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Die Stimme des Kardinals

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Kardinal Mindszenty warnt. Reden, Hirtenbriefe, Presseerklärungen. Regierungsverhandlungen 1944 bis 1946. Bearbeitet und übersetzt von Professor Dr. Josef V e c s e y und Vizerektor Johann Schwendemann. Verlag Preßvereins-Druckerei Ges. m. b. H., St. Pölten. 384 Seiten, Ganzleinen. Preis 84 S.

Die bedeutende Gestalt des ungarischen Kardinalprimas Mindszenty wurde bisher in manchen Pressemeldungen und Kommentaren verzerrt dargestellt, und seine Worte verloren schon durch die gekürzte Form der Wiedergabe häufig ihren ursprünglichen Sinn. Sie boten dann Gelegenheit zu weitgehenden Interpretationen, deren Gültigkeit, da der Kardinal selbst zuerst acht Jahre im Gefängnis und heute in seiner tragischen Isoliertheit schweigen mußte und muß, niemand eigentlich recht überprüfen konnte. Dem St.-Pöltner Verlag der Preßvereins-Druckerei gebührt das Verdienst, im deutschen Sprachgebiet und wahrscheinlich überhaupt erstmals mit der Veröffentlichung wichtiger Originaldokumente aus dem Leben und Wirken des ungarischen Kardinals begonnen zu haben. Breitesten Kreisen wird dadurch ermöglicht, zu den Quellen vorzustoßen und auf die Frage, wie dachte, was sagte dann und dann Kardinal Mindszenty wirklich, vom Kardinal selbst die authentische Antwort zu erhalten — denn die Authentizität der veröffentlichten Redetexte, Briefe steht über alle Zweifel fest. Aus ihnen entsteht das Bild einer starken, von historischem Sendungsbewußtsein erfüllten Persönlichkeit. Die Worte Kardinal Mindszentys mußten damals auf die Menschen in Ungarn, durch den festen Glauben und die Sicherheit, die sie ausstrahlten, ungemein stark gewirkt haben, zu einer Zeit, da viele Werte und auch, WM noch bislang dafür galt, plötzlich- für ntt« wertet erklärt wurden, und:, rieh Angt un(i:.IJnmi Sicherheit der Menschen bemächtigten.

Am 7. Oktober 1945 sagte der neuernannte Erzbischof Mindszenty in der Basilika zu Esztergom in seiner Antrittsrede: „Nach den geschichtlichen Angaben komme ich als neunter Oberhirte aus der Stadt der ungarischen Königinnen (Veszprėm) in die Stadt der Könige. An der Spitze dieser Reihe steht ein Märtyrer. Vor mir war auch ein Erzbischof Robert, der die sündigen Führer des Volkes mit dem strafenden Blitz der Kirche traf … Nicht mit der Härte eines Erzbischofs Robert komme ich; euer Vater will ich sein, auch den verirrten Söhnen, die den schweren Versuchungen unserer Zeit erlegen sind. Nicht einmal auf das Kampffeld der öffentlichen Rechte kann ich noch treten, denn wir leben in einem rechtlosen Abgrund, alle kräftigen Stränge und feinen Aederchen der Rechtskontinuität sind sichtbar gerissen. Es fehlt uns nicht etwa nur e i n verfassungsrechtlicher Faktor — aber der Fürstprimas des Lande« steht bereits auf dem Posten seiner Vor- gängerl Wenn die Vernünftigkeit des Volkes über den Abgrund der Vergangenheit eine Brücke baut, wird auch der Pontifex, der Brückenschläger und mit 900jährigen Rechten ausgestattete erste Fahnenträger des Landes, euer Erzbischof, mit dabei sein, die öffentlichen Lebensrechte wiederherzustellen und weiterzutragen…" (S. 59). Die Reden des Kardinals Mindszenty. ob sie religiösen Inhaltes waren oder politische Themen zum Gegenstand hatten, wurden auf alle Fälle zur politischen Tat, und mit ihnen mußten die damaligen Führer des Landes, Nichtkommunisten und Kommunisten, bald auch ernsthaft rechnen. Das Kapitel, das mit dieser Antrittsrede auch für die Geschichte Ungarns begann, ist noch nicht zu Ende.

Der Band ist übersichtlich geordnet, ist mit verbindenden Texten gut versehen und weist keine Lücken und kaum sachliche Irrtümer auf. Er ist eine faszinierende Lektüre und ein wichtiges zeitgeschichtliches Dokument.

Ladislaus Rosdy

Flüchtlingsland Oesterreich. Herausgegeben im Auftrage des Salzburger Komitees für Flüchtlingshilfe, Salzburg. Donauschwäbische Verlagsgesellschaft m. b. H. 124 Seiten.

Aus den Gruppen der Flüchtlinge kommt dieses höchst interessante Handbuch, eine Mischung zwischen Rechenschaftsbericht und sehr traurigem Wegweiser für eine eventuelle Auswanderung. Schon eine Reihe von Mitarbeitern, wie Univ.-Doz, Lendl, Prof. Folberth, Veiter. zeugen von der Gediegenheit dieser Publikation. Jenen Brunnenvergiftern, die Oesterreichs Leistung als Flüchtlingsland zu diffamieren versuchten, sei dieses Werk zur nachdrücklichsten Lektüre empfohlen.

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