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Irrfahrten eines Österreichers

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DIE SIEBEN LEBEN DES DOKTOR B. Odyssee eines Arztes. Von Richard Bertul-1 e r. List-Verlag, München. 870 Selten. DM 17.80.

Dem gebürtigen Burgenländer Richard Berczeller, Doktor der Medizin, Schüler Freuds, Adlers, Wag-ner-Jaureggs und Tandlers, ist mit dieser Autobiographie ein außerordentlich liebenswürdiges Buch gelungen. Berczeller versteht es, das Schicksal eines Flüchtlings mit sympathischer Ironie zu schildern. 1938 aus dem zur „Ostmark“ erniedrigten Österreich vertrieben, zieht Berczeller mit seiner Frau und seinem Sohn durch die Welt: In Paris muß er, um seinen Beruf ausüben und seine Familie ernähren zu können, gegen die bürokratische Hydra eines den Emigranten grundsätzlich feindlich gesinnten Apparates ankämpfen; in Westafrika erhält er zwar die Möglichkeit, als Arzt offiziell zu wirken — aber eine Lungenerkrankung zwingt ihn zur Rückkehr nach Europa; in Frankreich nach Kriegsausbruch zunächst als „feindlicher Ausländer“ interniert, gelingt es ihm gerade noch, sich dem Zugriff der Schergen Hitlers zu entziehen; im damals noch viehytreuen Marokko wird die Familie Berczeller wieder in ein Lager gesperrt und muß die

zwangsweise Rückführung nach Frankreich und damit die Auslieferung an SS und Gestapo befürchten; endlich in New York und damit in Sicherheit, muß Dr. Berczeller noch Jahre sich in den verschiedensten Berufen durchschlagen, bis es ihm gelingt, sich als Arzt zu etablieren.

Dieses österreichische Schicksal wird vom Autor mit einem Humor erzählt, der die besondere Sympathie des Lesers erzwingt. Berczeller klagt direkt und mehr noch indirekt die Mächte an, die ihn und seine Familie aus Österreich vertrieben und durch den Kontinent gejagt haben — aus Gründen, die in einer Irrationalität von verbrecherischer Dimension verborgen liegt. Nie aber verliert er seinen Witz und das Verständnis für seine Umwelt. Nie vergißt er auch, immer Österreich im Blickfeld zu haben. Seine tiefe Verbundenheit mit diesem Land wird besonders deutlich, wenn er von seinem ersten Nachkriegsbesuch in Österreich erzählt. Richard Berczeller ist Amerikaner geworden und gleichzeitig Österreicher geblieben.

EIN EINDRINGLICHES BEISPIEL des magischen Charakters der afrikanischen Kunst stellt diese „Mbuya“-Maske des Stammes der Pende aus dem Kongo im Besitz des Ethnographischen Museums von Budapest dar. Sie wurde bei den Festlichkeiten zum Abschluß der Initiationszeit getragen und hat in ihrer Unheimlichkeit etwas von einer Totenmaske an sich. Anders als in Europa dient die Maske in Afrika nicht zur Verhüllung oder zur Darstellung, sondern nach den afrikanischen Vorstellungen ist sie „mit dem übernatürlichen Wesen identisch, das nicht nur die Initiation der in den Bund Aufgenommenen vornimmt, sondern auch eine soziale Kontrollfunktion ausübt und damit für die Wahrung der öffentlichen Ordnung sorgt“ (Tibor Bodrogi). Unsere Abbildung ist einem hervorragend gestalteten, ausgezeichneten Band über „Afrikanische Kunst“ entnommen, den der Schroll-Verlag, Wien-München, in Zusammenarbeit mit dem Corvina-Verlag, Budapest, herausgegeben hat und der mit 131 Seiten Text, 8 Farbtafeln, 191 Schwarzweißbildern und Textzeichnungen zum größten Teil unveröffentlichtes Material aus den Museen von Budapest, Prag, Leipzig und Dresden enthält. Der exzellente Text von Tibor Bodrogi verarbeitet die letzten Forschungsergebnisse und den Wandel in den Anschauungen über die afrikanische Kunst, während die Aufnahmen von Käroly Koffän — photographische Meisterwerke — im Verein mit der graphischen Gestaltung von Jänos Kass den Band zu einem der schönsten Kunstbücher seit längerer Zeit machen. (Preis S 236.—.) Claus Pack

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