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Österreich auf der Triennale

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In jedem dritten Jahr veranstaltet Italien eine internationale Ausstellung, auf der die Nationen — diesmal außer dem Gastland last ganz Europa, ohne Osteuropa und den USA — ihre Leistungen auf dem Gebiete der angewandten Kunst zeigen. Auch im Sommer dieses Jahres findet die Schau in Mailand statt.

Das Hauptverdienst an dem nachhaltigen Eindruck der Ausstellung gebührt dem Architekten Dr. B a 1 d e s s a r i, der die Innenarchitektur unter phantasiereicher Benützung von Formen, Farben und Beleuchtung mit ausgewogenem Feingefühl für die Raumver-teilung geschaffen hat. Es ist nur natürlich, daß auf der Ausstellung die italienischen Erzeugnisse den breitesten Raum einnehmen. Sie zeichnen sich durchwegs dadurch aus, daß die praktische Verwendung durch die künst-

leri6che und gefällige Form nicht beeinträchtigt wird. So sitzt man auch in einem der schlichten Sessel 60 bequem, daß man am liebsten nicht mehr aufstehen möchte. Oder es wird ein Schulzimmer gezeigt, das in seiner einfachen und ansprechenden Ausstattung wunderbar auf die Vorstellungewelt des Schulkindes abgestimmt ist. Frankreich hat 6einer Abteilung sehr'wirkungsvoll die Form eines Schiffes gegeben. Die Schweiz zeigt in einem nachtschwarz gehaltenen Raum sechs Zylinder (Neonbeleuchtung) i mit den Erzeugnissen des Landes: Uhren, Keramiken usw. Finnland hat Arbeiten in Eniail und reizende Wandbehänge geschickt. Kurz, alle Staaten bemühen sich um neue Ideen und führen ihre Spitzenerzeugnisse auch in einer Form vor, die allein schon beweisen, daß 6ie mit der übrigen Welt Schritt halten.

Und Österreich? Den österreichischen Besucher erwartet in „seinem“ Pavillon eine schmerzliche Enttäuschung. Zwar ist die Heimat durch die ausgezeichnete Vitrine A u b ö c k würdig vertreten. Auch die kleinen Plastiken von Bertoni und Maria B i 1 g e r sowie das Bilderbuch von Georg Schmid halten internationaler Prüfung stand. Allein gerade die letzteren 6ind so ungünstig untergebracht, daß 6ie nicht voll zur Geltung kommen. Von diesen Ausnahmen abgesehen, leidet aber die Mehrzahl der Ausstellungsobjekte an zu geringem Niveau. Wozu stellt man altmodische Ledertaschen aus, wenn man in jedem beliebigen Geschäft in Mailand Lederta6chen geschmackvoller und billiger kaufen kann? Auf einem Tisch drängen sich Gläser, Keramiken und Kerzenleuchter in verwirrender Jahrmarktsfülle. Die Stoffe sind zum Teil nicht einmal gebügelt. Zu allem Überfluß finden wir auch hier wieder jenen Gobelin in den grellen Fruchteisfarben, den man in den letzten Ausstellungen in Österreich schon zum Überdruß gesehen hat. Man wird mit diesem „Kunstwerk“ kaum Staat machen, wenn man in unmittelbarer Nachbarschaft die künstlerischen Wandbehänge der Finnen bestaunen kann.

Die Abteilung als Ganzes wirkt überladen und macht den Eindruck eines Ausverkaufs. Die Auswahl der Ausstellungsgegenstände und das Arrangement zeigen, daß nicht jene Liebe und Sorgfalt aufgewendet wurde, die andere Länder dieser repräsentativen Schau gewidmet haben. Kein Wunder, daß Österreich, das einmal auf dem Gebiete des Kunstgewerbes führend war, heute beim Vergleich mit den anderen Ländern schlecht, abschneidet. Schon fragt man sich im Ausland, ob der Strom dei künstlerischen Begabung, den man der österreichischen Bevölkerung bisher nachgerühmt hat, versiegt ist. Der Kenner der Verhältnisse weiß, daß dies nicht der Fall i st. Wenn die Wiener Gewerbeausstel-lung dieses Jahres eine so gute Kritik gefunden hat, so ist dieser Erfolg vielleicht gar nicht so sehr darauf zurückzuführen, was auf dieser Ausstellung gezeigt wurde, sondern w i e es gezeigt wurde. Die Gestaltung der Ausstellung war in weitem Umfange das Werk junger Künstler, die in dankenswerter Weise von der Ausstellungsleitung für diese Aufgabe herangezogen wurden.

Wenn man 6ich aber, wie dies in Mailand offenbar geschehen ist, anstatt nur die erlesensten Gegenstände österreichischer Kunstfertigkeit in einem gediegenen Rahmen aus zustellen, damit begnügt, dem Auslande neben einigen guten Sachen durchschnittlichs Marktware und altmodische sogenannte Kunstwerke vorzuführen und das Ganze wie eine schlechte Auslage zu arrangieren, dann kann eine solche Ausstellung dem Rufe Österreichs wahrhaftig nicht nützen.

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