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Bürgerkunde in drei Stufen

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TIROL IN STERZING. Volkskultur- und Fersönllchkeitsbilder. Mit 11 Bildtafeln. Von Anton D ö r r e r. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 1964, 126 Seiten. Preis 96 S. — UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT. Den jungen Bürgern Oberösterreichs. Herausgegeben von der oberösterreichischen Landesregierun g. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz,

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TIROL IN STERZING. Volkskultur- und Fersönllchkeitsbilder. Mit 11 Bildtafeln. Von Anton D ö r r e r. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 1964, 126 Seiten. Preis 96 S. — UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT. Den jungen Bürgern Oberösterreichs. Herausgegeben von der oberösterreichischen Landesregierun g. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz,

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1964. 128 Seiten, 32 Abbildungen. Preis 46 S LTTALIA E GLI ITALIANI. Von Leopold

G e r h o i d und Ang/elo Filipuzzi. 0 sterreichls-cher Bundesverlag, Wien, 1963. 324 Seiten. 32 Bildertafeln. Preis 120 S.

Als der Schweizerische Bundesspiegel bekannt wurde, begannen auch in Österreich Bemühungen, ein österreichisches Jungbürgerbuch alljährlich der wahlberechtigten und wehrpflichtigen Jugend auszuhändigen. Da die parteipolitische Lage ein solches Buch in zweckmäßiger Art nicht zuließ, gingen die einzelnen Bundesländer daran auch ihrerseits solche Erziehungsschriften zu schaffen, was zu ganz verschiedenen Lösungen führen mußte.

Zunächst kann von jenseits der Grenzen ein Beispiel aus Südtirol Anregungen für die erste Stufe, nämlich für ein Heimatbuch geben. Anton Dörrer schildert das kulturgeschichtliche Leben in Sterzing, der kleinen Bergbauernstadt im Fünftälerbecken. Einen breiten Raum nimmt die Theatergeschichte ein, dann aber die Ausstrahlungen dieser Stadt bis in die Wiener Metropole (1848 bis 1918): Mit Stolz sehen die Sterzinger auf die Namen Mit- terwurzer, Gänsbacher, Hirn und Domanig, das sind Schauspieler, Landesverteidiger, ferner Historiker, Schriftsteller und Komponisten. Da6 hochwissenschaftlich verfaßte Buch zeigt, wie Heimatbewußtsein nur aus Geschichtskenntnis erwachsen kann.

Auf der zweiten Stufe steht das oberösterreichische Jungbürgerbuch, in dessen Einführung Landeshauptmann Dr. Gleißner deutlich daran erinnert, daß sich die Jugend vor allem „die Geschichte des eigenen Landes und Volkes“ aneignen müsse. Der Inhalt ist wohlüberlegt aufgebaut und führt von der Familie und der Gemeinde über das Bundesland zu: „Über allem Rot-Weiß-Rot: Vaterland Österreich“. Die geschichtlichen Teile greifen bis in die Frühgeschichte zurück und enden mit dem Staatsvertrag von 1955. Alle Gesichtspunkte, die für einen Staats bürger wichtig sind, werden berücksichtigt und in geeigneter Weise auch der notwendigen Landesverteidigung gedacht. Wenn dabei auf Seite 76 dem Feldmarschall Daun das Verdienst am Sieg bei Kolin nach zwei Jahrhunderten plötzlich abgesprochen wird, ist das ein Schönheitsfehler, der in der nächsten Auflage hoffentlich berichtigt sein wird. Solange wir in Österreich keinen universellen Bundesspiegel haben, werden Länderspiegel nach Art der gelungenen oberösterreichischen Bearbeitung die Lücke ausfüllen.

„L’italia e gli italiani“ ist für Österreicher geschrieben, die Italien durch die italienische Sprache ken- nenlemen wollen, es ist aber auch für die Italiener vorzüglich als Staatsbürgerkunde geeignet und kann für einen österreichischen Bundesspiegel sehr nachahmenswerte Anhaltspunkte liefern. Die Gliederung des Stoffes nach Geographie des Landes, geschichtlicher Vergangenheit, der Gegenwart und

„Aus dem Schatz der Dichter, Künstler und Denker“ ist eine außerordentlich glückliche. Angelo Fili- puzzi gebührt das Verdienst, daß die österreichisch-italienischen Beziehungen in der Geschichte mit wohltuender Objektivität und Gerechtigkeit behandelt sind. Auch der Südtiroler Frage wird nicht ausgewichen und zusammenfassend bemerkt, daß die zugewanderte italienische Bevölkerung noch viel zu gering sei, als daß sie ernstlich die tirolische Kultur bedrohen könnte. Was die Auswahl berühmter Italiener betrifft, fällt angenehm auf, daß sie frei von parteipolitischen Gesichtspunkten erfolgt, wie überhaupt alles nur auf „Italien“ zugeschnitten ist. Sowohl beim oberösterreichischen wie beim italienischen Werk vermissen wir die Porträts der bedeutendsten Landsleute, die ohne Gefahr gebracht werden könnten, soferne noch umstrittene Lebende ausgeschlossen bleiben.

Nun wird es an Österreich liegen, an den drei besprochenen Publikationen — jede wertvoll in ihrer Art — zwecks Bearbeitung eines österreichischen Jungbürgerbuchee Nützliches zu lernen.

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