ansteckend, und sie spürte ein überwältigendes Verlangen nach ihm. Wieder öffnete er ihre Lippen mit der Zunge und küsste sie leidenschaftlich, bis sie plötzlich selbst ihre Zunge in seinem Mund hatte und jeden Teil seines Körpers berühren und schmecken wollte. Seine Lippen auf ihrem Mund und ihrem Gesicht, ihren Lidern, ihrem Hals, dann überall auf ihrem Körper schienen ihr einen langen, lieblichen Song zu spielen."

Dass es sich um eine schwarze Familie handelt, steht zwar nicht im Vordergrund, an manchen Stellen jedoch ist es unübersehbar: "Verdammt, es war schon schlimm genug, auf dieser Welt schwarz zu sein, aber da konnte er seinem Sohn wenigstens zeigen, wie man sich schützt, wie man sich gegen den Spott wappnet und sich geistig, körperlich und seelisch zur Wehr setzt. Aber was wusste er von der Welt der Schwulen? Wie konnte er ihm da etwas beibringen?"

Die Krise wird zu einer turbulenten Geschichte, in der alles passiert, was man sich nur denken kann. Es geht schließlich um eine vorübergehende Trennung, die ein ganzes Jahr dauert: Sie treibt's inzwischen mit einem viel jüngeren Mann, er mit der Frau seines besten Freundes, der Sohn outet sich als schwul und die Tochter vertauscht kurzfristig die Rollen, indem sie sich der Mutter gegenüber spießig und beleidigend verhält.

Die Sprache ist schnoddrig,die Erzählung humorvoll und spannend, die Dialoge sind wirklichkeitsnah.

Es wird alles anders bleiben

Roman von Valerie Wilson Wesley

Diogenes Verlag, Zürich 2001

422 Seiten, Pb., öS 313,-/e 22,75

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