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Der Arbeiter — heute

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Entscheidet der Arbeiter das Schicksal der Welt? Von Eduard Angermann. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck. 264 Seiten. Preis 39 S

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Entscheidet der Arbeiter das Schicksal der Welt? Von Eduard Angermann. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck. 264 Seiten. Preis 39 S

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Im Stil eines Abraham a Sancta Clara nimmt ein Tiroler Seelsorger in einer bewunderungswürdigen Eindeutigkeit und Offenheit zu Fragen Stellung, denen man oft und oft auf katholischer Seite aus dem Weg geht. Für Arbeiter geschrieben und vor allem vom Gedankengut der Katholischen Arbeiterbewegung ausgehend, befaßt sich der Verfasser mit den Möglichkeiten, die für den Aufbau einer katholischen Arbeiterbewegung und darüber hinaus einer katholischen („linken“) Arbeiterpartei gegeben sind. In diesem Zusammenhang scheut sich Angermann nicht, etwa die problematische Stellung des OeAAB herauszustellen, der als Teil einer bürgerlich-bäuerlichen Mittelstandspartei (S. 54) nicht zur gebotenen Selbständigkeit finden konnte (S. 17) und daher ungeeignet ist, Arbeiter zu gewinnen, ja besser daran täte, das Wort „Arbeiter“ aus seinem Titel zu entfernen'. Jedenfalls geht der priesterliche Autor davon aus, daß für den OeAAB im Rahmen der OeVP schon deswegen kein Platz ist, weil diese Partei faktisch vom Wirtschaftsbund beherrscht wird.

An der Entfremdung der Arbeiterschaft gegenüber der Kirche hat diese auch ihren Gutteil an Schuld, vor allem, weil viele Seelsorger von einem unseligen und falschen Konservatismus nicht loskommen (S. 24).

An eine Taufe des Sozialismus kann der Verfasser nicht glauben, da eben der Sozialismus aus seiner Art heraus für eine solche Taufe kaum geeignet ist. Daher der Vorschlag nach Errichtung einer zweiten christlichen Partei (in Oesterreich?) (S. 99). die eindeutig „links“ zu stehen hätte und in der Lage sein müßte, einen großen Teil der bisherigen sozialistischen Wähler anzusprechen.

Neben seinen grundsätzlichen Darstellungen befaßt sich Angermann eingehend mit Prinzipien der christlichen Soziallehre, die er in einer leicht faßlichen Form dem Verständnis der Arbeiter-Leser nahezubringen sucht. Darüber hinaus ist ein Abschnitt der Technik der Führung von KAB-Gruppen gewidmet, hat also praktisch-organisatorischen Bezug.

So sehr man den Ansichten des Verfassers in vielen Dingen zustimmen kann, manche der im Buch enthaltenen Forderungen und Vorschläge scheinen vom Referenten doch ohne Bedachtnahme auf die ökonomischen und politischen Wirklichkeiten gemacht zu sein. Die Errichtung einer „zweiten“ christlichen Partei etwa in Oesteireich hat mit dem, was die KAB will, nichts, aber schon gar nichts zu tun.

Um eine Partei zu errichten, müßte die KAB in Bereiche vorstoßen, die ihrem ursprünglichen Aufgabengebiet fremd sind. Wohl aber sind die Vorschläge, die auf eine Herausbildung von selbständigen, zum Beispiel politisch-gewerkschaftlichen Institutionen der Arbeiter christlicher Weltanschauung gerichtet sind, heute ein allgemeines Anliegen und zu diskutieren.

Dem Buch müßte man — bei einer zweiten Auflage — einen Sachindex anfügen. Ebenso wäre eine bessere Stoffgliederung und eine knappere Sprache (Vermeidung schmückender Beiworte) zu empfehlen.

Das Buch verdient Massenverbreitung, um so mehr, als es (für den Laien) leicht faßlich geschrieben und stets interessant gehalten ist.

Das heilende Büßen. Von Dr. P. Ildefons Betschart OSB. Rex-Verlag, Luzern. 176 Seiten. Preis 8.50 DM.

Auf „Das heilende Warten“ für die Adventzeit läßt der Autor „Das heilende Büßen“ für die Fastenzeit folgen. Nach dem Untertitel handelt das Büchlein „vom Sterben und Auferstehen des Christenmenschen“. Es will ein auf alle Tage der Quadra-gesima verteiltes Generalexamen sein, um das Gewissen des Christen zur heilenden und höherführenden Finkehr und Umkehr einer guten Osterbeichte vorzubereiten. Eine selbständige, originelle Arbeit, ganz auf das moderne Leben eingestellt! Die etwas eigenwillige Sprache verhindert flüchtiges Lesen, was der ernsten Selbsterforschung nur dienlich sein wird. Es ist sicher richtig, Wandlung und Kommunion „die Kernpunkte in der Ellipse des heiligen Opfers“ zu nennen. Der Verfasser will damit gewiß nicht die Bedeutung der Opferung abschwächen. Es bleibt aber doch wünschenswert, daß den Meßteilnehmern auch diese als Kernpunkt zum Bewußtsein kommt. Denn nur, wenn sie ganz bewußt gewolltes Sich-Schenken zu Gott hin ist, kann nach der Opferannahme der Wandlung die Kommunion ein möglichst fruchtbares Empfangen von Gott her sein. Ehe man teilnehmend und teilhabend unter dem Kreuze stehen kann, muß man sich unter das Kreuz gestellt haben. Dies stark zu betonen, dürfte heute wichtig sein, weil vielerorts, selbst in katholischen Instituten, die liturgische Bewegung die Meßteilnehmer wohl zu einem korrekten äußerlichen Verhalten, aber nicht immer genügend zur viel wichtigeren entsprechenden inneren Haltung zu erziehen scheint.

Im Namen des Teufels. Aufzeichnungen eines Geheimkuriers. Von Hans Habe. Veilag Kurt Desch, Wien-Miinchen-Basel 525 Seiten.

Diesmal hat es Hans Habe auf die internationalen Geheimdienste abgesehen. Mit den Aufzeichnungen seines Geheimkuriers Georg Droste will er es so halten, wie die Wiener seinerzeit mit dein Basilisken in dem berühmten Haus in der Schönlaterngasse. Als das Untier sein eigenes Bild im Spiegel erblickte, zersprang es vor Wut. Ob die Geheimdienste in West und Ost Hans Habe die;e Freude tun werden, wissen wir nicht. Vielleicht amüsieren sich die diversen Chefs auch nur bei üei Lektüre von Droste-Habes im Geheimdienstmilieu spielenden, flott geschriebenen Dekamerone.

Vielleicht geht es in einer amerikanischen Agentenschule, wirklich so stupjij, zu. wie es Habe schildert. Wir wissen es nicht. Wir waren nicht dort. Aber seine bekannte Fabellust und -freude ist mit dem Verfasser gewiß an mehr als einer Stelle durchgegangen. Mit dem von ihm entdeckten und mit den besten Referenzen versehenen „Geheimdienst des Vatikans“ dürfte es dieselbe Bewandtnis haben wie mit der Behauptung, daß man von Nußdorf direkt auf den Bisamberg hinauffährt (S. 16), Oder mit dem Hotel Meißl und Schadn auf dem Bauernmarkt (S. 32). (Es stand bekanntlich auf dem Neuen Markt.) Weiter im Text der Errata: Eine bekannte Wiener Zeitung hieß nicht „Wiener Tagblatt“ (S. 3 5), sondern „Neues Wiener Tagblatt“. Der 3. Bezirk gehörte ebensowenig zur amerikanischen Zone Wiens (S. 58) wie die Ulrichskirche nicht in der Mariahilfer Straße steht (S 70). „Westliche Posten“ werden Flüchtlinge aus LIngarn an der österreichischen Grenze bis zum Sta.itsvertrag vergeblich gesucht haben (S. 163). das ganze Burgenla. d

war bekanntlich von sowjetischen Truppen besetzt. Vom Hotel Ambassador (S. 263) gilt genau dasselbe wie vom Hotel Meißl und Schadn (siehe oben) und die Wiener Polizeidirektion war und ist nicht in der Rossauerkaserne (S. 419), sondern am Parkring. Auch hat noch kein Wiener den Glockenschlag von der Kirche auf dem Bisamberg gehört (S. 16) — da bis heute keine dort steht.

Der Klappentext des Buches rühmt die „einmalige Sachkenntnis“, die aus diesem Roman spricht. Angesichts der Errata in Viennensia würden wir es doch etwas billiger geben.

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