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Mut zum Kompromiß
Dr. Schulmeister: Repressalien von österreichischer Seite wären kein guter Weg, das ist richtig. Im übrigen gibt es noch einen anderen Faktor: Außenminister Fanfani, der ndcht umsonst auch schon Ministerpräsident gewesen ist, ist ein so kluger Mann, daß er gar nicht nur Österreich im Auge hat. Vielleicht gibt es jemanden in Europa, dem er damit einen Dienst erweist, und vielleicht fördert das manche andere Interessen Italiens auf kommerzieller oder anderer Ebene. Wir hören ja, daß solche Aktivitäten schon lange im Gange sind. Schließlich leben wir so lange beisammen, schließlich sind Österreich und Italien nicht erst seit heute bekannt, sondern ist sogar die Geschichte zu einem nicht unwesenitlichen Teil von italienischem Geist bestimmt worden. Ich habe den Eindruck, daß das für Rom keine Frage von heute auf morgen ist, sondern daß hier ein prinzipieller Kurswechsel ist, der den Zweck hat, Österreich zum Schuldigen zu machen, uns das Mitspracherecht de facto zu entziehen und vor den italienischen Wahlen als inneritalienische Leistung der Südtiroler Volkspartei dieses „Paket“ anzubieten. Natürlich ohne internationale Verankerung.
Dr. Portisch: Bleibt die Frage: Wer hat sabotieren wollen? Meiner Ansicht nach liegt für die Gegner des Südtirol-„Paketes“ auf der österreichischen wie Südtiroler wie auf italienischer Seite genauisovdel Grund zur Sabotage vor. Es kann also von beiden Seiten sabotiert worden sein. Der Hinweis darauf, daß Italien unter Umständen die Blockade bei der EWG als Gefälligkeit gegenüber der Sowjetunion meint, ist, glaube ich, bei den Haaren herbeigezogen.
Dr. Schulmeister: Da kennen Sie die Politik Fanfanis nicht. Sie haben in der Vietnamfrage genauso gehandelt.
Dr. Portisch: Und die Politik de Gaulles? Die ist überhaupt nur noch im sowjetischen Schlepptau. Wenn jemand bei der EWG für die Sowjetunion blockieren wird, wird es de Gaulle sein. In erster Linie.
Dr. Schulmeister: Das ist ja schon geschehen.
Dr. Portisch: Ich bin der Meinung, daß die österreichische Bundesregierung vielleicht auch etwas kräftiger hinter dem „Paket“ her sein müßte. Wir haben es uns in den letzten Jahren etwas leicht gemacht, mit dem Motto: Wir tun nur, was die Südtiroler wollen. Damit laden wir aber auch für jeden Beistrich im „Paket“, für alles, was auszuhandeln ist, die volle Verantwortung auf die Schultern der Südtiroler Politiker. Daß in Bozen und Merain die Dinge schwerer suiszuhalten sind als für eine österreichische Bundesregierung, ist klar.
Wenn wir die lokalen politischen Verhältnisse in Südtirol kennen, hätten wir uns nicht so lange immer wieder auf diesen Standpunkt zurückgezogen. Es ist oft sehr schwer, in Südtirol Dinge bewilligt zu bekommen, ohne daß Parteiführer ihren Kopf hinhalten müssen. Die österreichische Bundesregierung hätte den Mut haben müssen, Ver-handlumgsergebnisse zu akzeptieren, auch wenn keine großen Parteibeschlüsse vorliegen. Das ist ein wesentlicher Punkt für die Zukunft.
Schramm-Schiessl: Es war der ausdrückliche Wunsch der Südtiroler, daß nichts entschieden wird. Mai kann über eine so große Volksgrupp nicht über deren Kopf hinweg ent scheiden. Man kann den Südtiroler Politikern ihre Verantwortung nicht zuir Gänze abnehmen.
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