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Digital In Arbeit

Eine Bäckerei = Arbeit fiir 5 0 und Brot für 2000

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Die bekannte ORF-Jour- • nalistin Dolores Bauer versendet derzeit diesen Brief unter Freunden. Die FURCHE schließt sich als Ganzes der Aktion mit Nachdruck an: Bitte, machen auch Sie mit! -

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Eine meiner Stationen während einer Reportagereise durch Tansania und Kenia, im August 1981 war Kilungu. Das ist ein ziemlich entlegenes Berggebiet in der Ostprovinz Kenyas. Ein Gebiet, um das niemand sich kümmerte, wäre da nicht eine kleine Missionsstation mit einigen Patres und sechs Schwestern der Ordensgemeinschaft vom „Kostbaren Blut“: drei Österreicherinnen, eine Deutsche upd zwei Afrikanerin- nen. Sie sind dort das, was wir alle sein sollten: das Salz der Erde!

Uber die Höhenrücken und Täler verstreut, leben mehrere tausend Menschen in für Europäer unvorstellbarer Armut. Auf dem kargen Boden gedeiht nur wenig, ein bißchen Mais, Bohnen, Zuk- kerrohr, Bananen, Papeias, Mangos — und das nur, wenn nicht zuviel Regen fällt und die Erde wegwäscht, wenn nicht zuviel Sonne scheint und den Boden ausdörrt.

Die Folge: schlechte und einseitige Ernährung. Die weitere Folge: Mangelkrankheiten und zunehmende Anfälligkeit für alle Erkältungskrankheiten, für Malaria, Bilharzia und alle Arten von Magen-Darm-Infektionen.

Hunger, das ist eine Seite. Die andere: Es gibt keine Arbeit, keine Möglichkeit, das Geld zu verdienen, das nötig wäre, um Lebensmittel oder Kleidung zu kaufen. Ein Teufelskreis, aus dem es. kein Entrinnen zu geben scheint, der die Menschen mutlos und apathisch macht.

Sr. Irmenhilde, eine resolute, mutige Frau um die sechzig, hat vor einigen Jahren mit eigenen Händen einen Backofen gebaut und in zwei winzigen Räumen eine richtige Bäckerei eingerichtet. Seither hat sie fünf junge Leute zu ordentlichen Bäckern ausgebildet.

Aber jetzt ist der Ofen so gut wie ausgebrannt. Er zieht nicht mehr richtig, braucht zuviel kostbares Brennholz und niemand weiß, wie lange noch die 450 Brote täglich gebacken werden können, die während der letzten großen Hungersnot vor zwei Jahren Menschen vor dem Hungertod bewahrten.

Kilungu braucht einen neuen Backofen, eine neue größere Bäk- kerei - und wir könnten dabei helfen, wenn wir uns zusammentäten zur Aktion: Arbeit und Brot für Kilungu, für die ich eine ganz einfache Formel gefunden habe:

100 Familien mal 9 Monate mal

1000 Schilling = 900.000 = Schilling = 1 Bäckerei = 50 Arbeitsplätze = das tägliche Brot für 2000 Menschen!

Das klingt einfach und ich glaube daran, daß es auch einfach ist. Es müßte doch möglich sein, 100 Menschen - ob einzeln, ob in Familien oder in Gruppen - zu finden, die eine kleine Weile genau so lang, wie ein Menschenkind braucht, um dem Licht der Welt entgegenzuwachsen, imstande und bereit sind, monatlich auf 1000 Schilling zu verzichten.

In einer Familie zum Beispiel könnte es ein Körbchen geben, in das die Eltern in einer Art Selbstbesteuerung einen gewissen Teil des Familieneinkommens legen, in das der Herr Sohn das Geld legt, das er sonst für eine Kinokarte, eine Zeitschrift oder eine Schallplatte ausgegeben hätte, in das das Fräulein Tochter jenen Betrag gibt, den es sonst für einen neuen Pulli aufgebraucht hätte, in das man gemeinsam jene Summe legt, die man für ein reichhaltigeres Mahl aufgewendet hätte, während man sich mit einer einfacheren Mahlzeit begnügt.

So müßte sich doch in dieser Familie ein „Blauer“ pro Monat zusammenbringen lassen. Oder eine Gruppe junger Leute könnte sich in ähnlicher Weise zusammentun, um in kleinen Teilbeträgen den Tausender zusammenzukratzen.

Eine Lawine des Guten könnten wir auslösen - vielleicht nicht nur dort in Kilungu, vielleicht auch hier bei uns, denn gemeinsame Anstrengung, Überlegung, gemeinsamer Verzicht könnte Veränderung, könnte Gemeinschaft stiften - etwas, was wir gerade im Hinblick auf die kommenden, schwereren Jahre bitter nötig hätten

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