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Das Gedicht
Irgendwo kommen wir her,
Aus der Erde, dem Stein, Suchen immer das Meer, Stürzen uns selig hinein.
In unserm strömenden Raum
Wohnt ein stummes Geschlecht, Zwischen dem Schlamm und dem Schaum Hochzeiten Gründling und Hecht.
Milch, die uns kühlklar entströmt, Stillt der Erde Begehr, Amme, die nie sich entwöhnt, Trinkt sie die Brüste uns leer.
Strömen ist schmerzliches Los, Aller Ursprung ist Pein, Formende Hand aus dem Schoß Zwang uns ins Dasein hinein.
Manchmal vermählt sich der Flut
Einer der Obern dort,
Sinkt auf den Grund und ruht, Müde vom Licht und vom Wort.
Welle auf Welle vergeht, Wasser, Licht und die Zeit,
Wind, der den Raum durchweht, ' Entträumt die Wirklichkeit.
INNSBRUCK
AUFGESANG
Wie eine Rose, deren Kelch voll Tau, Vom Licht geküßt, vom Winde leicht gewieg Die Anmut selbst, die sich an Größe schmieg So lachst du ewig jung ins reine Blau.
Gigantisch droht der Alpen steil Gewände, Doch wie Musik durchrauscht dich sanft der Inn,
In deinen Mauern schläft die Welserin, Der Sandwirt, eingegangen zur Legende.
Und schaurig steht und erzen das Geleit.
Der Herrn der Christenheit in deiner-Mittel'' yrį Sa’ iiv-sie' ‘ffst eti ng-rder WelforhüJ tsC! durchschritten, So schreiten sie nun durch die Ewigkeit.
In deines Lieds gebundenem Getön Verschlingt sich Anmut, Majestät und Trauer, Des Lichtes Hoffnung und des Todes Schauer Verfluten groß in eins und werden schön.
IM DOM
Mittagsstille tief im Dom;
Vorm Altar die Lampe glüht Wie geheimnisvolle Wunde, Aus der Kuppel hoher Runde Fällt des Lichtes grüner Strom.
Beter knien im Gestühl,
Ihre Lippen zittern leise,
Denn sie sprechen mit dem Herrn; Ganz entzückt und erdenfern Löst sich lautlos ihr Gefühl.
Immer neiget haupteshold
Sich Maria ihrem Kinde, Schmerzerfüllt und wunderbar, Ueberm großen Hauptaltar In der Glorie von Gold.
Treten Engel aus dem Chor? Schatten schweben tief im Raum, Flügel schwirren hoch im Kreise, Und die Tauben gurren leise Im Gesimse überm Tor.
WILLST DU MEIN BLUT, SO NIMM’S
Willst du mein Blut, so nimm’s,
Uralter Gott der Gluten,
Ich weiß nichts andres mehr,
Als fluten, fluten, fluten.
Es rollt mein Blut dir zu
Als wie ein dunkler Wein, Und auch die hellen Wellen Der Tränen, die da quellen, Nimm sie als Zugab’ drein!
Diese Gedichte sind dem im Bigenverlag des Autors erschienenen Buch „An den Wassern Babylons“ entnommen, daa durch ein Geleitwort von Gertrud von le Fort ausgezeichnet wurde.
Füße hinterließen keine. Spuren. Der Vinzenz wußte nicht, ob es MÄtag oder Abend war. Endlich tauchte auf der anderen Seite das Gehöft der Notburga Stöger auf. Rauch stieg aus dem Schornstein des Hofes; sie lebte also noch, die Notburg! Gerade kam sie aus dem Stall. Vinzenz sah, wie die Frau mit dem flächsernen Haar ihr ein Bündel übergab. Nun aber, als er so eilig hinlaufen wollte zu den beiden, schlug ihm ein Ast ins Gesicht, daß er Augenblicke lang nichts sah. Als er wieder schauen konnte, war die Fremde nicht mehr da.
Der Bub schrie von weitem: „Hast nit ein Kindl von der großen Frau im Arm? Wer war denn das?"
„Die Philomen!“
„Ah nein, die liegt doch unten in der Kapelle; sie hat geschrien wie alle Pestkranken,
die is tot! Und die andere hat doch eine Krone aufg’habt!"
„Red nit so daher, Bub!"
Der Vinzenz lief zum Bach. Weithin konnte man von hier aus die Wiesen überblicken. Die grauen Schneeinseln glänzten, unberührt von jeder Fußspur. Niemand war zu sehen. Der Bub kreischte: „Siehst es nit, das Licht dort?“
Die Notburg brummte, er solle nicht dem Licht nachrennen, sondern bei ihr bleiben, wahrscheinlich seien die Seinen tot. Da folgte ihr der Vinzenz ins Haus. Und sie legten das Kindlein der Philomen in eine Wiege.
Der alte Vinzenz stopfte sich eine Pfeife, als er die Erzählung beendet hatte. Seine Eisaugen wurden keinen Hauch wärmer, als er sagte: „Magst meine Gschicht glauben oder nit — davon wird alles nit weniger ..."
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