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Ornament und Idylle

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Romanische Bronzen. Kirchentüren im mittelalterlichen Europa. Von Hermann L e i s i n g e r. Europa- Verlag, Zürich. Format 32 X 26 cm. 12 Seiten Text und Bildverzeichnis. 160 ganzseitige Bilder.

Mit sicherem Blick und glücklicher Hand stellt Hermann Leisinger mit einer knappen, aber gehaltvollen Einleitung und in herrlichen Schwarzweißbildern die Würde, Formensicherheit und Kraft der Plastik der romanischen Erztüren Europas vor Augen. Eine dem Laien fast unbekannte reiche Welt edelsten sakralen Formengutei tritt in zumeist originalgroßen Wiedergaben packend vor uns: die wahrhaft eherne Geschlossenheit aphoristischer Legendenszenen, heilige, formenschöne Symbole, wunderbar lebendiges oder feierlich starres Ornament und die Fülle dämonischer Fabelwesen, die Ausgeburten mittelalterlicher Phantasie.

Alles, was deutsche Erzbildner auf deutschem, pplnisęhem und iiorditalienischem Boden, was byzantinische und süditalienische Bildh uer an süditalienischen Kirchentoren während der romanischen Stilepoche geschaffen haben, schließt lieh zusammen zum Bilde einer einheitlichen europäischen Leistung in einer geschichtlichen Stunde, in der die werdenden abendländischen Nationen noch eine gemeinsame Kunstsprache, eben den Erzeslaut der Romanik, besaßen und einhellig, mit Einsatz ihres ganzen Könnens, Gott dienten. Aus diesem erzgegossenen Hymnus hebt sich schon das Schaffen großer Künstler heraus. Der kunstgewaltige Bischof Bernward von Hildesheim, der Pisaner Bonanus, Barisanus von Trani und Oderisius von Benėvent.

Die große europäische übernationale Schau, die Leisingers Buch uns schenkt, macht es uns so wertvoll, daß es uns geistig notwendig erscheint und aus dem Schrifttum nicht mehr wegzudenken ist.

Holländische Malerei im 17. Jahrhundert. Von

Eduard H ü 11 i n g e r. Büchergilde Gutenberg, Zürich. Format 29 X 23 cm. 172 Seiten, 96 ganzseitige Bilder, davon 24 farbig.

Wir stehen heute der engen, kühl-einfachen Welt der durchschnittlichen Leistungen altholländischer Malerei mit Reserve, wesentlichen inneren Vorbehalten, wenn nicht mit jener instinktiven Ablehnung gegenüber, die wir als Angehörige einer ringsum von Barbarentum bedrohten Generation gegen die Selbstsicherheit eines nüchternen Klein bürgertums empfinden, das sich in Holland in zähen Kämpfen zu Freiheit und Wohlstand emporgekämpft hatte. Während noch die um 1900 lebenden Kunst- lammler und -freunde an den niederländischen Ge- seilschaftsstücken und Stilleben eine Bestätigung ihrer eigenen Lebensführung und Wünsche liebten, suchen wir aus der Masse des uns überkommenen Kunstgutes, einem innersten Bedürfnisse folgend, die unvergänglichen Schöpfungen jener großen einzelgängerischen Maler Althollands hervor, die ein unkonventionelles Weltbild entwarfen und ringende problematische Persönlichkeiten waren. Damit, hebt die Gegenwart mit sicherem Instinkt die höchsten künstlerischen Werte dieser entschwundenen Epoche heraus.

Diese neue heutige Schau wird in Hüttingers Buch klar als geistesgeschichtliche Notwendigkeit gestaltet. Daher die überlegene Sicherheit, die aus der knappen, aber schönen, eigengesetzlichen und tief männlichen Sprache dieses Werkes uns berührt, fesselt und mitnimmt. Ueberlegen ist auch die Gliederung der Schilderung, die im allgemeinen der Zeitfolge entspricht, aber die einzelnen Spezialgebiete der holländischen Malkunst gesondert behandelt und nur dort monographischen Charakter annimmt, wo es sich um überragende Künstler handelt, etwa um Frans Hals oder Vermeer: die meisterhafte Darstellung des Wesens und Schaffens Rembrandti bildet zugleich Abschluß und Höhepunkt des Buches, der ersten größeren Veröffentlichung eines Jungen Züricher Kunstgelehrten.

Hüttinger weiß die Struktur von Künstlerpersönlichkeiten und von geistesgeschichtlichen Zusammenhängen mit wenigen Worten, suggestiv darzustellen: von dieser Begabung zeugt auch die überlegte Auswahl der großformatigen, herrlichen Bildtafeln, deren Originale fast durchweg den großen Galerien Hollands angehören, so daß sie den Lesern relativ leicht zugänglich sind.

So ist dieses vorzügliche Buch, das zwar für einen weiten Leserkreis gedacht ist und doch höchstei Niveau bewahrt, von allgemeinem Interesse. Wir hoffen, daß die Ergebnisse der Studien Hüttingers über venezianische Malerei und über den Bildhauer Francesco Pianta bald in gleich mustergültiger Veröffentlichung vorliegen werden.

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