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Im Zeichen der Freiheit

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Nach der Welle vielfältiger Dar Stellungen zur Geschichte der europäischen und speziell der deutschen Widerstandsbewegung sind in der letzten Zeit Einzeluntersuchungen zu bestimmten Themen, Gruppen und Personen zu verzeichnen. Die Öffnung der Akten, die systematische Untersuchung einzelner Phänomene, wie etwa der Frage, wie weit der Widerstand unter der scheinbaren Tarnung der Loyalität zeitweise möglich war, ergaben sich aus der lebhaften Diskussion um sehr vereinfachende Pauschalurteile, die durch Pseudodramatiker, Historiker der jüngsten Generation und Journalisten in letzter Zeit allzu hart gefällt wurden. Deshalb ist es begrüßenswert, daß eine Anzahl kleinerer Schriften sich mit dem Problem des geistigen Widerstandes beschäftigt und darüber hinaus den Versuch unternimmt, eine richtige Einordnung in die einzelnen, sehr differenzierten Phasen des Dritten Reiches anzusitreben.

Konrad Ackermann (Der Widerstand der Monatsschrift Hochland gegen den Nationalsozialismus, Kösel-Verlag, München, 1965, 2ll Selten) zeigt am Beispiel einer oppositionellen katholischen Zeitschrift, wie weit es möglich war, Argumente und Proteste gegen den totalitären Anspruch des Staates und der Parteiführung aus dem katholischen Raum darzulegen und in unerschrockener Form eine Auseinandersetzung zu führen, die letzten Endes zum Verbot der Zeitschrift führen mußte, so sehr man von selten des Propagandaministeriums noch gewillt war, eine katholische Publizistik zumindestens als zeitweises Aushängeschild zuzulassen.

Hubertus Prinz zu Löwenstein (Was war die deutsche Widerstandsbewegung? Grafes, Bad Godesberg, 1965, 63 Seiten) versuchte in seinem kurzen Überblick vor allem die bürgerliche Widerstandsbewegung umfassend darzustellen, ohne allerdings neue Aspekte zu vermitteln.

In die Reihe der Einzeluntersuchungen über das Verhalten von Personen oder Gruppen Im Rahmen des Kirchenkampfes gehört die Dokumentation von Fabian von Schlabrendorff (Eugen Gerstenmaier im Dritten Reich. Eine Dokumentation. Herausgegeben von Fabian von Schlabrendorff. Evangelisches Verlagswerk Stuttgart, 1965, 62 Seiten). Der Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Gerstenmaler, sah sich seit Jahren wegen seiner Betätigung im Rahmen der evangelischen Kirche im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 vehementen Angriffen sowohl aus dem Osten als auch aus der extremen Rechten auisgesetzt und verantwortete sich diesbezüglich 1984 ln einem Prozeß, der über die tagespolltischen Fragen hinaus erwies, welche Rolle Doktor Gerstenmaier im Rahmen des Kreisauer Kreises, der Männer des 20. Juli 1944 und des Kirchenkampfes der evangelischen Kirche Deutschlands spielte. Gerstenmaiers Verantwortung vor dem Volksgerichtshof, seine wichtigen Kontaktfunktionen im Rahmen der Möglichkeiten der Kirchenpolitik und der Wissenschaft werden in diesem Dokumentationswerk aufgezeigt und bilden eine wichtige Ergänzung zur so schwierigen quellenkritischen und personalhistorischen Genesis der deutschen W iderstandsbewegung.

Ein katholisches Seitenstück, die erschütternde Geschichte der Verfolgung der katholischen Kirche in Österreich, ist das Buch von Doktor P. Benno Roth OSB., Benediktiner der Abtei Seckau (Beschlagnahme und Enteignung der Benediktinerabtei Seckau in Obersteiermark am 8. April 1940 durch die Gestapo. Seckauer Geschichtliche Studien, herausgegeben von der Abtei Seckau im Selbstverlag des Verfassers, 1965, 106 Seiten). Auf Grund von Tagebuchnotizen wird die Aufhebung der Abtei Seckau am 8. April 1940 geschildert. Von der Androhung der kommenden Ereignisse bis zur letzten dramatischen Unterredung mit dem Gauleiter der Steiermark, der sich dabei viel weniger als seine Untergebenen, die wieder von den Berliner Zentralstellen gelenkt wurden, als der „Befehlsempfänger” erweist, geht der Bogen dieses Doku- mentarwerkes. Zwischen dem Apparat der Gestapo und den nur hinhaltend mitwirkenden Kräften der Wehrmacht erweisen sich die einfachen Menschen, die Gläubigen, als die einzigen stummen Helfer im Endkampf, der hoffnungislos war — gesehen aus der Situation des Augenblicks. Aus den Aufzeichnungen dieses Tagebuches der Verfolgung ergeben sich wichtige Aspekte für den kirchlichen Widerstand, dessen Geschichte vom Salzburger Institut für kirchliche Zeitgeschichte vorbereitet wird.

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