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GOTTFRIED VON EINEM / ALLES HAT KHNEN ZUSCHNITT

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Zu Beginn dieses JaUres, am 23. Jänner, beging Gottfried von Einem seinen 40. Geburtstag, und im Mai wurde er mit dem Musikpreis der Stadt Wien ausgezeichnet. Gottfried von Einem zeigt die für Musiker typische „Frühbegabung“. Bereits sein Opus 1, das Ballett „Prinzessin Turandot“, das an der Dresdner Staatsoper uraufgeführt wurde, machte seinen Namen bekannt. — Damals schrieb, anläßlich einer Begegnung mit dem 26jährigen, ein deutscher Kritiker: „Man versteht im Nu, daß einem solchen Kopf keine irgendwie gestrige Musik entspringen kann. Alles hat kühnen Zuschnitt: seine Erscheinung, sein klares Wort, seine im Grunde ganz bescheidene Betrachtung über sich selbst.“

Auch die Sujets von Einems beiden Opern sind keineswegs „gestrig“. Im vorletzten Kriegsjahr begann er mit der Textgestaltung zu seiner ersten Oper nach Georg Büchner, und in der Musik zu „Dantons Tod“ spiegelt sich die bewegte Zeit: viel junges Ungestüm, hohe Hoffnung und Zukunftserwartung (die Komposition wurde einige Tage nach dem 20. Juli begonnen).

Oper als Zeittheater, mit dessen Hilfe sich die geistigen, politischen und religiösen Spannungen der Gegenwart sinnfällig ausdrücken lassen: Diese Möglichkeiten sah Gottfried von Einem, der mit einem sensiblen Zeitgefühl begabt ist, auch im Stoff seiner zweiten Oper nach Kafkas „Prozeß“,die während der Sahburger Festspiele uraufgeführt wurde.

Wie seinerzeit das erfolgreiche Ballett „Prinzessin Turandot“ seinem Schöpfer die Berufung an die Dresdener Staatsoper gebracht hatte, ebnete ihm seine erste Oper den Weg in den Kunstrat der Salzburger Festspiele. Hier war Gottfried von Einem der eifrigste und kompetenteste Verfechter der alljährlichen Opernuraufführung. Seinen Bemühungen ist es auch zum großen Teil zu danken, daß das Programm nicht völlig im Musealen erstarrt ist. Seine Position hier war schwierig zu behaupten: Gab es doch noch vor einigen Jahren Stimmen, die gegen eine Aufführung von Alban Bergs „Wozzeck“ bei den Festspielen protestierten. — Es wäre daher gut, sich der Kenntnisse und der Initiative dieses erfahrenen Musikers bei der Programmgestaltung der kommenden Jahre in stärkerem Maße zu bedienen, als dies bisher der Fall war.

Aber Einem ist in erster Linie schaffender Musiker. Sein Werkverzeichnis nennt fünf Ballette, eine Reihe von Orchesterstücken und mehrere Kammermusikwerke. — Obwohl Einems Opern in Salzburg und Wien erfolgreich waren, sind sowohl „Dantons Tod“ als auch „Der Prozeß“ vom Spielplan der Wiener Staatsoper bald wieder verschwunden. Die Verleihung des Preises der Stadt Wien sollte zum Anlaß genommen werden, „Dantons Tod“, der von verschiedenen westdeutschen Bühnen nachgespielt wurde, in einer Neuinszenierung wieder ins Repertoire der Staatsoper aufzunehmen.

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