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Große und kleine Graphik

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Hin und wieder dringen aus den — auch künstlerisch recht, „flachen” — Ländern jenseits des Eisernen Vorhanges Zeugnisse hervorragender (und was”, uns Westler dann immer mit so viel Ueber- raschung erfüllt: von höchst persönlicher, individueller, freizügiger) Gestaltungskraft. Ueberdies lehrt die Erfahrung, daß vor allem das aus Polen Kommende der schöpferischen Auseinandersetzung mit dem ungeschminkten, unpathetischen, von einem „PflichtsoU”-Minimum an kulturpolitischem Konformismus gefärbten Zeitbild unserer Tage gewidmet ist und somit unserer Gegenwartskunst am nächsten liegt. Wohl ein, Zeichen der über alle Isolation hinweggeretteten geistigen Kontakte zwischen drüben und hüben, aber auch für eine relative Kon- zilianz des gegenwärtigen polnischen Regimes, das den Künstlern ganz offensichtlich — und zumindest vorübergehend — so etwas wie eine „Narrenfreiheit” eingeräumt zu haben scheint. Ein beredtes Beispiel. sol-her recht kräftig genutzter „Aufweichung” bietet der einundvierzigjährige, in Tar- now geborene Graphiker Jerzy P a n e k (ausgestellt .in der Galerie in der Biberstraße): Die umfangreiche.žKol]ektiqg,-jgįgtv Jįoįzschmttę VfHrf bfi-, ‘ indruckender .Schöpferkraft, die: sich an •einer Unzahl von Stilexperimenten — vom impressionistisch, expressionistisch und realistisch geschauten Abjoild bis zur Abstrahierung und Raumkomposition — souverän bewährt. Die Ausstellung mutet wie eine Lehrschau vorbildlicher Holzschnittkunst an. Zu den stärksten Blättern zählen „Fischerhäuser in Wuhan”, „Chinese und Büffel”, „Fisch aus Han-Kou” und „Die große chinesische’Mauer”.

R. G. Ferra ist der Name eines in der Oeffent- lichkeit nahezu Unbekannten, der in einer offenbar recht selbstquälerischen Anonymität zu einem beachtlichen Graphiker heranreifte — und dessen handwerkliches Können nunmehr in der Galerie Ernst Fuchs in der Millöckergasse stark beeindruckt. Die kleine Ausstellung zeigt Arbeiten der letzten zwei, Jahre: Anfänge, von der Hitze der Gestaltung vorwärtsgetriebene Versuche, die vom impulsiven Hadern mit dem Raum zur ausgewogenen, gut bewältigten Komposition führen. Wir sehen pointillistisch surreale Abbilder des Alptraumes, der Vision und Vivisektion, des Greuels, der unterweltlichen Phantasie und wütenden Phantasterei. Das alles ist zwar nichts Neues, eher schon traditionell in der Millöckergasse, aber der Gestaltungsreichtum, der da im Austoben und Feilen begriffen ist, passiert, soeben eine sehr lehrreiche Station auf dem’ Weg.

Die Kleine Galerie in der Neudegger- . gasse zeigt Aquarelle und Graphik von Carolus Lehn et : Siebzehn liebenswerte, auf altem Papier und, mit Schönfeldfarben, in Feuęhtteęhnik fließend hingewiscßfe1 Blätter. Landschaften aus Traumen und Visionen: Pilzähnliche Gebilde wuchern, und die Angst kringelt sich an den Gewächsen (oder öde aufwärtsstrebenden, ruinengleichen Häusern oder strengen, ausdruckslosen Gesichtern und Gesichten) empor wie Schimmel. Ein lyrisches Aquarium dieser Welt in Kleinstformat.

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