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DICHTUNG IN FILM UND FERNSEHEN

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In seiner Dichtung repräsentiert sich das geistige Gesicht eines Volkes und einer Zeit; sie ist ein Mittel der Geistesbildung und der Lebensbewältigung. Heute sind Film und Fernsehen als Übermittler der Dichtung ebenbürtig neben Buch und Bühne getreten — doch was bedeutet das für die Dichtung und die Gesellschaft? Ist das Problem Dichtung und Film und Fernsehen heute bereits bewältigt oder noch offen? Hat der Film — der durch unzählige Werke Schuldner und Verbreiter von Buch- und Bühnendichtung geworden ist — dadurch auch das Verstehen und die Sachkenntnis der Dichter und Literaturwissenschaftler gefunden? Wie bewältigt der Erzieher die Mitwirkung der Massenmedien an der Literaturerziehung und wie führt er diese Mitwirkung zum Positiven? Wie bewältigt die Wirtschaftswissenschaft die Probleme von Film und Fernsehen? Welche Aufgaben bleiben für die Gesellschaft und für die Erzieher und Wissenschaftler?

Diese aktuellen Fragen sollen den Gegenstand der Hauptthematik der heuer bereits zum sechsten Male stattfindenden Internationalen filmwissenschaftlichen Woche in Wien bilden, die von Freitag, 22. Mai, bis Mittwoch, 27. Mai, ihre in die drei Kreise, Wissenschaft — Wirtschaft — Erziehung, gegliederte Tagung abhält.

Die Woche steht unter dem Generalthema „Dichtung in Film und Fernsehen“, alle Referate, Forumdiskussionen und Filmaufführungen sind darauf ausgerichtet. Namhafte Gäste und Vortragende aus dem In- und Ausland, Universitätsprofessoren und Filmschöpfer, werden versuchen, die vielfältigen Beziehungen und Kontraste zwischen Dichtung und Film und Fernsehen aufzuzeigen und zu beleuchten. Unter den ausländischen Gästen sind Prof. Dr. Wilhelm Grenzmann von der Universität Bonn, der Abteilungsleiter im Presse-und Informationsamt der deutschen Bundesregierung Dr. Bruno Six, der Leiter der Statistischen Abteilung des Nationalen Filmzentrums in Paris, Claude Depand, der Präsident der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft „Jugend und Film“ Dr. Hans Chresta und Prof. Dr Albert Narath von der Technischen Universität Berlin zu nennen, während

Österreich durch bekannte Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Wissenschaft, Wirtschaft und der Filmpublizistik vertreten sein wird.

Natürlich bilden die Filmvorführungen — in ihrer Auswahl dem Generalthema unterstellt — ein Hauptgewicht im Rahmen der Veranstaltungen. Unter den Werken der verfilmten Literatur wurden Kostbarkeiten aus der Filmgeschichte ausgewählt, die teils zum erstenmal, teils in langersehnter Wiederaufführung den Teilnehmern der Woche vorgeführt werden. So befinden sich unter den Stummfilmen: der einzige Film mit Eleonora Duse, „Cenere“ (Asche) aus dem Jahre 1916, die „Hamlef'-Verfilmung mit Asta Nielsen in der Titelrolle aus dem Jahre 1920, die Stummfilmversion von Tolstois „Der lebende Leichnam“ mit dem berühmten Filmregisseur Wsewolod Pudowkin als Hauptdarsteller (1929), der berühmte Moliere-Film „Tartuffe“ mit Emil Jannings und Lil Dagover unter der Regie

F. W. Murnaus (1925) und die erste, noch stumme Verfilmung von Zuckmayers „Schinderhannes“ mit Hans Stüwe aus dem Jahre 1928.

In den Abendvorführungen, die täglich um 20 Uhr im Auditorium maximum stattfinden werden, sind Klassiker der Filmkunst in einmaliger Aufführung vorgesehen: „Anna Christie“ nach Eugene O'Neill — der erste Tonfilm von Greta Garbo, in dem sie selbst deutsch spricht —,

G. W. Pabsts berühmter „Don Quichotte“ mit dem russischen Sänger Fedor Schaljapin, Orson Welles' noch nie in Wien gezeigte Shakespeare-Verfilmung „Macbeth“, Maxim Gorkis „Nachtasyl“ aus der Sicht des japanischen Regisseurs Akira Kurosawa, die amerikanische Verfilmung von Hugos ,Xes Miserables“ aus dem Jahre 1935 mit Charles Laughton und Frederic March in den Hauptrollen, Jean Renoirs „La bete humaine“ nach Emile Zola mit Jean Gabin und schließlich als Abschlußfilm am 27. Mai die berühmte Filmballade von Marcel Carne, „Les Visiteurs du Soir“ — unter dem Titel „Die Satansboten“ in Wien bekannt und sehnlichst für eine Wiederaufführung erwartet.

Die Teilnahme an dieser Veranstaltung ist mit Dauer-' oder einzelnen Tageskarten' möglich, die im Tagungsbüro der VI. Internationalen filmwissenschaftlichen Woche, Wien I, Renngasse 20, erhältlich sind. Dort liegt auch das genaue Programm dieser hochinteressanten, leider nur alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltung auf, die jedem Filmfreund und daraüber hinaus jedem künstlerisch Interessierten wärmstens ans Herz gelegt zu werden verdient.

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