Cool skater - © Foto: Shutterstock

Cool sein: An den blendenden Fassaden der ''Coolness"

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Wie kultivierte Abgebrühtheit Idole erzeugt und wie schnell man sich mit dem kühlen Schein die Finger verbrennen kann.

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Wie kultivierte Abgebrühtheit Idole erzeugt und wie schnell man sich mit dem kühlen Schein die Finger verbrennen kann.

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Im Umgang mit "coolen Typen" sollte man vorsichtig sein, auch, wenn man selbst gerne einer wäre. Geben Sie den Begriff einmal im Internet ein, da findet sich an vierter Stelle der Google-Zugriffsreihung folgender Eintrag: "Psychopathen und wie man mit ihnen umgeht". Das ist wichtig für jemanden, der cool sein will: Der Weg des Kühlen und Lässigen kreuzt sich mitunter mit dem Holzweg des emotionsverarmten Narzissten.

Aber warum gleich mit der Pathologie beginnen. Man muss sich dem Phänomen des Coolen mit kühlem Kopf nähern. Schnell schälen sich da einige Spezialitäten heraus. Zunächst ist das Coole etwas, das man nicht von sich selbst sagen darf. Wer es trotzdem tut, ist es nicht mehr: Nehmen wir etwa jenen Finanzminister, der sich selbst im TV als "zu schön" und "zu intelligent" beschrieb. Noch in der Sekunde war der Mann ein "supernacktes" Gespött.

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Das Adverb oder besser der Titel "cool" wird also niemals vom Träger definiert sondern, nur von den Anderen, dem Außen, verliehen. Das Äußerliche ist letztlich auch seine herausstechendste Eigenschaft: Das "Coole" ist die perfekte Fassade. Denn es gibt nichts anderes her als eine Demonstration: etwa Gelassenheit und Unerschütterlichkeit. Und das ist auch sein Reiz. Die glatte Außenfläche reizt die Außenstehenden, ins Innere vorzustoßen - um dort dann doch an so etwas wie Emotion zu gelangen. Das macht also die Coolness interessant: Sie erzeugt Hitze in den Köpfen der anderen.

Trump und Kerzelschlucker

Freilich ist das Coolsein eine gruppendynamische Angelegenheit. Tritt sie aus der Gruppe heraus, beginnt die Coolness von drinnen sofort angefeindet und bezweifelt zu werden.Oder was meinen Sie, was los ist, wenn ein FURCHE-Redakteur sich außerhalb des eigenen Biotops bewegt? So ein Rocker, so eine Suffragette kann man gar nicht sein, fliegt einem schon nach wenigen Sekunden das Wort "Kirchenzeitung" um die Ohren und die Kerzen, die man in der Vorstellung der Zuhörer schluckt, würden ausreichen, ganze Kathedralen des Vorurteils zu erhellen.

Aber genug der Nabelschau: Im Gespräch mit unserer neuen FURCHE-Mitarbeiterin Anna Schwarzinger, die sich in Sachen Coolness besser auskennt, erhellt sich, dass das Kühle eine weitere hochinteressante Eigenheit hat. Es ist im jugendlichen Alter wie die Probe aufs Ganze.

Karriere als Coolness-Faktor

Man versucht also, durch Gesten etwas Bedeutsames darzustellen, während man gleichzeitig nichts anderes machen kann als alle anderen auch: nämlich zur Schule zu gehen. Am Ende des Bildungswegs ändert sich das. Dann findet man seine Rolle in der Erwerbsgesellschaft, und diese neue Rolle definiert in hohem Maß die Coolness-Bewertung der Person. Man muss sich selbst nicht färben, die Karriere färbt einen. Nehmen wir Donald Trump, den zumindest ein paar Millionen US-Amerikaner für cool halten. Und nun ziehen wir einmal den Immobilien-Tycoon und den Milliardär von seiner Person ab. Was sähen wir denn dann? Genau.

Nehmen wir den Finanzminister, der sich selbst im TV als ‚zu schön‘ und ‚zu intelligent‘ beschrieb. Noch in der Sekunde war der Coole ein ‚supernacktes‘ Gespött.

Aber am Beispiel Trump und seinen Wählern zeigt sich noch etwas. Der für cool Befundene braucht eine große Distanz zur Gruppe, also entweder abgehobenes Wissen oder den Kontakt mit etwas, das ihn oder sie innerhalb der Gruppe wertvoll macht. In der Clique von Jugendlichen ist das wohl Spezialwissen, wobei es unwichtig zu sein scheint, ob die anderen daraus Nutzen ziehen können. Wissen ist sozusagen eine Geste der Alleinstellung. So gibt es bei einigen Jungcoolen ein geradezu sagenhaftes Wissen um den Zustand der Garderobe von Justin Bieber oder lexikalische Kompetenz, in welcher Game-of-Thrones-Episode gerade dieser spezielle Lennister oder jener garstige Wildling sein Leben aushauchen.

Bei älteren Semestern zählen eher schon erworbene Güter oder Fähigkeiten. Bei Donald Trump sind das Beispielsweise eine Rhetorik der Faust, Reichtum und blonde Fotomodelle - also alles, was der arme amerikanische Durchschnittsweiße bei sich selbst vermisst. Womit wir vom Individuum bei der demokratischen Gesellschaft und ihren Pathologien gelandet wären. Dass also nur noch die Fassaden der angeblich Coolen gewählt, die Inhalte aber verweigert werden. Aber das zu sagen ist, natürlich uncool.

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