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Durch Leid zu visionärer Kraft

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Anläßlich des 75. Geburtstages der Dichterin Käthe Braun-Prager gab die Österreichische Verlagsanstalt unter dem Titel „Die Mondwolke“ eine Auswahl aus dem lyrischen Lebenswerk der Jubilarin heraus, das Aussage und Bekenntnis einer ausgeprägten Persönlichkeit ist, einer starken Persönlichkeit, die sich durch Not und Leid nicht beugen ließ, sondern stets den Blick auf das Wesentliche gerichtet hat, auf den göttlichen Funken im Menschenherzen, auf den Widerschein der Gnade, die allein imstande ist, Liebe zu erwecken.

Am 12. Februar 1888 zu Wien geboren, wuchs Käthe Braun in einem hochkultivierten, allem Musischen aufgeschlossenen Milieu heran. Ihre beiden Brüder, Felix Braun und Robert Braun, wurden ihr nicht nur treue Gefährten, sie schenkten gleich ihrer Schwester der Dichtung Österreichs manches Werk, das künftigen Geschlechtern von der Gestaltungs- und Schöpferkraft einer den Schrecken der Weltkriege und Verfolgungen preisgegebenen Generation künden wird.

Aufgeschlossen für die Schönheiten dei Natur und hellhörig für all die vielfältigen menschlichen und sozialen Probleme dei Großstadt, wandte sich die Dichterin dem Lehrberuf zu und war dann eine Zeitlang Bankbeamtin. Schon damals ließen ihre ersten Gedichte Berufene aufhorchen. Hans Leifhelm förderte die ungemein begabte Lyrikerin, und später zollten ihr auch Hans Carossa und Reinhold Schneider hohe Anerkennung. Im Jahre 1917 heiratete sie den Shakespeare- und Dostojewskij-For-scher Dr. Hans Prager. 1928 erschien „Bei der Kerze“, ihre erste Gedichtsammlung 1932 der Lyrikband „Verfrühter Herbst“, Es folgten „Ahnung und Einblick“, Aphorismen, und eine Reihe Essays unter dem Titel „Große Frauen der Heimat“. Besonders verdient machte sich Käthe Braun-Prager um die Gestaltung der Ravag-Sen-dung „Literarische Frauenstunde“, die sie 1928 begründete.

Mit dem Ende der Ersten Republik brach eine unruhevolle Zeit für Käthe Braun-Prager an. Als Emigrantin in Nordengland senlug sie sich mit btundengeben durch. In jenen Tagen wurde sie mit einer visionären Kraft begnadet, die ihr die Gabe verlieh, höchst ausdrucksvolle Zeichnungen zu entwerfen, zumeist religiöse Darstellungen, in denen sich das Metaphysische des Heilsgeschehens faszinierend manifestierte. In seinen Erinnerungen beschrieb Felix Braun diesen Schöpfungsvorgang mit folgenden Worten: „Wie in ihren Gedichten, so auch bleibt in ihren Bildern der Mensch der unerschöpfliche Anlaß des schwermütigen Erstaunens über seine einsame Ausgesetztheit auf der Erde. In seinem Antlitz schaute sie diese Verlorenheit der Seele.“ Diese Bilder erregten in England berechtigtes Aufsehen, und dem Lob, das ihr gespendet wurde, schlössen sich auch die Wiener bildenden Künstler an, nachdem Käthe Braun-Prager 1950 in ihre Heimat zurückgekehrt war. In einer Reihe von Ausstellungen wurden diese visionären Darstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, so unter anderem in den Galerien Wolfrum und Würthle, in einer vom PEN-Club veranstalteten Ausstellung gemeinsam mit Werken von Kokoschka, Gütersloh, Wotruba und Hauser, in der Salzburger Residenz und nun in der Kleinen Galerie in der Neudeggergasse. Nach dem zweiten Weltkrieg veröffentlichte Käthe Braun-Prager den Lyrikband „Stern im Schnee“, dann Aphorismen und Erinnerungen an England unter dem Titel „Reise in die Nähe“, ferner „Verwandelte Welt“, eine Sammlung von Gleichnissen und Gedichten mit Wiedergaben einiger ihrer Zeichnungen

In dem vorliegenden Band wurde auch eine Reihe ihrer kongenialen Nachdichtungen aus dem Chinesisch-Englischen aufgenommen. Die treffliche Auswahl bietet einen Überblick über die auf Grund tiefgreifender Erlebnisse wechselnden Thematik der Dichterin, die mit einem von Idealismus verklärten Realismus begann, sich immer mehr religiösen Motiven und deren Symbolen zuwandte und nun im Geist erlösender Liebe metaphysische Bereiche erschließt.

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