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Aus der Werkstatt des Historikers
SERBISCHES MITTELALTER. Altserbische Herrscherbiographien. I. Band: Stefan Nemanja nach den Viten des heiligen Sava und Stefan des Erstgekrönten. Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Stanislaus Hafner. Verlag Styria, Graz-Wien-Köln, 1962. 177 Seiten. Preis 78 S.
Stefan Nemanja ist der Gründer Altserbiens und der serbischen Dynastie der Nemanjiden. Er hat sich gegen Ende seines an Kämpfen und Intrigen reichen Lebens in das von ihm und seinem Sohne Sava wieder aufgebaute und von nun an als serbisches Nationalldpster geltende Chilandat auf dem Berge Athos zurückgezogen und ist hier im Alter von 86 Jahren als heiligmäßiger Mönch Simeon verstorben. Zwei seiner Söhne, der heilige Sava und Stefan der Erstgekrönte, haben sein Leben als serbischer Fürst, griechischorthodoxer Mönch und als wundertätiger Heiliger in Biographien, die im Stile der Zeit zugleich Hagiographien waren, festgehalten. Die Vita des heiligen Sava liegt nur in einer in Prag aufbewahrten Abschrift von 1619 vor, während jene von Stefan dem Erstgekrönten verfaßte in einem in der Pariser Nationalbibliothek aufliegenden Exemplar aus dem 13. oder 14. Jahrhundert erhalten ist. Beide Biographien sind in kirchenslawischer Sprache
serbischer Redaktion verfaßt und nunmehr erstmalig im Rahmen der seit der Ära des Dritten Reiches intensivierten Südostforschung in deutscher Übersetzung erschienen.
GESCHICHTE DES MARKTES ST. PAUL IM LAVANTTAL. Von Walter Fre-s a c h e r. Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt, 1961. 159 Seiten.
Diese, als 57. Band des Archivs für vaterländische Geschichte und Topographie herausgegebene , Arbeit verdanken wir dem Fleiß und“ dem sich auf seine engste Heimat beschränkenden Forschergeist eines Geschichtslehrers, der einigen Generationen von Kärntner Gymnasiasten bestens bekannt ist.
Die schier unerschöpflichen Geldquellen der Kulturabteilung der Kärntner Landesregierung lassen viele heimatliche Autoren in einer Weise zu Wort kommen, die jeden Forscher, stünden ihm Mittel solchen Ausmaßes zur Verfügung, vor Neid erblassen lassen müßten.
Das Benediktinerstift St. Paul kann gewiß mit Stolz auf eine lange, für Kärnten besonders wichtige Tradition klösterlicher und weltlicher Erziehungsarbeit zurückblicken, die einer eingehenden wissen-
schaftlichen Würdigung wert ist. Aber das vorliegende Werk beschränkt sich auf die Geschichte des zum Stift gehörigen Marktes St. Paul, die zwangsläufig auf eine Geschichte seiner Bewohner, seiner Häuser und Grundstücke in den vergangenen 1000 Jahren reduziert werden mußte. Die bis in das kleinste Detail gehende Behandlung des Themas wirft die Frage auf, ob dieses würdig war, in solcher Breite zum Mittelpunkt einer historischen Untersuchung gewählt zu werden. Das bescheidene, dreisprachige Büchlein, mit dem der „Notring der wissenschaftlichen Verbände Österreichs“ jährlich den finanziellen Notstand der akademischen Forschung in Österreich der westlichen Welt vor Augen zu führen sucht, legt die Frage nahe, wie es bei uns zu so einer Diskrepanz der Maßstäbe kommen kann.
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HANS WIDMANNS ERBE. Ein Beitrag zur Familiengeschichte. Von Günther P r o b s z t. Kärntner Museumschriften, XXIII. Band. Verlag des Landesmuseums für Kärnten, Klagenfurt, 1961.
Der Autor, den eine im Anhang angeführte kursorische Publikationsliste als Fachmann der mittelalterlichen Numismatik ausweist, hat sich in dieser Arbeit mit großer Ausführlichkeit der Aufzeichnung der Geschichte der gräflichen Familie Widmann zugewandt.
Die Familie Widmann war eine Kauf-
mannsfamilie aus Schwaben, die sich Ende des 16. Jahrhunderts in Kärnten niedergelassen hat und durch große Geschäftstüchtigkeit und geschickte Einschaltung in den venezianischen Handel rasch zu großem Vermögen gekommen ist. Hans Widmann hat sich als erster der Familie durch Ankäufe kärntnerischer Herrschaften gesichert und auf diese Weise den standesgemäßen Rückhalt für seine Erhebung in den Adelsstand geschaffen. Seine Besitzungen, die er unter kluger Ausnützung der Notverkäufe der des Landes verwiesenen protestantischen Adeligen ständig mehrte, konzentrierten sich im mittleren Drautal in Villach, Paternion-Feistritz und Stok-kenboi. In seinem 1630 abgefaßten Testament — dessen Herausgabe und Kommentar den Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit darstellen — verteilte er diese weitblickend unter seine zahlreiche Nachkommenschaft. Obwohl Reichtum und Einfluß der Familie Widmann durch Einheiraten in den venezianischen (Widmann-Rezzonico und Widmann-Foscari) und kärntnerischen (Widmann-Ortenburg) Adel erweitert wurden, haben Mitglieder dieser Familie lediglich in den Gestalten des Kardinals Christoph Widmann (1647) und des Carlo Widmann-Rezzonico, dem späteren Papst Clemens XIV. (1758), eine über das Lokale und Familiengeschichtliche hinausgehende Bedeutung erlangt.
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