Sonnenaufgangs-Wanderung zum Alpbacher Gratlspitz: Liebesgeschichten und Eierlikör
Der Alpbacher Hausberg Gratlspitz eignet sich hervorragend für Wanderungen. Einige Alpbacher Stipendiaten versuchen, ihn nach einer langen Diskussionsnacht um 4 Uhr in der Früh zu besteigen. Die Reise führt von Kühen und Liebschaften zu Kaiserschmarren und Eierlikör.
Der Alpbacher Hausberg Gratlspitz eignet sich hervorragend für Wanderungen. Einige Alpbacher Stipendiaten versuchen, ihn nach einer langen Diskussionsnacht um 4 Uhr in der Früh zu besteigen. Die Reise führt von Kühen und Liebschaften zu Kaiserschmarren und Eierlikör.
Es ist zwei Uhr in der Früh in einer Stipendiaten-WG in einem Apartmenthaus in Alpbach, während des Europäischen Forums. Eigentlich wollen alle schlafen gehen und die meisten haben sich schon bettfertig gemacht und die Zähne geputzt, als sich zwischen einer Juristin, einem Maschinenbauer, einem Volkswirt und dem Autor dieser Zeilen eine kontroverse Diskussion über Abtreibungsrechte entspinnt. Noch rechnet keiner damit, dass dieser Abend noch lange nicht zu Ende ist und der erste Diskutant erst in zehn Stunden schlafen wird. Und auch nicht damit, dass zwischen der spätnächtlichen Diskussion und dem weichen Bett noch liegen sollte: Eine fünf Stunden lange Wanderung über zwölf Kilometer und 1100 Meter Anstieg, mehr als ein Gipfelkreuzfoto, Kaiserschmarren und zwei Gläser Eierlikör in der Früh.
Doch von Anfang an. Nachdem die Abtreibungsdiskussion gegen 3.40 Uhr mit den Schlussplädoyers schließt, weist die Juristin auf das Forumsprogramm hin: „Um 4 Uhr wäre ja die Sonnenaufgangswanderung auf den Gratlspitz.“ Der Gratlspitz, das ist der 1899 Meter hohe Hausberg Alpbachs. Die Sonnenaufgangswanderung steht traditionell an drei Tagen im EFA-Programm. Ziemlich schnell sind alle Beteiligten überzeugt. Die gerade vom Gasthof Jakober heimkehrende Industrielogistikerin wird mit „Schön, dass du auch zum Gratlspitz mitgehst“ begrüßt und fügt sich. Zur Stärkung gibt es noch einen schnellen Café und Frankfurterwürstel mit Senf und wahlweise Nutella (!) Eine Kreation, die kritisch beäugt wurde.
Achtung, Kuh – Achtung, Stadtkind
Mit dem Auto geht es zum Anfang des Wanderwegs. Zuerst führt er über sich den Berg hinauf schlängelnde Forststraßen. Und zuerst ist auch noch „das Wandern des Müllers Lust“, wie die Spontanberufenen singen. Ihre Spontanität zeigt sich in ihrer Kleidung: weiße Sneaker, beige Chino Hosen, schöne Pullover, die im Seminar am Vormittag noch als „Business casual“ durchgegangen sind. Einer muss sich die Frage gefallen lassen: „Gehst du zur Uni?“ Gestellt von einem angemessen sportlich Gekleideten.
Im gestrigen Spaziergang durch Alpbach schrieb der Autor noch, die meisten internationalen Stipendiaten hätten wohl noch nie ein „Achtung Kuh“-Schild gesehen, wie es hier im Dorf steht. Nun betritt er selbst eine Alm. In der Ferne läuten Kuhglocken. Am weiteren Weg kommen sie näher. Im Angesicht der Kuh wird die Gruppe leise, Respekt der Stadtkinder.
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