6751240-1967_29_03.jpg
Digital In Arbeit

Heiße Eisen - heißer Sommer

Werbung
Werbung
Werbung

Dr. Startvprech: Die Bundesregierung hat lange Zeit den Vorwurf, daß sie ndcht alles unternehme, um die Terroristen schon auf österreichischem Boden auszuschalten, auf sich sitzen lassen. Nun aber glaube ich, wird doch Entscheidendes getan: Zu den bisherigen Einsatztruppen, die die Grenze sicherten, wird das Bundesheer hinzugefügt, so daß mit der Gendarmerie ein dreigeteiltes Kontingent alles unternehmen wird, um den Übergang von Terroristen über die österreichische Grenze nach Italien zu unterbinden. Hoffen wir, daß der von Rom erwartete Effekt auch tatsächlich eintritt. Ich selbst — und wir alle können ja hier nur unsere private Meinung von uns geben — bin nicht ganz der Überzeugung, daß damit dem Terrorismus ein Ende gesetzt wird; der Terrorismus wird andere Mittel und Wege finden. Aber Rom soll sehen, daß hier alles getan wird, um das zu verhindern.

Dr. Portisch: Mich stört an dieser Maßnahme einiges. Nicht die Maßnahme an sich, diese ist fällig, überfällig, hätte bereits vor Jahren getroffen werden müssen und sollen. Mich stört daran, daß man das alles erst tut, nachdem die italienische Regierung damit gedroht hat, die österreichischen EWG-Verhandlungen in Brüssel zu blockieren. Das war zwar eine denkbar unfaire Drohung — wir alle sind uns darüber einig —, aber prompt erst nach dieser Drohung beschließt die Bundesregierung scharfe und richtige Maßnahmen zur Überwachung der Grenze. Warum, so muß ich mich fragen, geschah dies nicht schon viel früher, und warum geschieht dies erst, wenn Italien mit der EWG droht? Wenn ich mich auf den Standpunkt stelle — und ich stelle mich auf den Standpunkt —, daß es eine Frechheit ist, uns mit der Blockade bei den EWG-Verhandlungen, mit der Junktimierung der Vorgänge in Südtirol mit einer ganz anderen Frage zu drohen, nämlich der europäischen Frage der EWG, dann kann ich nicht gut sagen: Das muß ich verhindern; jetzt mache ich das, was ich eigentlich als zivilisierter Europäer schon längst hätte tun müssen. Und hier setzt meine zweite Kritik ein: Diese hermetische Absperrung der Grenze hätte erfolgen müssen, nicht um die Italiener zu bewegen, uns nicht bei den EWG-Verhandlungen zu blockieren, sondern erstens, weil e.~ sich für einen zivüisierten Staat gehört, Terroristen und Mörder zu bekämpfen, zweitens und vor allem aber, weil der Terrorismus gegen die Südtiroler gewirkt hat. Dieser hat immer eingesetzt, wenn die Verhandlungen über den Abschluß des „Pakets“ ein Stadium erreicht hatten, in dem Hoffnung da war, in dem man vielleicht sogar unmittelbar vor dem Abschluß stand. Der Terror hat sich somit gegen Südtirol und gegen eine positive Lösung des Südtirolproblems zugunsten der Südtiroler gerichtet. Für Südtirol haben wir diese scharfen Maßnahmen jedoch nicht eingeleitet, da haben wir unter Umständen Rücksicht auf nationale und andere Wählerschichten im eigenen Land genommen. Jetzt aber, wo die EWG im Spiel ist, schicken wir das Heer hin. Im Prinzip gilt jedoch: Besser so als gar nicht.

Schramm-Schiessl: Ich glaube nicht, daß diese Maßnahme nur wegen der EWG getroffen wird.

Dr. Portisch: Die Optik ist halt schlecht.

Schramm-Schiessl: Gendarmerie stand auch bis jetzt schon an den Grenzen, nur haben die letzten Ereignisse gezeigt, daß das offenbar nicht genügt.

(Zwischenruf): Seit Jahren weiß jedes Kind, daß das nicht genügt.

Schramm-Schiessl: Ich glaube, daß die letzten Maßnahmen nicht wegen der EWG-Drohung erfolgt sind, sondern weil die Verhandlungen in einem verhältnismäßig günstigen Klima stattfanden und man gehofft hat — es gibt ja bald wieder Wahlen —, sie bald zu einem verhältnismäßig guten Emde zu bringen. Man weiß, daß sich auch in Italien die Gutgesinnten schwertun, solange die öffentliche Meinung gegen eine Lösung ist. Es war daher richtig, daß man diese Maßnahmen getroffen hat. Man kann darüber streiten, ob man dies früher oder später hätte tun müssen. Nun kann man zumindest keinen Vorwurf erheben, daß zuwenig geschehen ist. Es wird sich erweisen, ob die „Bumser“ nicht andere Mittel und Wege finden, um ihr Unwesen in Italien zu treiben. Jedenfalls wollen wir hoffen, daß die Maßnahmen ausreichend sind und endlich Beruhigung im Grenzgebiet eintritt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung