6678410-1961_32_13.jpg
Digital In Arbeit

Abenteuer des geistlichen Lebens

19451960198020002020

ABER WENIGE AUSERWÄHLT. Von Monica Baldwin. Styria-Verlag, Köln- Graz-Wien I960. 393 Seiten. Preis 19.80 DM.

19451960198020002020

ABER WENIGE AUSERWÄHLT. Von Monica Baldwin. Styria-Verlag, Köln- Graz-Wien I960. 393 Seiten. Preis 19.80 DM.

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn Monica Baldwins Elebnisbericht „Ich springe über die Mauer“ mit jenem Tag begann, an dem sie 1941, nach , achtundzwanzig Jahren strenger Klosterklausur den Schritt zurück in die Welt tat, ist es in ihrem neuen Buch genau umgekehrt. Das „Tagebuch der Schwester Ursula Auberon“ setzt mit dem Eintritt des jungen Mädchens in die sehr aristokratische Abtei in Framleghen ein und endet mit der nach vierzehn Jahren klösterlichen Lebens der Ordensfrau endlich geschenkten Erkenntnis, daß ihr Platz in der Welt sei, daß sie Gott dort dienen solle.

„Wenn es wein eigenes Handeln gewesen wäre — wenn ich es aus eigenem Antrieb aufgegeben hätte und weggegangen wäre, nur weil die Bürde des Lebens hier zu schwer für mich war, würde ich bestimmt, nicht dieses gute Gefühl in bezug auf die Zukunft haben. Aber mir ist soviel Licht, Kraft, Friede und Begreifen geschenkt worden, daß ich nur noch in einer überwältigenden Freude lebe..

Für Schwester Ursula gilt das gleiche, was Monica Baldwin in ihrem Erlebnisbuch von sich selbst sagt: Sie ging ins Kloster, weil sie Nonne werden wollte, nicht aber, weil sie es sollte. Das mußte zu Konflikten führen. Schrecklich die Situation, als ihr der Verdacht kommt, daß sie nie einen geistlichen Beruf gehabt habe, und noch schrecklicher, als sie sich zu fragen beginnt, ob sie ihre Berufung erst im Kloster durch eigenes Verschulden verloren habe, weil sie sich nicht völlig von allem Irdischen loslösen konnte und wollte. Es ist der alte Familiensitz der Auberons, Stokesey, den Ursula nicht vergessen kann und dem ihr Herz gehört. Einst eine berühmte Abtei, hatte einer ihrer Vorfahren nach Aufhebung der Klöster vom König für treue Dienste den herrlichen Besitz erhalten, den die Auberons im Laufe der Jahrhunderte mit viel Liebe und Kosten zu einem der schönsten Schlösser Englands machten. Ursula ist die letzte ihres Geschlechts. Als sie Nonne wird, fällt Stokesey an eine Tante, die es der Abtei Framleghen vererbt, weil „die alte Schuld“, der Kirchenraub, gesühnt werden muß. Bei der Umwandlung des alten Schlosses in ein Kloster, der viele kostbare Schätze zum Opfer fallepy-, Rebelliert- Ursula heftig, bis sie in einem Gespräch mit der wftrdigen Mutter Terorhe clfe; Zu- sammenhänge erkennt:

„Als ich meine Gelübde ablegte, war mir Gelegenheit zu einer großen Geste gegeben worden. Nun, ich hatte die Geste gemacht… ich hatte Gott mein Opfer dargebracht. Und dann — wie schäbig und heimlich hatte ich mir alles zurückgestohlen und die ganzen Jahre hindurch mich mit den Ranken meines Herzens an dem Hause festgeklammert, als ich mir ihm gegenüber ein Verhalten erlaubte, als ob es noch mein Eigentum wäre.“

Erst als sie zum vorbehaltlosen Opfer fähig wird, als sie Stokesey für Gott „aus ihrem Herzen herausreißt“, wird sie wahrhaft frei. Mit dieser echten Freiheit verschwindet auch . ihre Ungewißheit über ihre Berufung, und sie erkennt, was geschehen muß. Der ihr von Gott zugedachte Weg heißt Rückkehr in die Welt.

Zum zweiten Mal hat hier Monica Baldwin den Weg einer Nonne aus dem Kloster in die Welt geschildert. Aber ihre Bücher sind alles andere als Angriffe auf das monastische Leben. Wir erfahren sehr exakte Einzelheiten über die Welt des Klošters, wie sie wirklich ist. Negative Seiten, etwa die unvermeidlichen Reibungen der Schwestern im eintönigen Alltag, die Schwierigkeiten des Einander-Ertragens in einer völlig abgeschlossenen, äußerlich sehr begrenzten Welt, werden keineswegs verschwiegen. Aber ihnen gegenüber steht die menschliche Bewährung und die vollkommene Hingabe an Gott der wahrhaft Berufenen. Darüber hinaus zeigt Monica Baldwin auf, daß in den kontemplativen Konventen sich Stätten der Versenkung, des Opfers und Gebets erhalten haben, die Gottes Gnade herabziehen und geistige Kräfte in unsere Welt hineinstrahlen, derer sie so sehr bedarf; die den Abgrund zwischen Schöpfer und Geschöpf überbrücken und die Menschheit mit Gott versöhnen. Gerade weil Monica Baldwin das Klosterleben so unvoreingenommen und unpathetisch, dazu so außerordentlich gescheit schildert, möchte man ihrem großartigen Buch weite Verbreitung auch in jenen Kreisen wünschen, die vor lauter Vorurteilen und falschen Vorstellungen vom geistlichen Leben sich überhaupt nicht mehr mit ihm auseinandersetzen. Sie werden hier Überraschungen erleben, die die Lektüre nqch aufregender machen, als die ontrentn mranatische Spannung in der

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung