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IM STREIFLICHT

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CTOLZ weht die Fahne Rot-Weiß-Rot — die

Standarte des österreichischen Bundespräsidenten — auf der Zinne des Amaiien- traktes der Wiener Hofburg. Aber, o weh, der Stolz ist zwar derselbe wie in vergangenen Sommer- und Sonnenmonaten, allein von den leuchtenden Rot-Weiß-Rot-Farben haben Regen und Nebel nur mehr wenig übriggelassen. In schmutzigem Grau präsentiert sich der Bindenschild. Und würde doch nach einer sachgemäßen Behandlung mit Seife und Wasser im alten Glanz erstrahlen…

DER Unterrichtsminister hat die Stiftung eines österreichischen Staatspreises für Verleger bekanntgegeben; er wird jenem Verlag verliehen werden, der im Laufe des Jahres das bedeutendste Werk eines Autors herausbringt, von dem bis dahin noch nichts Gedrucktes vorliegt. Man erinnere sich, daß im vergangenen Jähr schon ein ähnlicher Preis für Theaterdirektoren vergeben wurde, die Stücke neuer österreichischer Autoren herauszubringen wagten — und man erinnere sich auch, daß 'diese Institution sehr erfreuliche Wirkungen zeigte; die Bühnen, vor allem die der Landeshauptstädte, werden in den nächsten Monaten mehr solcher Stücke spielen, als sie in all den Jahren vorher ins Repertoire aufnahmen. Das Beispiel berechtigt uns, den Wert des neuen Verlegerpreises hoch einzuschätzen. Die österreichische Literatur der Gegenwart — geht sie einer etwas besseren Zukunft entgegen?

“TAKTGEFÜHL ist das Ol, das in die Schar- A nieren eines ohnehin etwas rostigen Kulturbetriebes gegossen werden muß, wenn sie nicht kreischen und knirschen sollen. Letzteres aber taten sie in letzter Zeit zweimal — und es klang ziemlich durchdringend: einmal als die Kontrolleure des Wiener Volkstheaters sich aufmachten, einen neuen Direktor zu suchen; und dann, als bekannt wurde, daß der „Jedermann' der heurigen Salzburger Festspiele in einer Neuinszenierung gebracht würde. In beiden Fällen hatte man, sagen wir, vergessen, die Betroffenen, den Theaterdirektor und die Inszenatorin, von den geplanten Änderungen zu unterrichten: sie hatten ihre Schuldigkeit getan und erfuhren alles übrige aus den Zeitungen. Die Folgen? Die Direktorenkrise im Volkstheater dauerte vier Wochen, ehe sie befriedigend endete: so unerfreulich war noch kein Schauspiel auf dieser Bühne. Und der .Jedermann“? Bis jetzt hat eine ganze Reihe bekannter Schauspieler ihre Mitwirkung abgelehnt: Musterbeispiel einer Solidarität, wie sie unter Schauspielern nicht eben alltäglich ist. Zwei Krisen, die nicht nötig gewesen wären, hätte man nicht ganz vergessen, daß auch der Kulturbetrieb, ja besonders er, nicht ohne Takt arbeiten kann.

DER katholischen Filmkommission in Österreich wird in Film- und Kinofachkreisen gerne der Vorwurf einer besonderen „lokalen“ Strenge gemacht. Es sei die weltanschauliche Bewertung der Filme in anderen Ländern großzügiger. Ist dem wirklich so? Zum Jahresschluß veröffentlichte das deutsche Organ der katholischen Filmkommission „Filmdienst“ eine Übersicht über 765 .Filmtitel. Daraus geht hervor, daß 123 (oder 16,1 Prozent) negativ beurteilt worden sind, und zwar 87 Filme mit der Zensur 2 EE = „mit erheblichen Einschränkungen, darum nur für urteilsfähige Erwachsene“; 28 mit der Zensur 3 = „abzuraten, sittlich oder religiös gefährdender Einfluß auf den Durchschnitt der Filmbesucher“; 8 Filme mit der Zensur 4 = „abzulehnen, bekämpft indirekt und direkt Glauben und Sitte“. Das Organ des evangelischen Presseverbandes für Bayern, der „Evangelische Film-

Beobachter “, veröffentlichte zum Jahresschluß eine Liste von 1458 Titeln, von denen 164 (oder 11,2 Prozent) durch ein (!) Ausrufungszeichen als Filme kenntlich gemacht sind, vor denen die Kirche warnt beziehungsweise sie ablehnt.

DAS reiche Aktionsprogramm der „Gesellschaft der Fiiltnfreunde“ für den laufenden Monat, das nunmehr schwarz auf weiß vor uns liegt, überzeugt uns, daß der kürzlich an dieser Stelle erhobene Vorwurf einer gewissen Ideenarmut beziehungsweise Einseitigkeit absolut nicht zutrifft. Was die bemängelten „fachfremden“ Vorträge betrifft, stellen wir gerne fest, daß der Saal der Filmfreunde fallweise auch an Außenstehende vermietet wird, auf deren Veranstaltungsprogramm die Filmfreunde keinen Einfluß haben.

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