Gmundnerberg - © Foto: Mertens

Kulturhauptstadt Salzkammergut: Das Widerborstige einer Region

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Neues Jahr, neue Kulturhauptstadt: 2024 zeigen Bad Ischl und 22 Nachbargemeinden im Salzkammergut eine kulturelle Leistungsschau, die Vergangenes reflektiert und neue Impulse und Chancen bietet.

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Neues Jahr, neue Kulturhauptstadt: 2024 zeigen Bad Ischl und 22 Nachbargemeinden im Salzkammergut eine kulturelle Leistungsschau, die Vergangenes reflektiert und neue Impulse und Chancen bietet.

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An einem 17. August sitzen wir bei Schönwetter zum Frühstück auf der Terrasse des Seehotels Schwan in Gmunden. Einen Tisch weiter treffen sich ein paar Leute zu ihrem ersten Bier. „Hat heute nicht der Kaiser Geburtstag?“, fragt einer in die Runde. „Nein“, meint ein anderer, „der ist doch erst morgen.“ Wer will da noch behaupten, dass das Geschichts­bewusstsein im Schwinden sei. Das heißt nicht, dass am Geschichtsbild nicht noch zu arbeiten wäre, aber die Bereitschaft, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, ist im Ansatz zu erkennen. Keine schlechte Voraussetzung für eine Region wie das Salzkammergut, die im Jahr 2024 unter dem Zeichen einer europäischen Kulturhauptstadt steht.

Eine ganze Region als Zentrum kultureller Veranstaltungen? Das muss zu Konflikten führen, zu unterschiedlich sind die Interessen der jeweiligen Teilnehmer. 23 Gemeinden beteiligen sich am Unterfangen, das die Region in all ihrer Vielfältigkeit präsentieren wird. An die 300 Veranstaltungen mit Künstlerinnen und Künstlern aus 24 Ländern in Europa sind vorgesehen; bei einem Budget von 30 Millionen Euro. Die sind von rund 1000 Einreichungen geblieben. Der Unmut der Ausgemusterten ist nachvollziehbar. Immerhin ist viel von der Widerständigkeit der Bewohner zu lesen und zu hören. Kein Wunder, dass diese auch dann offenbar wird, wenn es da­rum geht, sich auf ein gemeinsames Projekt zu einigen.

Ringen um Linie und Programm

Steiermark und ­Oberösterreich, Bad Ischl und Altaussee, Hubert von Goisern und Klaus Maria Brandauer, deren Identitäten sind nicht vergleichbar, was eigentlich die Stärke der Programmgestaltung ausmachen sollte. Dass Elisabeth Schweeger als Intendantin unter Druck kam, weil sich manche ausgegrenzt, andere schlecht informiert fühlten, gehört zum Prozedere von Großveranstaltungen. Und dass sich Gegner einfinden, denen das gesamte Projekt unheimlich und suspekt ist, ist erwartbar. Ein prominenter Kritiker war Hannes Androsch, der seine Funktion im Komitee der Kulturhauptstadt zurücklegte, da er die mangelhafte Informationspolitik anprangerte und sich überhaupt mit dem Programm nicht zu identifizieren vermochte.

Dazu kommt die Schwierigkeit, ein angemessenes Mischverhältnis zwischen lokalen Angeboten und internationalem Anspruch zu finden. Von Anfang an waren Schwierigkeiten einzurechnen, schließlich kapitulierte Stephan Rabl angesichts der Angriffe, die auf ihn niederprasselten, ehe 2021 Schweeger die Aufgabe übernahm, ein vorzeigbares Programm zu entwickeln. Was vom Ganzen letztlich zu halten ist, wird ohnehin erst der Augenschein ergeben, wenn man sich seine eigene Spur durch die Fülle der Veranstaltungen sucht.

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