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Notizen

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Erstmalig haben die Erben des 1914 ermordeten Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, die Familie des Herzogs von Hohenberg, die im Staatsarchiv in Wien liegenden Akten zur wissenschaftlichen Forschung freigegeben. Der Wiener Historiker Rudolf Kiszling hat soeben nach zweijähriger Arbeit unter Verwendung dieses bisher unbekannten Aktenbestandes sein Buchmanuskript vollendet. Das Werk wird hauptsächlich die politischen Pläne Franz Ferdinands behandeln und erscheint im Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger (Graz-Köln).

In Hildesheim können 55.000 Wahlberechtigte auf Postkarten, die der Postbote ins Haus gebracht hat, erklären, ob sie für die Moderne oder die Tradition sind. Hildesheim ist im Krieg furchtbar zerstört worden, die Altstadt ist zertrümmert. Nur einige Kirchenruinen und die ausgebrannten Gemäuer zweier Profanbauten blieben sichtbar. Heute ist bereits viel wieder neu gebaut worden, aber nicht im Stil des Hildesheini, des Fachwerkbaues. Es wurde modern mit Stahl, Zement und Glas gebaut, obwohl sich viele Bürger nach dem Vergangenen sehnen, in dem sie aufwuchsen. So wurde der Kampf um Marktplatz und Knochenhaueramtshaus zu einer leidenschaftlichen Streitfrage. Ein Teil der Bürger kämpft erbittert gegen die vom vergangenen Rat beschlossene Erweiterung des Marktplatzes, der eine Bebauung in alter Art unmöglich machen würde. Nim soll eine Volksabstimmung — die erste in der Deutschen Bundesrepublik— diese Frage entscheiden.

Der wissenschaftliche Charakter und Wert des in Ostberlin eingerichteten „N ationalen Museums für deutsche Geschichte“ wird dem Besucher schon bei dem Betreten der Eingangshalle deutlich genug vor Augen geführt. Er trifft dort auf einen einsam im Mittelpunkt stehenden gläsernen Schaukasten, der mit dem Etikett „Geschenksammlung des Präsidenten Wilhelm Pieck“ gekennzeichnet ist. Diese Geschenk-sammlung enthält nichts anderes als die sämtlichen Knopflochabzeichen, die Wilhelm Pieck seit den Tagen der November-Revolution 1918 getragen hat — so z. B. das Abzeichen des Roten Frontkämpferbundes, der Internationalen Arbeiterhilfe, der alten KPD, ebenso aber auch, mit wissenschaftlicher Vollständigkeit, alle Abzeichen der Leipziger Messe —, im ganzen an die hundert Stück in billigster Ausführung. Vom Anblick dieses Schaukastens gestärkt, betritt der Besucher sodann die Säle mit den Sammlungen, in denen die deutsche Geschichte dokumentarisch veranschaulicht werden soll. Die Früh- und Vorgeschichte steht unter dem Leitwort von Friedrich Engels über den „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affens.“ Diese deutsche Menschwerdung springt sodann über viele Jahrhunderte hinweg in die Geschichte des deutschen Bauernkrieges, und von dort aus, wiederum mit Siebenmeilenstiefeln, auf den Weg der deutschen Einigung, die Entstehung des deutschen Kapitalismus und die sozialistische Bewegung. Den Höhepunkt der deutschen Geschichte bilden, nach dieser Schaustellung zu schließen, der Leninismus und Stalinismus. Die ganze sogenannte Forschungsstätte liegt noch weit unter dem Niveau einer Propagandaschau.

„Möge das Jubiläumsjahr des Martyriums des großen polnischen Heiligen Stanislaus die Wiederauferstehung der polnischen Nation in Glauben,

Einheit und Treue gegenüber dem Hl. Stuhl bringen“, erklärt der Ordinarius der Exilpolen, Erzbischof Josef Gawlina in einem Hirtenbrief anläßlich des 700. Jahrestages der Heiligsprechung des hl. Stanislaus, Bischof und Märtyrer und Patron Polens. „Viel« Jahre hindurch“, so erklärt der Erzbischof, „haben wir gegen jede Form des Totalitarismus gekämpft. Möge uns der hl. Stanislaus, unter dem das Zepter des Tyrannen gebrochen wurde, in diesem neuen Kampf unser Schutzherr sein.“

Der schwedische Reichstag beschloß endlich, zwei Autos anzuschaffen, um sie im Bedarfsfalle den sechzehn Ministern des Landes zur Verfügung xu stellen.

Der französische Hohe Kommissar in Deutschland, Andre Francois-Poncet, ist im Rahmen einer feierlichen Sitzung offiziell in die Aeademie FranCaise aufgenommen worden. Seine Antrittsrede, deren größter Teil im Pariser „Figaro“ nachzulesen ist, galt — einer Tradition der Aeademie entsprechend — der Person seines Vorgängers, des verstorbenen Marschalls Petain. „Wo liegt die Ehre?“, sagte Francois-Poncet unter anderem , „was befiehlt im Angesicht einer Niederlage die Pflicht? Das Überfallene Vaterland zu verlassen und ins Ausland zu gehen, um dort den Kampf fortzusetzen, oder dazubleiben und mit den fremden Herren zu verhandeln, in der Hoffnung auf eine Wendung des Schicksals? Die Nachwelt, die Historiker der Zukunft werden darüber genau so diskutieren wie wir, und jeder wird diese schmerzliche Frage ganz seinem persönlichen Charakter entsprechend beantworten.“

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Das Irrenhaus von Leicester gibt eine eigene Anstaltszeitung heraus, an der nur Geisteskranke mitarbeiten. Dieses Blatt unterliegt keiner Kontrolle. Es bringt ausschließlich im Hause geschriebene Beiträge, darunter einen Fortsetzungsroman, Feuilletons und eine große Anzahl Gedichte. Der Leiter der Anstalt, Professor Aswell, behauptet, daß die Irren dank ihrer besonderen Feinfühligkeit gute Journalisten und Literaten seien. Die „Neue Literarische Welt“ kommentiert dies in ihrer letzten Ausgabe mit dem Satz: „Lyrik und Wahnsinn scheinen also doch irgendwie zusammenzugehören, vielleicht wird es besser, wenn man dichtet.“ Professor Aswell behauptet sogar, daß die Gedichte seiner Patienten tiefere Empfindungen zeigen als der Durchschnitt der modernen englischen Lyrik. Ob das Irrenhaus von Leicester bald auch mit einer Buchproduktion für die Oeffentlichkeit beginnt, entzieht sich unserer Kenntnis.

Das letzte Bulletin der „Union Internationale de la Presse Catholique“ hat aufschlußreiche Angaben zum südafrikanischen Rassenkampf veröffentlicht. Darnach zählt man in der Südafrikanischen Union 2,335.500 Weiße (die sich wieder in solche holländischer und britischer Abkunft teilen), 282.000 Asiaten (vor allem Inder, aber auch Malayen und Chinesen), 905.000 Mischlinge („Cape-Coloureds“) und 7,736.000 Eingeborene schwarzer Rasse. Das Bulletin zitiert einen Aufsatz der angesehenen katholischen kanadischen Wochenschrift „The Ensign“, nach dem sich der Kampf der Eingeborenen g e g en die drückende und ungerechte Sozial- und Wirtschaftsgesetzgebung, nicht aber gegen die Weißen selbst richtet. Die südafrikanische „Native Land Act“ weist den Schwarzen, die mehr als sieben Zehntel der Bevölkerung ausmachen, ein abgesondertes Wohngebiet zu, das nur 13% der Bodenfläche der Union umfaßt. Auch die speziellen Ausweisdokumente, durch welche die Ortsveränderungen aller Eingeborenen kontrolliert und verhindert werden sollen, stellen eine schwere Behinderung und Belastung derselben, schon durch die vorgeschriebenen Formalitäten, Erneuerungen und Gebühren, dar.

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