Unternehmer in sozialer Mission

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Es war ein Sonntag im vergangenen Juni, als Teile Salzburgs von großen Unwettern heimgesucht wurden: Straßen wurden von Muren verschüttet oder von Wassermassen weggerissen. Ganze Ortschaften waren von der Außenwelt abgeschnitten. Auch der Bäcker Wolfgang Bauer war betroffen: vier seiner zwölf Filialen befinden sich im Pinzgau und waren nicht mehr zu erreichen, obwohl die gesamte Tagesproduktion an Gebäck für den Transport in die Filialen bereit stand.

Bauer zögerte nicht lange und ergriff eine ungewöhnliche Maßnahme: "Ich habe ein Hubschrauberunternehmen angerufen, und die haben sofort zugesagt, weil es sich um einen Nahversorgungseinsatz im Katastrophenfall gehandelt hat. Ich musste dann nur noch dafür sorgen, dass wir in den Ortschaften, die wir anfliegen wollten, landen durften“.

Gebäck per Hubschrauber

Die Einverständnisse der Bürgermeister waren schnell eingeholt, und so wurden die abgeschnittenen Siedlungen rasch mit frischem Gebäck beliefert. Die Kosten für den Versorgungseinsatz beliefen sich auf 11.520 Euro und wurden von Wolfgang Bauer getragen. "Das war selbstverständlich, wir mussten ja die Bevölkerung versorgen“, meint der Salzburger.

Bei der Austria Plastics GmbH im oberösterreichischen Wels hat Geschäftsführerin Renate Pyrker eine besondere Lösung für Engpässe in der Produktion gefunden: "Wenn etwas schnell geliefert werden muss, und wir jemanden brauchen, der uns aushilft, dann haben wir eine Gruppe an rüstigen Pensionisten, die uns bei leichten Arbeiten aushelfen“, erklärt sie. Die Senioren sind als geringfügig Beschäftigte angemeldet und erledigen beispielsweise den Postausgang der Firma, tätigen Botenfahrten oder helfen bei einfachen Handarbeiten in der Produktion.

Neben den 370 Euro, die sie dadurch monatlich verdienen können, gibt es einen zusätzlichen Vorteil durch die Arbeit: "Das ist auch eine Therapie gegen die Einsamkeit, und man bekommt wieder einmal Lob und Anerkennung - das ist sehr wichtig“, weiß Pyrker. Die Geschäftsführerin bemüht sich aber auch um Jugendliche. In Kooperation mit dem Berufsförderungsinstitut arbeiten in ihrem Betrieb schwer vermittelbare junge Menschen, die Probleme haben, einen Arbeitsrhythmus einzuhalten: "In einem Zeitraum von zwei bis fünf Monaten lernen sie für ein kleines Taschengeld den Rhythmus kennen, und wenn es ihnen gefallen hat, dann besteht natürlich die Möglichkeit der Übernahme in den Betrieb“, erklärt sie.

Auch qualifizierte Jugendliche bekommen bei Renate Pyrker eine Chance: Eine Schülerin der Handelsakademie ist das ganze Jahr über geringfügig angemeldet, innerhalb von vier Jahren lernt sie für 200 bis 300 Euro monatlich den Betrieb kennen. Die Dienstzeiten sind flexibel: "Je nachdem, wie es in der Schule aussieht, machen wir uns jede Woche aus, wann sie Zeit hat zu arbeiten“, so Pyrker.

Arbeitschancen für alle

Dieses Modell liegt Pyrker besonders am Herzen. Man könne beobachten, wie sich das Mädchen immer mehr mit dem Unternehmen identifiziere. "Ich glaube, es gibt so viel Potenzial, das einfach brach liegt. Oft werden die Fähigkeiten der Jungen von den Eltern oder Lehrern nicht erkannt, deshalb ist es gut, wenn sie einmal in einen Betrieb hineinschnuppern können“, meint die Oberösterreicherin. Bisher haben sich schon andere Betriebe an ihren Arbeitszeitmodellen orientiert und Pyrker hofft, dass sich noch weitere anschließen: "200 bis 300 Euro im Monat kann sich jedes Unternehmen leisten, und man kann dadurch viel bewirken aber auch viel gewinnen. Es ist keine Einbahnstraße.“

Etwa 25 Kilometer von Pyrkers Unternehmen entfernt führt der Oberösterreicher Otto Hirsch seinen Malerbetrieb in Leonding. Malermeister Hirsch ist auch Leiter der "Caritas Kärnten Auslandshilfe“ und hat sich nicht nur beruflich zum Ziel gesetzt, den Dingen einen neuen Anstrich zu geben: In verschiedenen Projekten versucht er, Menschen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Eine Textilfabrik im Norden Afghanistans, in der 80 Frauen eine Ausbildung und Arbeit nach europäischen Standards erhalten, wurde vor kurzem der lokalen Frauenorganisation übergeben. Durch sein neues Projekt "Hope for Future“, das vor zwei Jahren startete, möchte Hirsch 1000 Kinder im kenianischen Nairobi vor einer Zukunft als Mülldeponie-Arbeiter bewahren: "Dort liegt Elektroschrott aus Europa, alles ist voll mit toxischen Giften. Kinder, die dort zehn Jahre lang arbeiten, sterben in der Regel daran“, erzählt er.

Die einzige Chance, nicht dort arbeiten zu müssen, bestünde darin, Schulbildung zu erhalten. Weil bisherige Initiativen aber immer gescheitert sind, wird zusätzlich zur Schule eine Bäckerei und eine Fußballakademie aufgebaut. "Die beiden Wirtschaftseinheiten mieten sich in die Schule ein und dadurch wird langfristig die Finanzierung der 1000 Kinder abgesichert“.

Der Betrieb in der Fußballakademie, die von österreichischen und kenianischen Jungtrainern geleitet wird, läuft bereits seit drei Monaten, die Bäckerei, die ebenfalls von österreichischen Fachleuten aufgebaut und dann an heimische Bäcker übergeben wird, wird gerade gebaut.

Dankbarkeit als Antrieb

"Ich mache das seit 23 Jahren, und es war mir immer egal, ob die Projekte weit weg liegen und ob es hierzulande jemand merkt, was ich mache“, meint der Oberösterreicher. Seinen Urantrieb, sich in fremden Ländern für fremde Menschen einzusetzen, bezeichnet er als "sehr christlich“: "Ich habe in meinem Leben sehr viel bekommen und gemerkt, dass mir eigentlich sehr viel geschenkt wird. Deshalb wollte ich anfangen, etwas davon zurückzugeben.“ Auch die Freundschaft zum ehemaligen "Caritas Kärnten Auslandshilfe“-Chef Peter Quendler habe zu seinem Engagement beigetragen.

Gegen die häufige Skepsis gegenüber Flüchtlingen meint der Malermeister jedenfalls ein Mittel gefunden zu haben: "Wenn die Leute auf der einen Seite keine Asylanten mehr haben wollen, dann müssen sie auch schauen, dass die Menschen in ihrem eigenen Land überleben können.“

Diese Seite entstand in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Österreich.

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