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Osterreichische Musiklegende

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Das Ableben eines der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten hinterläßt im Musikleben Österreichs eine nicht mehr zu schließende Lücke.

Gottfried von Einem wurde am 24. Jänner 1918 in Bern als zweiter Sohn des dortigen österreichischen Militärattaches geboren. Schon in der Kindheit war Musik für ihn, der früh zu komponieren und mit dem Klavierspiel begonnen hatte, ein wesentlicher Bestandteil seines I^ebens. Nach Beendigung der Schulausbildung in Gymnasien in Plön (Holstein) und Ratzeburg weilte er zu Sprachstudien in England. 1938 wurde er Korrepetitor an der Staatsoper in Berlin und musikalischer Assistent bei den Festspielen in Bayreuth. Das private Kompositionsstudium bei Boris Blacher in Berlin (1941-1943) hatte für ihn prägenden Charakter. Die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Blacher sollte noch Jahrzehnte fortdauern.

1944 übersiedelte Einem nach Dresden, wo er als künstlerischer Berater an der Staatsoper arbeitete. Dort wurde auch sein Opus 1, das Ballett „Prinzessin Turandot” uraufgeführt. Als Komponist von Orchesterwerken und Kammermusik konnte er sich in den vierziger Jahren erfolgreich etablieren. Der internationale Durchbruch gelang ihm bei den Salzburger Festspielen 1947 mit seiner Oper „Dantons Tod” nach Georg Büchners

Schauspiel. 1948 erfolgte Einems Berufung in das Direktorium der Salzburger Pestspiele. Er wurde Lektor der Wiener Konzerthausgesellschaft, wo er auch eine Plattform für seine neuesten Kompositionen fand. Mit der Oper „Der Prozeß” nach Kafka erzielte er 1953 in Salzburg einen neuerlichen durchschlagenden Erfolg. Chqr-Orchesterwerke, ein Klavierkonzert und Ballettmusik bildeten weitere Schwerpunkte seines Schaffens in dieser Zeit. 1953 übersiedelte Einem nach Wien. Aufgrund seines Eintretens für Bertolt Brecht 1954 und seiner Erneuerungsbestrebungen verlor er seinen Sitz im Salzburger-festspieldirektorium. 1964 wurde er zum Präsidenten der AKM gewählt. 1966 heiratete er in zweiter Ehe die Schriftstellerin Lotte Ingrisch. Hervorzuhebende Werke sind das für die Wiener Staatsoper entstandene Ballett „Medüs” (1957), seine dritte für Habsburg komponierte Oper „Der Zerrissene” (1964), ein Violinkonzert, „Symphonische Szenen” (1957) und „Philadelphia Symphony” (1960).

Ein Welterfolg wurde Gottfried von Einems Oper „Der Besuch der alten Dame” nach Dürrenmatt (Wien 1971). Weitere in Wien uraufgeführ-te Opern sind „Kabale und Liebe” (1976), „Jesu Hochzeit”, Text Lotte Ingrisch (1980). Zunehmend vertonte er Texte seiner Gattin. Sein (Euvre umfaßt über 100 Werke mit Opus-zahl. Bis zuletzt war er als Komponist aktiv tätig. Erst kürzlich wurde ein gemeinsam mit Lotte Ingrisch geschaffenes „Tier-Requiem” im Wiener Konzerthaus uraufgeführt. Gottfried von Einems musikalischer Stil ist tonal gebunden, auch wenn er viele Einzelströmungen der Musik des 20. Jahrhunderts individuell verarbeitet hat.

In der Würdigung als österreichischer Komponist und für seine Verdienste um die Förderung des österreichischen Musikernachwuchses wurden ihm zahlreiche Auszeichnungen verliehen. Die österreichische Musikwelt trauert um einen Komponisten, dem sie zu großem Dank verpflichtet ist.

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