Frau - © Foto: Pixabay

Corona und Beziehungen: „Ich fühlte mich nicht ernst genommen“

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Freunde, die zu Feinden werden und Paare, die sich plötzlich nicht mehr verstehen: Zwei Betroffene erzählen, wie es ihnen 2020 ergangen ist.

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Freunde, die zu Feinden werden und Paare, die sich plötzlich nicht mehr verstehen: Zwei Betroffene erzählen, wie es ihnen 2020 ergangen ist.

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Ein unsichtbares Korsett hatte Anna* das Atmen schwer gemacht. „Es war, als würde etwas auf meinen Brustkorb drücken“, erzählt die 47-Jährige mit einer Ruhe, die man hat, wenn Ereignisse länger zurückliegen. Anfang März vergangenen Jahres lag Anna zehn Tage im Bett, hatte Fieber, Kopfschmerzen und Atembeschwerden. Sie konnte nichts mehr schmecken. Anna war sich sicher, dass sie sich mit dem – damals noch neuen – Coronavirus infiziert hatte. Doch zu dieser Zeit gab es in Österreich gerade mal an die hundert Fälle, eine rasche Testinfrastruktur war noch nicht aufgebaut, die Labors noch nicht vorbereitet. Ihr Freund Philip versuchte sie zu beruhigen. Er war sich sicher, dass sich das Virus nicht so schnell ausbreiten konnte. Philip vertraute den Zahlen, er arbeitet schließlich im Wissenschaftsbereich. Philip liebt Statistiken, zieht ungern voreilige Schlüsse und wollte bei der Panikmache nicht mitmachen. „Ich aber vertraute meinem Körper“, erzählt Anna.

„Ich fühlte mich nicht ernst genommen in der Beziehung und das hallt auch heute noch nach.“ Erst Tage nach dem Abklingen ihrer Symptome konnte Anna geteset werden. Das Ergebnis war „negativ“. Doch erst nach vier Wochen erlangte die Frau ihren Geschmackssinn wieder. Ihr Freund Philip aber fühlte sich bestätigt: Es war kein Corona. Der Streit ging auch noch Monate so weiter. So wie Philip und Anna geht es vielen Paaren. Sie streiten über Dinge, die sie sich vor einem Jahr noch nicht hätten vorstellen können. Plötzlich spielte es eine Rolle, wer welche Freunde trifft, auf wessen Familienfeier man geht und ob die eigene Hochzeit abgesagt wird. Laut einer Umfrage der Online-Partnervermittlung „Elite Partner“ wirkt die Corona-Krise für Paare wie ein Stresstest. Jedes zehnte Paar unter 30 steht kurz vor der Trennung, jedes fünfte streitet mehr als vor Corona. Insgesamt wurden mehr als 2.000 Paare befragt. Home-Schooling, Geldsorgen oder Zukunftsängste wirken sich dabei auch nicht positiv auf Beziehungen aus. Doch jene Paare, die den Stresstest bestanden haben, stünden sich nun viel näher, wie die Umfrage zeigt. So haben 48 Prozent der Befragten tiefergehende Gespräche seit der Coronakrise und 28 Prozent haben sich neue, gemeinsame Hobbys zugelegt. Doch nicht nur Liebesbeziehungen werden in Zeiten der Pandemie auf die Probe gesellt. Auch Freundschaften verändern sich in der Krise. So wie jene von Barbara und ihrer ehemaligen Nachbarin Judith.

Vorsichtige Normalität

Als Barbara vor fünf Jahren ihr erstes Kind bekam, wurde Judith zu ihrer engsten Bezugsperson. „Über die Kinder, die immer gemeinsam spielten, haben wir uns natürlich mit den Jahren auch immer besser kennengelernt“, erzählt Barbara. Der tägliche Austausch, der gemeinsame Weg zum Spielplatz, das Abholen der Kinder vom Kindergarten wurden eingespielte Unternehmungen im Alltag. Barbara und Judith wurden ein Team. Doch dann kamen die ersten Berichte über das neue Coronavirus. Der erste Lockdown am 16. März 2020 wurde von der Regierung eingeleitet. Die Spielplätze waren wie ausgestorben. Judith bekam just in dieser Zeit ihr zweites Kind.

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